Torgeil trifft Totalausfall: Vickys „Lust-Lawine“ buttert Condor unter

SCV rupft die „Raubvögel“ beim 6:0-Kantersieg gehörig

23. September 2017, 01:14 Uhr

Fertig machen zur nächsten Jubeltraube: Insgesamt durften die Spieler des SC Victoria gegen den SC Condor sechs Treffer feiern. Foto: KBS-Picture

Eigentlich kennt man Christian Woike als jemanden, der nie um einen lockeren Spruch verlegen ist. Doch nach dem Spiel gegen den SC Victoria fiel es auch dem Coach des SC Victoria schwer, das was da soeben passiert war, in die richtigen Vokabeln zu kleiden. „Alles, was ich jetzt sage, wäre falsch. Heute fehlen mir die Worte und bin ich kein guter Gesprächspartner“, erklärte Woike und ergänzte: „Ich weiß nicht, welche Sportart das war, die wir da gespielt haben.“ Harter Tobak, doch er traf genau zu. Phasenweise dürften die 164 Zuschauer am Berner Heerweg sich tatsächlich gewundert haben, was die Hausherren da taten. Die Quittung für den desaströsen Condor-Auftritt gab es auf dem Fuße: in Form einer 0:6-Klatsche. 

Julian Künkel suchte das Gespräch mit Jan-Erik Sternke. Wie lange denn noch zu spielen sei, wollte der Mann mit der Nummer elf auf dem Rücken des weißen SC Condor-Trikots vom Schiedsrichter-Assistenten wissen. Sternke blickte auf seine Uhr. „Zwölf Minuten“, teilte er daraufhin Künkel mit. Der Condor-Kicker holte tief Luft, atmete einmal tief durch und erwiderte dann: „Das werden lange zwölf Minuten.“

Nach der Pause trifft Scharkowski im Dreierpack

Nick Scharkowski (re.) gelang nach der Pause ein lupenreiner Hattrick. Foto: KBS-Picture

Glücklich sah Künkel bei dieser Feststellung nicht aus. Verdenken aber konnte man ihm das in diesem Moment nicht. Mit 0:6 lagen die Gastgeber zu diesem Zeitpunkt gegen Vicky bereits im Hintertreffen und die Angst vor weiteren Gegentoren saß auf Seiten der „Raubvögel“ nicht nur Künkel im Nacken. Letztlich kassierte der SCC keinen weiteren Treffer mehr. Das Dilemma, das sich vorher ereignet hatte, war aber auch schon schlimm genug.

Begonnen hatte selbiges nach sieben Minuten: Vicky tauchte zum zweiten Mal vor dem Condor-Kasten auf. War die erste Chance noch ungenutzt geblieben, so zappelte der Ball beim zweiten Versuch dann im Netz. Condors Defensive gab die Zuschauer-Kulisse für einen simplen Pass, den Len Aike Strömer von links auf Klaas Kohpeiß spielte. Dieser zog an der Strafraumgrenze ab – 1:0 für die Gäste, die danach zwar weiterhin das Spiel beherrschten, bis zu ihrem nächsten Torerfolg allerdings bis zur 42. Minute brauchten. Wieder war es dann das Duo Strömer und Kohpeiß, das zuschlug – diesmal aber in umgekehrten Rollen.

Einen langen Ball nach vorne verlängerte Kohpeiß per Kopf, Strömer nahm die Kugel unter Druck an, setzte sich im Laufduell gegen seinen Widersacher durch und bezwang SCC-Schlussmann Sascha Kleinschmidt. Dessen Teamkollegen Nico Weiser hatte zuvor die beiden einzigen zaghaften Annäherungen des SCC ans Vicky-Tor vergeben (13., 23.). Der SCV wiederum hatte es noch vor Strömers Treffer verpasst, frühzeitig zu erhöhen. Erst verfehlte Yannick Petzschke einen von Strömer per Kopf verlängerten Ball (16.), dann war Kleinschmidt nach Julian Schmids flacher Hereingabe in der 31. Minute noch vor Nick Scharkoski am runden Leder.

Woike: „Wir haben nichts von dem gezeigt, was diese Sportart auszeichnet“

Condor-Coach Christian Woike war nach dem Abpfiff aufgrund des Ergebnisses und der Leistung seiner Mannschaft bedient. Foto: KBS-Picture

Mit zwei personellen Veränderungen – nachdem zuvor schon Carlos Flores mit einer Zerrung für Ibrahim Özalp Platz machte, ersetzten jetzt René Jozic und Philipp Körner ihre Teamkollegen Till Daudert und Özgür Bulut – startete Condor in den zweiten Durchgang, doch Abhilfe sollte auch das nicht schaffen. Die Hausherren fanden kein Rezept gegen Vicky, hatten viel zu wenig Zugriff auf Spiel und Gegner und fanden zudem auch in den Zweikämpfen kaum statt. Das Resultat: Die Gäste konnten schalten und walten, wie sie wollten. Kleinschmidt musste nur drei Minuten nach Wiederbeginn gegen Strömer und Kohpeiß gleich doppelt retten, dann traf Petzschke lediglich eine Zeigerumdrehung später nur das Außennetz. Anschließend verpasste Schmid (54.), dann wurde Scharkowski beim Abschluss zu sehr bedrängt (56.).

Doch Vickys Nummer 24 kam nach dieser Szene erst so richtig in Fahrt, was sich in einem lupenreinen Hattrick ausdrückte: Erst bezwang er den zuvor bei Versuchen von Strömer und Schmid noch siegreichen Kleinschmidt mit einem Schuss ins rechte obere Eck (58.), dann ließ Strömer links im Strafraum alles und jeden stehen und bediente parallel zur Torlinie den am zweiten Pfosten blank stehenden Scharkowski (62.) und schließlich stand selbiger nach Falko Möllers Flanke so frei, dass er den Ball erst annehmen und dann überlegt zum 5:0 vollenden konnte (68.). Für den Schlusspunkt sorgte knapp eine Viertelstunde vor dem Ende der Partie Klaas Kohpeiß, der von Luca Ernst geschickt wurde und im Duell mit Kleinschmidt das bessere Ende für sich hatte /76.). Sowohl Ernst als auch Kophieß durften anschließend vom Feld. Für sie kamen Luis Hacker und der frisch verpflichtete Neuzugang Ebenezer Utz, der seine Premiere im Vick-Dress feierte.

Richter: „Gegen Condor wenig zuzulassen und selbst dominant und druckvoll zu spielen, ist stark“

Vicky-Coach Jan-Pierre Richter hatte allen Grund zur Freude über den Auftritt seines Teams, das sich in der zweiten Hälfte in einen wahren Rausch spielte. Foto: KBS-Picture

Zum Feiern war Christian Woike nach dem Spiel logischer Weise nicht zumute. „Es kommt selten vor, dass ich sprachlos bin, aber zum Spiel kann ich nicht viel sagen. Wir haben nichts von dem gezeigt, was diese Sportart auszeichnet. Vicky hat eine starke Mannschaft, aber wenn man mit elf Mann gegen null spielt, ist es auch einfach, Fußball zu spielen“, bilanzierte Condors Coach. „Der Sieg für Victoria ist verdient. Am Schluss haben sie es noch gnädig mit uns gehalten. Das Verrückte dabei ist, dass Vicky in der ersten Hälfte ja gar nicht so viele Torchancen hatte, aber das Toreschießen gegen uns diesmal so einfach war, wie ein Stück Butter zu kaufen“, ergänzte Woike merklich frustriert und konsterniert. Auf den Übungsleiter wird in der kommenden Woche einiges an Arbeit zukommen – und ein weiterer namhafter Gegner: Nach der Klatsche gegen Vicky gibt am nächsten Freitag kein geringerer als Spitzenreiter TuS Dassendorf seine Visitenkarte am Berner Heerweg ab.

„Das war ein ganz ganz starkes Spiel, wir können mit einem guten Gefühl ins Wochenende gehen. Ich glaube, dass nicht nur das Ergebnis in der Höhe, sondern auch die Art, wie wir performt haben, uns einen richtig geilen Abend beschert hat“, resümierte derweil Jean-Pierre Richter nach einem Auftritt seiner Mannschaft, der richtig Lust gemacht hatte: „Das war im zweiten Durchgang fast wie ein Rausch, da haben wir die Lawine losgerollt“, so Richter, „wir wollten viel Bewegung und fleißig sein und hatten uns einen Sieg als Ziel gesetzt. Die Jungs haben das gut umgesetzt. Wir waren variabel, hatten Stürmer, die viel gearbeitet haben – auch wenn sie in der ersten Halbzeit nicht immer durchkamen.“ Seine Elf habe, so Richters Analyse, „im Mittelfeld guten Zugriff gehabt, hinten konnten wir gut aufbauen und waren pressingresistent.“ Für ihn sei „der Fleiß auf allen Positionen der Schlüssel zum Erfolg“, befand Richter, „in der ersten Halbzeit war das Spiel schnell und intensiv. Wir wussten, dass wir dieses Tempo über 90 Minuten gehen können. Gegen Condor wenig zuzulassen und selbst so dominant und druckvoll zu spielen, ist stark.“

Jan Knötzsch

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