Sechs Spiele, 34:4 Tore: Türkiye unaufhaltsam zum „Harburg-Pokal-Triumph“

Wilhelmsburger schenken Dersim sechs Stück ein - Schreck um "SBD"

08. Juli 2017, 21:41 Uhr

Die Mannschaft des FC Türkiye feiert den diesjährigen Sieg beim "53. Harburg-Pokal". Der letzte Erfolg datierte aus dem Jahr 2014. Foto: Kormanjos

Nicht einmal in dem Moment, als Spielausschuss-Mitglied Andreas Meyer versehentlich den FC Süderelbe zum „Harburg-Pokal-Sieger 2017“ küren wollte, kamen am Kiesbarg Zweifel auf. Denn am Ende ließ der FC Türkiye überhaupt keinen Zweifel zu. Derart deutlich war die Dominanz der Wilhelmsburger während der 53. Auflage des Traditionsturniers. Sechs Spiele, sechs Siege und sagenhafte 34:4 Tore sprechen eine mehr als nur deutliche Sprache! Im Endspiel ließ der Oberligist dem klassentieferen Herausforderer Dersimspor keine Chance.

Der Ausgleich! Abdulah Beckmann (re.) nimmt aus halbrechter Position Maß und trifft zum 1:1. Foto: Merk

Gerade hatte Ozan Gencel ein traumhaftes Zuspiel von Sascha de la Cuesta mit einem sehenswerten Heber über den herausstürzenden Fitra Rijono zum vorentscheidenden 3:1 für den FC Türkiye veredelt (71.), als Spielern, Offiziellen und Fans kurzzeitig der Atem stockte. Mitten in die Jubelarie der Wilhelmsburger hinein, sackte in der anderen Spielhälfte – auf Höhe der eigenen Bank – Dersimspors pfeilschneller Offensivakteur Edison Sa Borges Dju zusammen. Sofort eilten die Beteiligten zur Hilfe herbei und alarmierten den Ordnungsdienst, schnellstmöglich einen Krankenwagen aufs Gelände zu beordern. „Er ist einfach zusammengesackt. Es kann sein, dass es der Kreislauf war. Denn er war ja auch kurzzeitig benommen und nicht ansprechbar. Jetzt müssen wir mal abwarten, ob es ein Schwächeanfall war oder irgendetwas in diese Richtung“, erklärte sein Coach Sven Siebert anschließend. „Auf jeden Fall müssen wir es mal checken lassen. Denn der Junge wiegt ja auch nichts. Wenn so einer umfällt, muss man sich auch Sorgen machen.“

Einige seltsame Schiedsrichter-Entscheidungen...

Sascha de la Cuesta (li.) - hier im Kopfballduell mit Umut Yildiz - zeigte eine starke Vorstellung. Foto: Merk

Auf der Anlage, die insgesamt eher mittelprächtig gefüllt war, wurde es auf einmal mucksmäuschenstill. Zum Glück fand Sa Borges Dju nach kurzer Unterbrechung wieder zu sich und konnte – nachdem einige Zeit ins Land ging, ehe der Krankenwagen endlich eintraf – ins Hospital gebracht werden. Von dieser Stelle noch einmal die allerbesten Genesungswünsche an den gerade einmal 23-Jährigen! Jene Situation sorgte laut Siebert auch dafür, dass das Resultat schlussendlich überaus klar und deutlich zugunsten des Gegners ausfiel. „Heute ist uns ein bisschen der Akku ausgegangen. Wobei ich auch glaube, dass es ein wenig mit dem Elfmeter und der Situation um unseren Spieler – da war der eine oder andere sicher ein bisschen geschockt – zusammenhing. Da war das Spiel dann auch durch.“

Dabei fand Dersim gut in dieses Finale und ging sogar in Front: Ausgerechnet Sa Borges Dju war es, der nach einer perfekten Hereingabe von Neuzugang Chris Mahrt mutterseelenallein stehend am zweiten Pfosten einköpfen konnte (10.). In der Folge machte das Schiedsrichtergespann ein ums andere Mal unfreiwillig mit den merkwürdigsten (Nicht-)Entscheidungen auf sich aufmerksam. Allein im ersten Durchgang hätte Türkiye drei Strafstöße erhalten können, wenn ein Handspiel – nach Eindringen von Ozan Gencel in den Strafraum (12.) – sowie ein Foulspiel von Prince Boateng Styhn an Abdulah Beckmann (13.) geahndet worden wären, ehe kurz vor der Pause ein Einsteigen von Samed Topuzovic gegen Serhat Yapici auf der seitlichen Strafraumgrenze nach außerhalb verlegt wurde (42.). Die vierte kritische Aktion ereignete sich wenige Augenblicke darauf, als Lamin Jawla zunächst einen Kopfball von Mert Kepceoglu glänzend von der Linie kratzte – und der vom Klub Kosova gekommene Kepceoglu beim Nachsetzen zu Boden ging (43.).

"Dela" zaubert, Yapici nimmt's mit allen Gegenspielern auf

Mert Kepceoglu (2. v. re.) unter Bedrängnis von Dersim-Recke Prince Boateng Styhn. Foto: Merk

Aber auch so gelang dem Favoriten nur kurz nach dem Rückstand bereits der Ausgleich, als de la Cuesta mit einem seiner vielen Zuckerpässe den auf halbrechts durchstartenden Beckmann in Szene setzte und dieser eiskalt vollstreckte (14.) – 1:1. Türkiye vergab in der Folge einige Einschusschancen, ehe Umut Yildiz auf der Gegenseite mit seinem Gewaltschuss das Quergestänge prüfte (37.). Die große Gelegenheit zur erneuten Führung hatte Samey Ludin für Dersim auf dem Fuß – nachdem der aus der A-Regionalliga des SC Victoria verpflichtete Hischem Metidji den ehemaligen „Hammer“ bediente, dieser aber am langen Pfosten vorbeizog (56.). Kurz zuvor wurde Referee Alf Bas bei einem Befreiungsschlag regelrecht ausgeknockt, konnte aber nach einer kleinen Pause weitermachen. Auf dem Platz übernahm nun der FC Türkiye mehr und mehr das Heft des Handelns.

Süderelbe-Protest abgewiesen

Ozan Gencel (li.) überloppt Fitra Rijono zum vorentscheidenden 3:1. Foto: Merk

Topuzovic viel zu ungestüm gegen Gencel – Elfmeter. „Dela“ verwandelte ganz abgezockt zum 2:1 (60.), ehe Rückkehrer Tolga Tüter im Eins-gegen-Eins gegen Rijono den dritten Treffer verpasste (64.). Dieser ließ aber nicht mehr lange auf sich warten. Wie eingangs bereits erwähnt: de la Cuesta, Gencel – drin (70.). Nach dem Schreckmoment um Sa Borges Dju legte der Oberligist weiter nach. Yapici ließ sich bei seinem Sololauf von nichts und niemandem aufhalten, umkurvte die gesamte Dersim-Defensive und vollendete per Linksschuss zum 4:1 (81.). Ein sensationelles Tor! Dann kam das Spielgerät über Tüter und Gencel zum starken „Dela“, der aus spitzem Winkel mit einem cleveren Chip über Rijono auf 5:1 stellte (83.). Nachdem Metidji ein weiteres Mal die Latte auf eine harte Probe stellte, machte Tüter in der siebten Minute der Nachspielzeit das halbe Dutzend voll, als er nach einem Gencel-Schuss den zu kurz geratenen Abwehrversuch von Rijono über die Linie spitzelte. 6:1!

Nach seinem traumhaften Sololauf mit krönendem Abschluss ließ sich Serhat Yapici (li.) völlig zurecht von seinen Mitspielern feiern. Foto: Merk

„Wir haben das sehr ordentlich gemacht und die Spiele souverän bestritten. Es war klar, dass uns ein heißer Tanz erwarten würde. Aber wir sind ruhig geblieben und haben es auch fußballerisch gut gemacht. Insgesamt ist das ein hochverdienter Turniersieg. Die Toranzahl ist schon enorm. Aber es ist nur ein Freundschaftsturnier. Uns ist viel wichtiger, dass wir uns als Gemeinschaft schnell finden und dass die Spieler unseren Stil schnell kennenlernen und verinnerlichen“, bilanzierte ein hochzufriedener Kreutzer. Während sein Kapitän, Bilyal Mustafov, von der Stärke seines Teams zu diesem frühen Zeitpunkt selbst ein wenig verblüfft zu sein scheint: „Ich bin wirklich überrascht, aber auch glücklich. Denn es läuft sehr gut. Wir schießen viele Tore und spielen guten Fußball.“ Auch Dersim-Coach Siebert war trotz der Pleite alles andere als unzufrieden. „Wir haben während des Turniers teilweise richtig guten Fußball gespielt. Am Ende glaube ich, dass das Ergebnis etwas zu hoch ausgefallen ist, da wir auch Möglichkeiten hatten. Die letzten drei Tore bewerte ich nicht mehr. Da war das Spiel dann durch. Wenn wir das Spiel 1:3 verlieren, ist alles in Ordnung. Aber wenn man keinen Unterschied zwischen Ober- und Landesliga sehen würde, wäre auch etwas verkehrt. Wir sind auf einem guten Weg.“

Beinahe hätte das Finale jedoch gar nicht stattgefunden. Denn nach unseren Informationen legte der FC Süderelbe, in Person von Manager Matthias Nehls, nach der klaren 1:5-Packung im Halbfinale gegen den späteren Triumphator Protest ein. Der Grund: Dem Ex-Süderelber Tolga Tüter würde angeblich die Spielgenehmigung fehlen. Ein Trugschluss – und für ein Vorbereitungsturnier auch sicherlich eine aberwitzige Aktion des FCS…

Autor: Dennis Kormanjos