RL Nord/Corona-Pause

„Wenn du vier Wochen Pause machen musst, kannst du nicht fünf Tage später wieder spielen“

02. November 2020, 11:59 Uhr

Teutonias Trainer Achim Hollerith (sitzend) hat derzeit noch viele Fragezeichen im Kopf, was die Corona-Unterbrechung angeht. Foto: noveski.com

Nein, in die Zukunft gucken wollte Achim Hollerieth dann doch nicht so richtig. „Keiner weiß, wann, wo und wie es weitergeht“, sagte der Coach des FC Teutonia 05 am Sonntagnachmittag nach dem Spiel seiner Mannschaft gegen den SC Weiche Flensburg 08 und meinte natürlich genau jenes Thema, das seit der zurückliegenden Woche und der Entscheidung der Politik, im Rahmen des „Lockdown light“ auch den Fußball wieder zu verbieten – und das obwohl es Studien gibt, dass dieser zumindest auf dem Platz kein Infektionstreiber ist –, im Mittelpunkt steht: Corona.

Aktuell „weiß ich nicht, was wir machen“, gab der „T05“-Übungskeiter offen und ehrlich zu Protokoll, „du musst erstmal genau wissen, ob es einheitlich für alle Bundesländer runtergefahren wird, ob es irgendwo Ausnahmen gibt, oder ob du, wie ich zuletzt gehört habe, mit ein paar Mann zusammen joggen kannst. Du kannst den Jungs zwar, wenn alles komplett runtergefahren wird, Trainingspläne mitgeben, aber wenn du vier Wochen Pause machen musst, kannst du nicht fünf Tage später wieder spielen.“ Die Situation sei „ein bisschen schwierig, aber das Problem haben alle. Ich muss sagen: Richtig vorbereitet bin ich nicht“, verriet der 47-Jährige, „bislang hat sich alles ja von Bundesland zu Bundesland immer wieder verändert. Mal gucken, was wir am Ende dürfen und was wir nicht machen dürfen.“

Hollerieth: „Was Sonntag erlaubt ist, ist zehn Stunden später verboten – das ist schon ein bisschen irrsinnig“

Für Davidson Eden, der hier nach dem Spiel gegen Flensburg enttäuscht am Boden liegt, rollt jetzt erst einmal wochenlang kein Ball in der Regionalliga. Foto: noveski.com

Die „notgedrungene Pause“ (O-Ton Hollerieth) sorge nun dafür, dass wir „eine Situation haben wie im Sommer“, befand der Teutonen-Trainer und konstatierte: „Dass das jetzt so ist – da hat jeder seine persönliche Meinung zu.“ Und wie fällt die des ehemaligen Bundesliga-Torhüters aus? „Ich habe bislang nicht gesehen, dass Fitness-Studios, der Fußball oder aber die Gastronomie Corona-Hotspots sind. Gerade die Leute in der Gastronomie sind die, die viel Geld in Hygienevorschriften und -konzepte investiert haben. Aber nun hat die Politik so entschieden. Was jetzt am Sonntag nach unserem Spiel noch erlaubt ist, ist zehn Stunden später verboten – das ist alles schon ein bisschen irrsinng“, erklärte „Holler“ und nannte den Hamburger Amateurfußball als Beispiel: „Ab der Oberliga sind alle Pflichtspiele abgesagt gewesen, aber Freunschaftsspiele waren erlaubt. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes.“

In der ersten Welle der Pandemie „wurden weniger Tests gemacht. Da lag laut Experten die Dunkelziffer bei 90 Prozent. Wenn du mehr testest, ist es logisch, dass du auch mehr findest“, so Hollerieth. Für ihn persönlich gehe es „schlussebdlich darum, die Leute zu schützen, für die es gefährlich ist. Die Risikogruppen sollte man zu 100 Prozent schützen und da achtsam sein.“ Man wisse ja auch nicht, so Hollerieth, „ob man Corona nicht schon gehabt hat und einfach keine Symptome aufgetreten sind. Es ist alles schwierig. Wenn man über dieses Thema mit 100 Menschen spricht, wird man am Ende 100 verschiedene Meinungen haben. Es ist jetzt so, wie es ist. Die Politik hat so entschieden und das war sicher auch keine leichte Entscheidung. Komisch ist es für mich schon.“

Seeliger: „Sportlich betrachtet ist das eine Katastrophe, weil wir ohne ein Ziel in die Pause gehen“

Für Flensburg-Coach Thomas Seliger und sein Team kommt die Pause zur UNzeit. Foto: noveski.com

Auch Thomas Seeliger, der Coach des SC Weiche Flensburg 08, sah es nach dem Match ähnlich. „Unterhält man sich mit zehn Menschen, hat man zehn Meinungen, weil jeder seine persönliche Einstellung zum Corona-Virus hat. Sportlich betrachtet ist die Pause eine Katastrophe, weil wir wieder ohne ein Ziel in eine Pause gehen. Wir reden zwar jetzt noch von vier Wochen, ich glaube aber, dass wir in diesem Jahr nicht mehr spielen werden“, gab der Ex-Norderstedt und Ex-Altona-Trainer zu Protokoll. „Fakt ist: Wir werden das Virus nicht in eine Schublade stecken können und ihm sagen: 'So, da bleibst du jetzt drin und wenn die Zahlen wieder runter gehen, kannst du wieder wüten'. Wir können das Leben nicht stillstehen lassen“, äußerte sich der 54-Jährige.

„Ich glaube einfach, dass wir in Zukunft in den nächsten jahren mit dem Virus leben werden müssen. Wenn Leute daran sterben, dann ist das nicht schön, aber es sterben auch Leute an anderen Krankheiten“, sagte Seeliger. Corona werde, so der Ex-Profi weiter, „ein ständiger Begleiter in unserem Leben sein. Aber wir können nicht am Ende alle pleite sein oder nicht mehr leben.“ Aus rein sportlicher Sicht, konstatierte der Flensburger Übungsleiter abschließend, „ist diese Situation mit der Pause nicht schön. Wir haben uns gefunden und sind ins Laufen gekommen. Ich hoffe, dass wir schnellstmöglich wieder vor den Ball treten können, Jetzt müssen wir uns erstmal wieder ohne Training fithalten. Pläne dafür gibt's, aber das ist etwas anderes, als wenn du auf dem Platz stehst.“

Jan Knötzsch