Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – „Joker“ Saaba joggt „Tauben“ davon

„Schlafloser“ Fischer führt Türkiye zum Erfolg über enttäuschende Palomaten

05. August 2018, 18:52 Uhr

Sascha Richert (li.) - hier gegen Jannik Dreyer - glänzte als Doppeltorschütze für den FC Türkiye. Foto: Kormanjos

Aus den Zielen macht man beim USC Paloma keinen Hehl. Nachdem der anvisierte Oberliga-Aufstieg im vergangenen Spieljahr nicht realisiert werden konnte, soll am Ende dieser Saison die Rückkehr in Hamburgs Fußball-Beletage gefeiert werden. „Kämpfen bis zum Ende“, hieß es auf einem Banner, das vor dem ersten Heimspiel der neuen Spielzeit gegen den FC Türkiye von den Uhlenhorster Anhängern am Spielfeldrand angebracht wurde. Ein weiteres besagte: „Werdet zur Legende für die Oberliga.“ Doch die Realität sieht nach gerade einmal vier absolvierten Pflichtspielen ganz anders aus…

Zum Liga-Auftakt schenkte der USC beim HSV III eine 2:0-Führung in den Schlusssequenzen der Partie her. Es folgte nach einer schwachen Vorstellung das Pokal-Aus gegen den Hansa-Landesligisten Bramfelder SV. Und nun verpatzte man auch noch die Heimpremiere. Trotz einer frühen 1:0-Führung musste man sich dem zweiten Oberliga-Absteiger mit 2:3 geschlagen geben. Ob Trainer Steffen Harms das Unheil bereits nach 20 Minuten kommen sah? Zumindest machte er sich – nach dem Blitztor von Abwehrkante Prince Boateng Styhn, der einen Eckball von Dominic Ulaga aus zwei Metern über die Linie grätschte (5.) – bereits früh lautstark bemerkbar und die fast schon alt-gewohnte Schwäche aus: „Hey Paloma, nicht wegpennen!“, forderte er seine Jungs wieder zu mehr Aktivität auf – nachdem die „Tauben“ bereits in der Vorsaison nach einer Führung das Fußballspielen gerne mal einstellten. Ein alt-bekanntes Manko, das offenbar nach wie vor Bestand hat.

Torwart-Patzer hüben wie drüben - Fischer: „Ich habe nicht viel geschlafen“

Die Folge: Nach einem Pettersson-Einwurf bekamen die Hausherren den Ball nicht aus der Gefahrenzone. Sascha Richert ließ daraufhin Sebastian Voß per Flachschuss aus zwölf Metern ganz alt aussehen – 1:1 (23.)! Nicht minder gut, eher bedeutend schlechter, sah Hasan Capa – schon beim 0:1 aus Türkiye-Sicht und vielen weiteren Aktionen sehr unsicher – wenige Minuten später auf der anderen Seite aus, als er nach einem völlig harmlosen Rückpass über den Ball drosch. Dominic Ulaga bedankte sich artig und weckte die „Tauben“ wieder zum Leben (27.)! Kurz darauf hätte Denny Schiemann nach starkem Blunck-Pass und anschließender Ulaga-Flanke zwingend das 3:1 folgen lassen müssen, schoss aus kürzester Entfernung jedoch Capa ab, der kaum mehr aus dem Weg gehen konnte (32.). Doch das war’s dann auch schon wieder mit der USC-Herrlichkeit gegen einen „müden“ Gegner – zumindest in einem Fall: „Es war ein hartes Spiel für mich, denn ich habe nicht viel geschlafen. Wie sicher alle wissen, lief die ganze Nacht ‚Kaisermania’ im Fernsehen“, witzelte Schlager-Fan Michael Fischer, der dennoch deutlich wacher wirkte als die Uhlenhorster im zweiten Abschnitt.

Saaba narrt ganz Paloma

Frank Saaba (Nr. 32) war nur kurz nach seiner Einwechselung beim Debüt erfolgreich. Foto: Kormanjos

In der 58. Minute brachte Fischer den gerade erst verpflichteten Routinier Frank Saaba (zuletzt Hamm United FC). Keine 180 Sekunden auf dem Platz, da war der 31-Jährige gleich zur Stelle. Nachdem Mümin Mus noch an Voß hängen blieb, reagierte Saaba blitzschnell und staubte zum 2:2 ab (61.)! Die Partie plätscherte nun vor sich hin. Ulaga probierte es mal per Freistoß – viel fehlte da nicht (77.). Doch dann: Boris Shtarbev legte sich den Ball an Voß vorbei und wurde von diesem – fast auf Höhe der rechten Grundlinie – zu Fall gebracht. Elfmeter! Eine Situation, in der die Gefahr bereits gebannt schien, da Shtarbev schon weit angedrängt war. Wie dem auch sei. Richert war dies völlig egal, er schickte den USC-Fänger ins falsche Eck und verwandelte sicher zum 3:2 für die Wilhelmsburger (80.)! Ein Aufbäumen der Harms-Elf? Bis in die Nachspielzeit hinein nicht auszumachen! Dann aber sorgten nochmal zwei Standards, bei denen auch Keeper Voß mit aufrückte, zumindest nochmal für ein wenig Gefahr. Doch Dreyer und Iwosa zielten zu ungenau. Schluss!

Harms: „Wir sind weder mit dem Ergebnis noch mit unserem Spiel zufrieden“

Dem FC Türkiye reichte eine durchschnittliche Leistung zum Triumph an der Brucknerstraße. Bezeichnend fürs Spiel: Kurz vor Ultimo ließ „Sturmtank“ Saaba in der eigenen Hälfte zwei Palomaten aussteigen. Das Duo blieb einfach stehen, während sich der „Hüne“ bis an den gegnerischen Sechzehner durchkämpfte und dort einen Einwurf rausholte. Auch der kurzfristig für den verletzt ausgefallenen Zakaria Chergui eingesprungene Hasan Capa wurde viel zu selten geprüft – und das trotz seiner offensichtlichen Unsicherheiten. Fischer: „Ich bin froh, dass ich ihn habe. Denn sonst hätte mein Co-Trainer ins Tor gemusst.“ Trotz der fehlenden Alternativen reichte es für ihn und sein Team. „Zur Halbzeit habe ich eine klare Ansprache gehalten: Aggressiver, mutiger und selbstbewusster zu spielen! Wir sind noch in der Aufbauphase, es sind noch nicht alle Spieler da, wo wir sie haben wollen. Umso wichtiger dieser Sieg heute. Das hat meine Mannschaft klasse gemacht in der zweiten Halbzeit.“

Davon konnte auf der anderen Seite nicht die Rede sein. „Wir sind mit dem Ergebnis natürlich nicht zufrieden – und auch nicht mit unserem Spiel“, brachte es Harms auf den Punkt. „Trotz der 1:0-Führung haben wir nicht das gespielt, was wir uns vorstellen. In den entscheidenden Momenten hatten wir kein Tempo in unseren Aktionen und haben uns einschläfern lassen. Eigentlich haben wir genug Erfahrung auf dem Feld, haben es aber nicht gut gelöst. So bricht dir dann plötzlich ein Spiel weg, dass du eigentlich im Griff hast. Leider hat uns heute auch die fußballerische Qualität gefehlt. Das wird sicher eine interessante Trainingswoche bei uns.“

Die Schlusssequenz mit der letzten Paloma-Chance und dem Abpfiff im Video

Autor: Dennis Kormanjos