Zu Risiken und Nebenwirkungen holen Sie einen neuen Coach – oder melden für die Regionalliga

Abpfiff – die FussiFreunde-Kolumne

30. März 2017, 16:05 Uhr

Foto: KBS-Picture

Ab sofort greifen wir an dieser Stelle unter dem Titel „Abpfiff“ in unserer Kolumne die Geschehnisse des Wochenendes und die wichtigsten Themen im Hamburger Fußball auf und kommentieren diese. Diesmal geht es um den Ablauf der Meldefrist für die Regionalliga und das mächtig in Bewegung geratene Trainerkarussell, auf dem Concordia, der Klub Kosova, V/W Billstedt, Hamm United und der FC Türkiye Platz genommen haben. 

Ein Mal werden wir noch wach dann ist Regio-Tag. Am morgigen Freitag müssen die Vereine, die gerne in der vierthöchsten Spielklasse an den Start gehen beziehungsweise erstmal überhaupt an der Aufstiegsrunde teilnehmen wollen, Farbe bekennen. Altona 93 hat dies bereits getan. Die große Unbekannte bleibt, zumindest bis morgen, Concordia. Denn auch, wenn die Mannschaft zuletzt nicht unbedingt erkennen ließ, dass sie in Richtung Regio steuert, muss man den Concorden eines lassen: Bisher haben sie es tatsächlich geschafft, dass nichts nach außen gedrungen ist. Ganz so, wie es die „Macher“ um Präsident Matthias Seidel und seinen Stellvertreter Florian Peters wollten. Niemand weiß in Gänze etwas – offenbar nicht einmal die Mannschaft, wie es zuletzt aus dem Team selbst hieß. Glückwunsch, das große Geheimnis bis zum Ende zu bewahren, klappte in den letzten Wochen besser als das Fußballspielen.

Gossow hat eine faire Chance verdient, sein Können zu beweisen

Wohin geht der Blick von Cordi und Florian Gossow: Richtung Regionalliga? Foto: noveski.com

Egal. Morgen gibt’s dann endlich „Butter bei die Fische“, wie man so schön sagt. Weil ja eben bis jetzt niemand außer denen, die es wirklich wissen dürfen, etwas weiß, kann man bis dahin schön spekulieren. In beide Richtungen. Meldet Cordi für die Regio, könnte dies bei den Spielern noch einmal neue Energie und Euphorie freisetzen. Andererseits aber: Wenn morgen die Nicht-Meldung kommt, könnten die Köpfe beim kickenden Personal noch weiter runtergehen, als dies in den vergangenen Wochen schon der Fall war. Denn – und da kann man am Bekkamp noch so oft und gerne dagegen anreden: im Bewusstsein der Spieler haben sich diese Geschehnisse verankert und die letzten Auftritte beeinflusst. Wenn dies schon derartige Folgen hinterlässt – nicht auszudenken, was dann passiert, wenn die Meldung, die laut Ex-Coach Cholevas ja sogar versprochen worden sein soll, ausbleibt. Und das ausgerechnet vor dem Spiel gegen Altona 93. Es wäre aber nicht überraschend, wenn Cordi nach der Geheimniskrämerei der letzten Wochen morgen tatsächlich mit der großen positiven Meldung für einen Paukenschlag sorgt.

Der Kick an der „Adolf-Jäger-Kampfbahn“ gegen de AFC übrigens ist der zweite Auftritt für Florian Gossow in seiner Rolle als Nachfolger von Cholevas. Der erste fand am vergangenen Wochenende beim 2:2 im Heimspiel gegen den FC Türkiye keine Krönung. Auch wenn Gossow mit der Leistung seiner neuen Equipe zufrieden war, liegt die Quintessenz des Auftritts wohl eher bei dem, was Spieler Ronny Buchholz kundtat: Das Remis war für Cordi zu wenig. An der Seitenlinie übrigens zeigte sich in jener Partie, dass Gossow das komplette Gegenstück zu Choelvas in Sachen Coaching ist. Im Vergleich mit dem „griechischen Vulkan“ könnte man ihn gar als „Leisetreter“ bezeichnen. Wobei das nicht despektierlich klingen soll. Denn auch, wenn es in der vergangenen Woche rund um seine Verpflichtung in der Szene kaum eine Stimme gab, die positive Worte für diese Verpflichtung fand, hat Gossow erst einmal eine Chance verdient, unter Beweis zu stellen, was er kann. Auch wenn Cordi bei der Suche nach einem Cholevas-Nachfolger noch ganz andere, sogar namhaftere Aspiranten auf dem Zettel hatte.

Ein Trainer-Domino, das zu erwarten war

"Trainer-Oldie" für "Trainer-Oldie": Bringt Thorsten Bettin bei Hamm United als Nachfolger von Uli Schulz trotzdem frischen Wind? Foto: noveski.com

Womit wird mittendrin wären: Das Trainerkarussell hat, auch wenn die Personalie Cholevas/Gossow aufgrund ihrer Kurzfristigkeit eine Ausnahme bildet, mächtig an Fahrt aufgenommen. Das aber war für die Kenner der Szene absehbar. Denn eigentlich gleicht das Ganze eher einem Trainer-Domino, das durch den Stein „Thorsten Beyer zum ETV“ ausgelöst wurde. Beyer war unter anderem beim FC Türkiye im Gespräch, der nun eben auf Dennis Kreutzer und dessen „Co“ Gökhan Acar zurückgreift. Die wiederum machen eine Planstelle in Billstedt frei, wo offenbar Aydin Taneli, der in Barbsüttel zum Saisonende gehen wird, ein Kandidat ist. Auch in einem anderen Zusammenhang spielt Türkiye eine Rolle. Weil der Oberligist sich im Oktober 2016 Thorsten Bettin als Nachfolger für den zu Rot-Weiß Ahlen abgewanderten Erhan Albayrak „krallte“, musste Hamm United damals auf Bettin verzichten. 


Dort war er die Haupt-Option als Nachfolger von Ayhan Türkkan, von dem sich der Verein im Saisonverlauf trennte. Weil Bettin bei Türkiye landete, übernahm beim HUFC als Nachfolger Türkkans dessen Vorgänger Uli Schulz. Und der wurde eben nun frisch von Bettin abgelöst. Obwohl Bettin im Zuge seiner Vorstellung bei Türkiye damals vollmundig verkündete, dass dies sein letzter Verein werden würde („Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nochmal so etwas machen werde, wenn meine Zeit hier vorbei ist“). Macht die Verpflichtung eines Coaches, der eigentlich gar nichts mehr machen wollte, überhaupt Sinn? Ja und Nein. Zum einen ist Bettin genau wie Schulz ein „Trainer der alten Schule“ – also keine wirkliche Neuerung. Andererseits aber ist richtig, was HUFC-Manager „Jassi“ Huremovic bei der Bekanntgabe der Personalie am vergangenen Wochenende verkündete: „Die Mannschaft braucht einen Trainer, der ganz neutral und unbefangen ist.“ Macht also zumindest mehr Sinn, als dass sich Huremovic selbst für den Rest der Saison auf die Trainerbank gesetzt hätte. Und mal ehrlich: eine richtig gute Saison kann es für die „Geächteten“ so oder so nicht mehr werden.

Mutige Entscheidung in Wilhelmsburg

Die neue Aufgabe schon im Blick: Türkiyes künftiges Trainerduo Dennis Kreutzer (li.) und Gökhan Acar (Zweiter v. li.). Foto: noveski.com

Ein richtig hohes Risiko fährt der Klub Kosova mit der Verpflichtung von Daniel Sager als neuem Coach ab dem Sommer. Immerhin war der 37-Jährige in den vergangenen fünf Jahren nicht als Coach im Hamburger Amateurfußball tätig. Dass er und der künftige Ligamanager Visar Galica sich kennen und jede Menge gemeinsame Kontakte haben, ist schön und gut – aber noch lang kein Freifahrtschein dafür, dass diese Konstellation auch Erfolg bringt. Und dann wäre da ja noch die Tatsache, dass Sagers Engagements beim VfL 93, Cordi und dem USC Paloma jeweils vorzeitig endeten. Das muss nichts heißen, verstärkt aber zumindest das Gefühl, dass das Ganze eine nicht ganz einfache Kiste werden könnte.

Zum Schluss drehen wir den Scheinwerfer noch ein paar Meter weiter, bleiben dabei aber in Wilhelmsburg: beim FC Türkiye. Mit Dennis Kreutzer und Gökhan Acar bekommt der Oberligist ein junges Duo. Identische Voraussetzungen also wie bei den jetzigen Amtsinhabern Max Weiß und Benjamin Hübbe. Dass sie ein Team formen und Erfolg haben können, haben Kreutzer und Acar in Billstedt bewiesen. Nun aber ist Türkiye ein ungleich schwieriges Pflaster. Eine Liga weiter oben, höhere Ansprüche und ein Verein, bei denen Trainer in der Vergangenheit nicht die allergrößte Haltwertszeit hatten. Auch, wie das emotionale Coaching-Duo Kreutzer/Acar und das emotionale Umfeld zusammenpassen, bleibt abzuwarten. Es gibt einfachere und vor allem ruhigere Tätigkeiten, aber man wächst ja bekanntlich an seinen Aufgaben.

Jan Knötzsch