Oberliga

„Überragender Fußballer“ lässt zwei „Pfeile“ auf Niendorf los

27. September 2020, 18:26 Uhr

Ian-Prescott Claus (re.) schoss den Niendorfer TSV mit seinen beiden Toren fast im Alleingang ab. Foto: noveski.com

Er ist ein Spieler, bei dem Genie und Wahnsinn so dicht beieinander liegen, wie bei kaum einem anderen Akteur. „Besser kann man es nicht sagen“, entgegnete Marius Ebbers – und fügte an: „Wir wissen alle, was Ian für ein überragender Fußballer ist, der in jedem Spiel den Unterschied ausmachen kann. Aber man muss ihn auch immer mal wieder einfangen, weil er manchmal seinem Pfeil im Kopf freien Lauf lässt“, brachte er es mit einem leichten Augenzwinkern auf den Punkt. Und genau dabei ist der langjährige Profi der perfekte Ansprechpartner für Ian-Prescott Claus. „Ich sage ihm immer wieder: ‚Wenn du drin bleibst im Spiel, dich nicht über irgendwas aufregst – ob nun über dich selbst, über andere oder aber die Schiris –, dann wirst du immer deine Tore machen‘“, so der Trainer des SC Victoria Hamburg, der Recht behalten sollte…

Die Vicky-Führung! Ian-Prescott Claus (li.) tunnelt Tobias Grubba zum 1:0 für die Gäste. Foto: noveski.com

Stand einem Torerfolg im ersten Abschnitt noch der Pfosten - oder auch „der letzte Punch“, wie Ebbers befand – im Weg (41.), machte es Ian-Prescott Claus nach einer guten Stunde deutlich besser (alle Highlights im LIVE-Ticker). Weil die Niendorfer nach einem Ballverlust viel zu zaghaft in die Defensive umgeschaltet hatten, konnte der Torjäger des SC Victoria nach einem tollen öffnenden Pass von André Monteiro Branco völlig ungehindert auf Tobias Grubba zueilen und tunnelte diesen zum 1:0 für Vicky! Ein hochverdienter Führungstreffer, da die Hausherren im ersten Spiel nach der langen Corona-Pause offensiv nur Stückwerk ablieferten – insbesondere nach der Pause. Dort brachten die „Sachsenwegler“ nur einen mickrigen Abschluss zustande. Dieser hatte es allerdings in sich. Nachdem Vicky längst die Vorentscheidung hätte herbeiführen können, war es der eingewechselte Ante-Akira Kutschke, der nach einem Kohpeiß-Fehler und anschließendem Querpass von Daniel Brückner freistehend am hervorragend parierenden Hendrik Rabe hängen blieb (80.).

Niendorf ohne Durchschlagskraft - trotz starker Bank

Anschließend bejubelte Claus seinen ersten Streich vor den prominenten Niendorfer Ersatzspielern. Foto: noveski.com

„Ich glaube einfach, dass wir es taktisch gegen den Ball sehr gut gemacht haben. Wenn wir diese taktischen Maßnahmen weiterhin so umsetzen und da am Ball bleiben, werden andere Mannschaften auch Probleme gegen uns haben“, zeigte sich Ebbers sehr zufrieden mit dem Auftritt seiner Schützlinge. Auch NTSV-Trainer Ali Farhadi musste eingestehen: „Da gehört immer auch der Gegner mit dazu – und Vicky hat das stark gemacht und gut verteidigt.“ Dabei ließ der Blick auf die Startaufstellung – und vor allem auf die Ersatzbank – eine Menge Offensivpower vermuten. Mit Aytac Erman, Ilyas Afsin, Marvin Karow oder eben auch Kutschke hatte Niendorf unheimliche Qualität draußen sitzen. „Klar, unsere Bank ist stark“, wusste auch Farhadi. Allein es half nichts.

"70 Minuten richtig guter Fußball, 20 Minuten ein guter Kampf gegen den Ball

Ein Duell mit Profi-Vergangenheit: Vicky-Neuzugang Jan-Philipp Kalla (li.) vs. Daniel Brückner. Foto: noveski.com

Vielmehr sorgte ein weiterer unfassbarer Fehler für die Entscheidung in der Nachspielzeit: Dario Streubier, der im ersten Durchgang das Kunststück fertig brachte, den Ball völlig freistehend aus wenigen Metern an die Latte zu befördern (38.), hatte bei einem Einwurf eine wohl ganz eigene Idee und servierte die Kugel Nil von Appen auf dem Silbertablette. Dessen Pass erreichte Claus, der Grubba mit einem gekonnten Chip herrlich überwand (90. +2). Mit seinem Doppelpack avancierte Claus zum Matchwinner. Doch Ebbers befand: „Er hat wie jeder andere Spieler auch seine Aufgabe erfüllt.“ Er sei „sehr stolz“ auf seine Jungs, erklärte „Ebbe“, ehe er folgendes Fazit zog: „Ich hatte das Gefühl, dass wir das Spiel wirklich fast über den gesamten Zeitraum im Griff hatten. Dementsprechend haben wir auch sehr verdient gewonnen.“ Und weiter: „Das war 70 Minuten richtig guter Fußball, die letzten 20 Minuten war es dann ein richtig guter Kampf gegen den Ball.“

"Das Ergebnis ist Schrott"

Die Niendorfer standen sich oft selbst im Weg, wie in diesem Fall Martin Fedai (li.) und Hassan Zarei. Foto: noveski.com

Sein Gegenüber fand den Auftritt seiner Schützlinge „für das erste Spiel schon ganz gut, nur das Ergebnis ist Schrott“, nahm Farhadi kein Blatt vor den Mund. „Am Ende sind es zwei entscheidende, gravierende und naive Fehler, die das Spiel in diese Richtung lenken.“ Allerdings fehlte es auch an der Durchschlagskraft im Angriffsspiel. Dennoch war Farhadi der Meinung: „Für mich war das ein 0:0-Spiel und es roch nicht nach einer Niederlage.“ Diesen Geruch erstickte Ian-Prescott Claus jedoch im Keime und sorgte nach der Auftakt-Niederlage gegen Curslack (0:3) für einen absolut verdienten Auswärtserfolg des SCV.

Autor: Dennis Kormanjos