„Wir müssen keine Barrikaden aufbauen, sondern unsere Waffen nutzen“

Sasel geht nach 8:0-Kantersieg auf der „Pole“ in den letzten Spieltag

14. Mai 2017, 19:19 Uhr

„La-Ola-Welle“ vor den Fans: Die Spieler des TSV Sasel feiern ihren 8:0-SIeg gegen Lohbrügge. Foto: Knötzsch

Das war, zumindest 45 Minuten lang, eine eindrucksvolle Demonstration, warum der TSV Sasel in der Landesliga Hansa ganz oben steht und sich vor dem finalen Spieltag am kommenden Wochenende als Tabellenführer die größten Hoffnungen auf einen Aufstieg in die Oberliga machen darf: Mit 8:0 fegten die Mannen von Danny Zankl im Heimspiel am Parkweg den VfL Lohbrügge vom Kunstrasen und boten dabei teilweise „richtig geilen Fussi“, wie Zankl befand, während auf Lohbrügger Seite natürlich die Köpfe nach unten gingen...

Pascal Asante-Sefa steuerte nach dem Pausenpfiff von Schiedsrichter Omar Amarkhel (MSV Hamburg) ohne Umschweife auf Said Sigarieazar zu. Nicht etwa, um dem jungen Torwart, der im Gehäuse des VfL Lohbrügge Björn Garvs ersetzte, die Leviten zu lesen, weil er bis zum Seitenwechsel sechs Mal hinter sich gegriffen hatte. Nein, die Sache war ganz anders gelagert, wie Sigarieazar später klarstellte. „Pascal hat sich bei mir entschuldigt“, berichtete der 23-Jährige, dass der VfL-Kapitän mit Blick darauf, dass die Defensive ihren Keeper gleich mehrfach infolge kollektiver Arbeitsverweigerung allein gelassen hatte, eher bedauernde statt kritische Worte gefunden hatte. Sigarieazar konnte tatsächlich am Ende am allerwenigsten dafür, dass die Lohbrügger Performance so „low“ war, dass die Gäste am Parkweg am Ende mit 0:8 untergingen.

Sigarieazar: „Die ersten 20 Minuten waren okay, aber danach sind wir auseinandergebrochen“

Yannis Büge bot auf Saseler Seite eine überragende Partie. Archivfoto: noveski.com

So schlecht übrigens, wie es das Resultat am Ende vermuten lässt, hatte Lohbrügge aber gar nicht begonnen. „Die ersten 20 Minuten waren okay“, befand auch „Goalie“ Sigarieazar, „aber danach sind wir auseinander gebrochen und haben ein Tor nach dem anderen kassiert. Sasel hat das ganz stark gespielt. Wenn wir unsere normale Leistung abgerufen hätten, dann hätten wir hier keine acht Dinger bekommen.“ Dennoch musste Lohbrügges Torhüter anerkennen: „Jedes einzelne der Saseler Tore war herausgespielt, fast alle waren am Ende Eins-gegen-Eins-Situationen. Wir wussten, dass Sasel diese Qualitäten hat, aber wir wollten hier trotzdem etwas mitnehmen.“ Davon freilich war der VfL meilenweit entfernet – und für den Keeper sollte die Begegnung obendrein noch einen weiteren negativen Höhepunkt mit sich bringen: Nach 84 Minuten sah Sigarieazar nach einem Tritt gegen Jean-Lucas Gerken, den Schiedsrichter-Assistentin Stephanie Nehls als Tätlichkeit wertete und an Referee Amarkhel meldete, die Rote Karte,

„Ich wollte nach vorne laufen, der Gegenspieler stand vor mir. Ja, ich habe ihn getroffen, aber dass die Schiedsrichter-Assistentin meint, ich hätte ihn mit Absicht nach vorne umgekickt, ist lächerlich“, sagte Sigarieazar nach dem Spiel, „warum sollte ich das machen? Die Partie war eh gelaufen und es war bei uns intern abgesprochen, dass ich heute gegen Sasel und nächste Woche gegen meinen Ex-Club Voran Ohe spielen soll. Wieso also sollte ich mich um diese Chance bringen...“ Aller Beteuerungen zum Trotz: Sigarieazar musste vom Platz – und weil der VfL bereits drei Mal gewechselt hatte, stellte sich mit Asante-Sefa ein Feldspieler zwischen die Pfosten. Bei André Lohfeldts anschließendem Elfmeter, der der Akton von Sigarieazar gefolgt war, hatte er keine Abwehrchance und musste den Ball zum 0:8 aus VfL-Sicht passieren lassen (85.).

Zwei Elfmeter und zwei Platzverweise gegen Lohbrügge nach der Pause

Tim Santelmann war einer der wenigen Lohbrügger, der sich nach seiner Einwechslung im zweiten Durchgang gegen die Saseler zur Wehr setzte. Archivfoto: noveski.com

Bereits rund 20 Minuten zuvor hatte der Unparteiische schon einmal auf den Punkt gezeigt und den „Carton rouge“ gezückt: Jonas Holz hatte nach 63 Minuten mit aller Vehemenz am Trikot des kurz zuvor eingewechselten Benedikt Neumann-Schirmbeck gezogen, der daraufhin aus dem Tritt kam und im Strafraum zu Boden ging. Holz sah „rot“, „BNS“ schnappte sich entgegen der Weisheit, dass der gefoulte Spieler nicht selbst zum Strafstoß antreten sollte, die Kugel und verwandelte den Penalty zum 7:0. Die beiden Treffer vom Punkt sollten die einzigen des zweiten Durchgangs bleiben. „Der Druck, der am Anfang des Spiels vielleicht etwas zu groß war, war nicht mehr da. Ich kann das aber bei den Tempetaruren auf dem Kunstrasen-Teppich verstehen. Die Gegenwehr von Lohbrügge war gebrochen. Wir haben das Spiel nach der Pause zwar auch weiterhin kontrolliert, aber es war nicht mehr schön anzusehen“, erklärte TSV-Trainer Danny Zankl

Dafür war das offensive Feuerwerk, dass der TSV bis zur Pause abbrannte, umso schöner. „Wir waren zunächst nicht ganz so mutig, sondern zu verhalten, sodass wir die ersten drei Abschlüsse nicht nutzen“, analysierte Zankl, „danach hat man gemerkt, dass wir wollen und wir haben richtig geilen Fußball gespielt.“ In der Tat: Tolga Celikten passte den Ball rechts am Sechzehner zu Nico Zankl, der in bester Arjen-Robben-Manier nach innen zog und ins lange Eck traf – 1:0 (21.). Dann schickte Yannis Büge Gerken – 2:0 (24.). Spätestens als Timo Adomats Diagonalball bei Celikten landete, der von rechts in den Strafraum auf Nico Behrends ablegte und sich eben jener Behrends nicht zwei Mal bitten ließ und zum 3:0 vollendete, war klar, wer an diesem Nachmittag vor den 235 Zuschauern am Parkweg das Feld als Sieger verlassen würde.

Zankl: „Wir haben in der ersten Hälfte richtig geilen Fußball gespielt“

Danny Zankl hat einen Grund, skeptisch dreinzuschauen. Sein Team geht als Tabellenführer in den letzten Spieltag. Archivfoto: noveski.com

Und der TSV hatte das berühmte Pulver dabei zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal völlig verschossen: Daniel Lichy flankte von links, am zweiten Pfosten stand Büge goldrichtig – 4:0 (39.). Nur drei Minuten später passte Gerken von rechts quer in den Strafraum, Büge ließ den Ball gekonnt durch und Lichy vollendete zum 5:0 (42.). Noch vor dem Seitenwechsel war es schließlich Gerken, der das halbe Dutzend an Treffern vollmachte: Einen halbhoch von Büge in den Sechzehner gespielten Ball pflückte er mit dem Fuß aus der Luft herunter und ließ dann Sigarieazar keine Abwehrchance (43.). „Lohbrügge wollte uns anpressen, aber das haben sie eingestellt, als sie gesehen haben, dass sie nicht an den Ball kommen. Die Tore, die wir gemacht habe, waren fußballerisch astreine Sahne und alle hervorragend herausgespielt. Nach vorne können wir gut zocken und sind schwer zu verteidigen“, stellte TSV-Trainer Zankl fest.

Genau das ist einer der Gründe dafür, dass die Equipe vom Parkweg mit nun 60 Punkten auf dem Habenkonto auf der „Pole Position“ in den letzten Spieltag und das Auswärtsspiel beim USC Paloma geht. Beste Bedingungen, um selbst den Meistertitel und den Aufstieg in die Oberliga klar zu machen, während die dahinter platzierten Teams SC V/W Billstedt und Dersimspor bei eigenen Erfolgen auf einen Saseler Ausrutscher hoffen müssen. „Es gibt keinen einzigen Grund, auf irgendwas Negatives zu gucken. Wir spielen geilen Fußball, die Jungs ziehen alle mit und arbeiten brutal auf das Ziel hin. Dass wir bei Paloma auf Kunstrasen spielen, kommt uns entgegen“, befindet Zankl, „wir wollen dort gewinnen und sollten nicht auf andere gucken. Auch das Gerede, dass Paloma ein starker Gegner ist, muss uns egal sein. Wir sind Erster, wir wollen Meister werden. Wir müssen keine Barrikaden aufbauen, sondern wir haben geile Spieler und die müssen wir als unsere Waffen nutzen!“

Jan Knötzsch