Trefzger: „Das lag nicht unbedingt auf der Hand“

HSV III-Kapitän im Interview über die jüngsten Geschehnisse

09. Oktober 2017, 15:41 Uhr

HSV III-Kapitän Timo Trefzger (re.) stand nach turbulenten Stunden und der knappen Pleite gegen den SC Victoria Rede und Antwort, als wir ihn zur Trennung von Felix Karch, einen möglichen Nachfolger und Gründe für die Krise befragten. Archivbild: Kuech

Der vergangene Freitag hatte es aus Sicht des Hamburger SV III in sich. Unmittelbar vor dem wichtigen Ligaspiel gegen den SC Victoria (1:2) verkündete der Verein in einer Pressemitteilung das Ende der Zusammenarbeit mit Chefcoach Felix Karch. Ein Schritt, der für viele Beobachter sehr überraschend kam. Zwar läuft es beim Oberliga-Neuling sportlich alles andere als rund, aber die Verdienste Karchs in den letzten zweieinhalb Jahren hätten eine größere Wertschätzung ihm gegenüber verdient gehabt – so zumindest der Tenor einiger Sympathisanten des Klubs. Im Anschluss an die Partie gegen Vicky haben wir uns mit Kapitän Timo Trefzger über die turbulenten Stunden vor dem Spiel unterhalten – und auch über das kursierende Gerücht, die Mannschaft hätte aus der Presse von der Entscheidung erfahren…

FussiFreunde: Wann habt ihr als Mannschaft von der Entscheidung erfahren, dass sich der Verein so kurz vor dem Spiel von seinem Trainer getrennt hat?

Trefzger: „Wir haben es ganz normal von den Offiziellen, in diesem Fall von Frank Schaube und Kumar Tschana, die sozusagen als Bindeglied zwischen Präsidium und Mannschaft fungieren, erfahren – bevor es in der Presse stand.“

Weit vor Beginn des Spiels oder wurdet ihr auch etwas überrumpelt?

Trefzger: „Im Verlaufe des Tages haben wir davon erfahren. Nicht allzu weit vor dem Anpfiff, das stimmt.“

Wirklich angedeutet hatte sich das ja nicht. Kam es denn auch für euch als Mannschaft überraschend?

Trefzger: „Ja, würde ich schon sagen. Dass wir mit vier Punkten aus zehn Spielen nicht optimal gestartet sind, liegt ja auf der Hand. Dass es jetzt aber zum Trainerwechsel kommt, lag auch nicht unbedingt auf der Hand und war auch nicht offensichtlich. Jetzt ist es so – und wir versuchen, das Beste draus zu machen, den ‚Reset‘-Knopf zu betätigen und nochmal von null anzufangen. Ich denke, das war heute ein Schritt in die richtige Richtung gegen einen sehr starken Gegner.“

Nun hat Felix in den letzten zweieinhalb Jahren unbestritten viel für den Verein getan und geleistet. Kannst du diese Entscheidung nachvollziehen?


Trefzger: „Wir waren die letzten beiden Jahre natürlich vom Erfolg verwöhnt. Über das Bezirksliga-Jahr kann ich nicht sprechen, weil ich da noch nicht dabei war. Aber es ging immer steil bergauf – und nun haben wir eine etwas längere Durststrecke. Ich kann nachvollziehen, dass der Verein versucht, an jeder Stellschraube zu drehen, die bleibt. Und dass versucht wird, so zu reagieren, dass wir eine realistische Chance haben, drin zu bleiben. Und wenn der Verein das jetzt für den richtigen Zeitpunkt erachtet, ist es nicht völlig abwegig. Dass Felix mit uns große Erfolge gefeiert und eine tolle Mannschaft zusammengestellt und entwickelt hat, das bezweifelt niemand. Das liegt vollkommen auf der Hand!“

Du sprachst gerade von einer „realistischen Chance“. Ist die denn nun gestiegen?

Trefzger: „Das wird sich zeigen. Ich bin der Meinung, dass man einen Trainerwechsel immer positiv nutzen kann – egal wen man wechselt und egal bei welcher Mannschaft. Es liegt jetzt an uns als Mannschaft und an ‚Rabe‘ als kommissarischen Trainer, das zu nutzen. Egal was jeder einzelne Spieler von einem Trainerwechsel hält, es liegt jetzt an uns, den positiven Schwung, den man daraus kriegen kann, mitzunehmen – nicht immer zwingend muss, aber eben mitnehmen kann.“

Würdest du dir wünschen, dass Marcus Rabenhorst das weitermacht?

Trefzger: „Ich halte sehr viel von ‚Rabe‘. Er war selbst ein guter Fußballer, hat großes taktisches Verständnis und ist menschlich top. Ich kannte ihn bisher nur als Gegenspieler, bevor er hier her kam. Man merkt, dass er in einer guten, gefestigten Mannschaft eine Führungsrolle innehatte. Genauso merkt man bei der Ansprache, dass er weiß, was er tut.“

Heißt: Für dich wäre Marcus Rabenhorst die Top-Besetzung auf den Posten?

Trefzger: „Er ist auf jeden Fall jemand, der das sehr gut machen und der Mannschaft noch viel mitgeben kann. Definitiv.“

Kommen wir nochmal kurz zurück zu Felix. War in deinen Augen das Sportliche entscheidet für den Trainerwechsel oder waren es eher die Worte, die er nach dem letzten Spiel gewählt hat?

Trefzger: „Ob man das Interview so machen muss, weiß ich nicht. Aber wir sind im Fußball – und da darf man sich so etwas auch nicht immer zu sehr zu Herzen oder persönlich nehmen. Ich glaube, da ist keiner aus Zucker und fühlt sich jetzt irgendwo persönlich angegriffen oder beleidigt und möchte sich nun drei Wochen vergraben. Man muss das so nehmen, wie es kommt. Daraus muss man auch was mitnehmen. Er hatte ja inhaltlich mit einigen Dingen auch recht – das ist gar nicht von der Hand zu weisen. Und das, was man da an substantieller Kritik bekommt, muss man annehmen.“

Wenn man sieht, dass bei euch als Aufsteiger vor der Saison mit Zeba, Sulejmani und Tunjic – nun auch noch Yasar – absolute Leistungsträger und Stützen weggebrochen sind, dann stellt sich die Frage: Kann ein Trainer überhaupt etwas dafür oder hätten diese Spieler von Manager, Sportchef oder wem auch immer adäquater ersetzt werden müssen?

Trefzger: „Es ist definitiv so, dass wir da drei, vier Leute mit richtig viel Qualität verloren haben! Ich hatte natürlich einen gewissen Einblick in die Kaderplanung, aber war jetzt auch nicht immer dabei. Ich weiß aber, wie schwierig es war. Wir standen als letzter Aufsteiger fest und sind finanziell auch nicht Teutonia oder Dassendorf, dass wir im Juni mal eben sagen können: Dann holen wir nochmal acht Regionalligaspieler. Das ist einfach nicht möglich – und das verstehe ich auch. Wir haben wahrscheinlich sogar das Beste draus gemacht. Dass wir von der Qualität her aber hinter Mannschaften wie Victoria zurück sind, das liegt einfach auf der Hand. Mit Sharifi hatten wir zum Beispiel jemanden, der in der Offensive eine tragende Rolle einnehmen sollte – und dann reißt er sich die Achillessehne. So etwas können wir als Aufsteiger nicht kompensieren. Es gab ja auch schon eine gewisse Fluktuation im Kader und nun haben wir die Jungs, mit denen wir mindestens bis zum Winter Vollgas geben, dabei. Und dann werden wir gucken, dass wir bis dahin – auch punktemäßig – konkurrenzfähig bleiben. Wir brauchen uns ja nichts vorzumachen: Wir müssen einfach mal ein paar Punkte holen!“

Abschließend: Glaubst du noch an den Klassenerhalt?

Trefzger: „Auf jeden Fall! Wenn man mich am 25. Spieltag fragt und wir zehn Punkte auf dem Konto haben, dann wird’s natürlich schwer. Aber jetzt ist noch alles drin. Wir haben einige Spiele deutlich, aber auch viele unglücklich verloren. Wir lassen uns ja nicht abschießen. Man sieht, dass alle wollen. Aber wir müssen es natürlich cleverer anstellen. Wir haben noch viele junge Leute drin, die lernen müssen. Aber in der Oberliga hat man einfach nicht die Zeit dazu. Deshalb müssen wir einfach als Mannschaft Gas geben und dann ist die Chance in jedem Fall da.“

Autor: Dennis Kormanjos