LOTTO-Pokal

Vor 505 Zuschauern: Hatje auf den Spuren von „Air Jordan“ – TuRa schreibt in Unterzahl (Pokal-)Geschichte!

11. Dezember 2021, 00:29 Uhr

Hannes Hatje (Mi.) bejubelt sein goldenes Tor zur Pokal-Überraschung. Foto: Küch

Ein stimmungsvoller Spielmannszug vor, während und nach dem Spiel, die Cheerleader des Vereins in der Halbzeitpause – und um die 505 Zuschauer am Exerzierplatz: Es war alles angerichtet für einen heißen Pokalabend bei eisigen Temperaturen zwischen TuRa Harksheide und dem klassenhöheren Oberligisten vom TSV Buchholz 08 (alle Highlights im LIVE-Ticker). Einen nicht minder großen Anteil an der eindrucksvollen Kulisse hatte, so berichtete TuRa-Liga-Manager Philipp Penkwitt nach dem Spiel, Fußball-Abteilungsleiter Chris Steinfeld, der sämtliche Abteilungen für den Pokalfight begeistern konnte und das vorlebte, wofür der Verein in seinem Namen steht: 101 % TuRa!

Nach der Linksflanke von Yannick Fischer steigt Hatje (2. v. re.) zum Kopfball hoch... Foto: Küch

Der „Anpfiff“ war noch gar nicht richtig verhallt, da schlug seine große Stunde: Hannes Hatje beförderte – zum Leidwesen seines Trainers Jörg Schwarzer – eine Flanke von der rechten Seite ins Seitenaus, anstatt ins Eins-gegen-Eins zu gehen, wie es Schwarzer gerne gesehen hätte. Doch die überaus biederen Gäste aus der Nordheide führten den Einwurf am eigenen Sechzehner in die Füße des Gegners aus. Die Folge: Yannick Fischer flankte vom linken Flügel und in der Mitte schien es so, als würde Hannes Hatje zum „Slam Dunk“ ansetzen wollen, so sprungkräftig stieg er – weil Ljubisa Panic nur Geleitschutz bot und ausschließlich zuguckte – in die zweite Etage. Der Kopfball des eben noch „Gescholtenen“ landete links unten im Toreck. 1:0 für den vermeintlichen Außenseiter (54.)! Vermeintlich deshalb, weil der Oberligist so gut wie gar nichts auf die Platte brachte. Nicht umsonst fasste 08-Coach Nabil Toumi die traurige Erkenntnis: „Mit dem Ball war es das schlechteste Spiel, was ich von der Truppe gesehen habe! Schwer, das in Worte zu fassen...“

Trotz Unterzahl: Harksheide lässt nichts anbrennen - Toumi: "Mit Ball war das eine Sechs!"

Buchholz-Keeper Tim Burgemeister (li.) macht sich lang, kann den Einschlag aber nicht mehr verhindern. Foto: Küch

In der ersten Halbzeit hatte sein Team noch zweimal in Umschaltsituationen – einmal nach einem Abspielfehler von TuRa-Torsteher Abou Fofana – die Chance zur Führung. Doch zunächst vergab Johannes Kirchhof freistehend kläglich (7.), dann fand Richard Wenzel seinen Meister in Fofana (26.). „Ich glaube, das war‘s dann“, musste Toumi ernüchternd feststellen. In den zweiten 45 Minuten kam der Oberligist nicht zu einem einzigen (!) Torabschluss! Das Gefährlichste: Zwei Flanken in der Nachspielzeit, die Fofana sicher aus der Luft pflückte. Das noch Unglaublichere daran: In der letzten halben Stunde agierten die Gäste nach einem Platzverweis gegen Leonard Mai (60.) sogar in Überzahl!

„Ich glaube, ich habe lange kein Spiel gesehen, wo wir einen so passenden Gegner für unser Spiel hatten“, befand Toumi. Aber: „Mit Ball war das heute eine glatte Sechs! Und das am Ende sogar gegen zehn Mann. Wir haben es nicht nur null genutzt, sondern man hat die Überzahl gar nicht gesehen.“ Ganz im Gegenteil sogar. TuRa hatte gleich zweimal die große Möglichkeit, mit dem zweiten Treffer für eine Vorentscheidung zu sorgen. Erst verpasste Maximilian Vollstädt (82.), dann versemmelte Chris Micheel nach einem sensationellen Spielzug über Fischer, Ephrahim Kofi Asante, Vollstädt und den starken Falk Schmidt blank stehen das 2:0 (85.)!

"Wir haben es heute weggeschmissen!" - TuRa schreibt Vereinsgeschichte

Der Rest war kollektiver Jubel bei den Spielern von TuRa Harksheide. Foto: Küch

Toumis Fazit: „Ich habe kein Problem damit, gegen einen Landesligisten auszuscheiden. Aber wir haben es heute weggeschmissen – das ist so ärgerlich! Ich weiß nicht, ob wir das auf die leichte Schulter genommen haben“, mutmaßte er. Anders konnte er sich den Auftritt seiner Elf jedenfalls nicht erklären. „Erschreckend, wie man sich als Oberligist gegen eine ordentliche, aber keinesfalls überragende Landesliga-Mannschaft verkauft hat!“

Sein Gegenüber schrieb hingegen mit TuRa Vereinsgeschichte. Denn erstmals hat Harksheide im Hamburger Pokal-Wettbewerb den Sprung unter die letzten acht Mannschaften geschafft! Doch Jörg Schwarzer wäre nicht Jörg Schwarzer, wenn ihm das persönlich „gar nichts“ bedeuten würde. „Ich bin TuRaner und freue mich einfach für die Mannschaft!“ Unter der Woche sei er noch gefragt worden, wie er verriet, ob er die Partie als „Bonusspiel“ ansehen würde. „Höchnäsigerweise habe ich gesagt, dass ich das nicht so sehe, weil Buchholz für mich nicht mehr ganz diese Strahlkraft in der Oberliga hat und aus meiner Sicht die Möglichkeit bestand, diese Mannschaft zu schlagen“, witterte Schwarzer, der sich „sehr ausgiebig mit dem Gegner beschäftigt“ und sich „informiert“ habe, die große Chance.

"Sie waren völlig ideenlos"

Die Mannschaft feiert die Pokal-Überraschung mit dem zahlreich anwesenden Anhang. Foto: Küch

„Wir wollten etwas tiefer stehen und den Oberligisten mal machen lassen, weil wir wussten, dass das nicht deren Stärke ist. Das hat man letztendlich auch gesehen. Über die Zentrale fällt denen nicht viel ein. Nach der Anfangsphase hatten sie auch keine einzige Torchance mehr, waren völlig ideenlos“, konstatierte der TuRa-Trainer. „Wenn du als Oberligist nicht dazu in der Lage bist, trotz einer halbstündigen Überzahl auch nur eine Torchance gegen einen Landesligisten zu erspielen, dann hast du es auch nicht verdient, ein Achtelfinale für dich zu entscheiden“, lautete seine trockene Analyse. Dass so wenig vom Gegner kam, habe ihn indes „nicht überrascht“, wie Schwarzer gestand. „Ich wusste es. Ich habe mir das Spiel gegen Rugenbergen angeschaut – und da waren sie auch nicht dazu in der Lage, das Spiel zu gestalten. Deshalb wollten wir tief stehen, in der Hoffnung, kein frühes Gegentor zu kassieren.“

Das ist gelungen – und am Ende stand der hochverdiente Einzug ins LOTTO-Pokal-Viertelfinale!

Autor: Dennis Kormanjos