LOTTO-Pokal

Schwarzenbeks Elfmeter-Trick geht nicht auf: „Die haben halt einfach Eiswürfel gepinkelt…“

08. Februar 2020, 18:02 Uhr

Letztlich doch zu Boden gegangen: Max Nowak (re.) und der SCS mussten Pascal Gerber und dem SVR den Vortritt lassen. Foto: Knötzsch

Marvin Möller wirkte wie das berühmte sprichwörtliche Häufchen Elend. Der Angreifer des SC Schwarzenbek wollte Minuten nach dem LOTTO-Pokal-Achtelfinale gegen den SV Rugenbergen (Hier gibt’s die Highlights im Live-Ticker) nur noch allein sein und am liebsten auch mit niemandem reden müssen. Gedankenverloren saß er auf dem Rasenplatz an der Schützenallee und starrte ins Leere. „Wenn seine Schüsse reingegangen wären, dann wäre er jetzt der Matchwinner. Da fehlten nur Zentimeter zum Glück. Jetzt sieht er sich selbst als den Verantwortlichen dafür, dass wir nicht weitergekommen sind. Aber das ist totaler Blödsinn“, sagte derweil Möllers Coach Sven Reinke wenig später einige Meter weiter in der Kabine des Ost-Bezirksligisten.

Als er zu seiner Spielanalyse ausholte, da hatte Reinke eine Flasche Bier in der Hand – und der kühle Gerstensaft schmeckte dem Übungsleiter des SCS längst schon wieder. Auch, wenn nach der 3:5-Niederlage im Elfmeterschießen „natürlich jetzt erstmal die riesengroße Enttäuschung da ist – auch bei den Jungs. Das ist normal. Aber wir können unglaublich stolz darauf sein, dass wir einen Oberligisten ins Elfmeterschießen gezwungen haben Was wir taktisch und körperlich gezeigt haben, war a la bonne heure. Es wird sicherlich später auch überwiegen, dass wir genau das aus dem, Spiel mitnehmen können“, bilanzierte Reinke sachlich und gefasst.

Reinke: „Wir können stolz sein, einen Oberligisten ins Elfmeterschießen gezwungen zu haben“

In den Weg gestellt: Rugenbergens Nikolaj Rörström (re.) wird von den Schwarzenbekern Senastian Johns (MItte) und Görkem Sen in Schach gehalten. Foto: Knötzsch

Und in der Tat: Grämen brauchten sich seine Schützlinge ob ihrer Leistung an diesem Nachmittag vor den rund 150 Zuschauern auf dem schweren, tiefen Rasen an der Schützenallee nicht. Ganz im Gegenteil: Auch, wenn es am Ende für die Sensation nicht reichte, darf der Auftritt des Ost-Bezirksligisten getrost in die Kategorie „Raus mit Applaus“ eingeordnet werden. Zwar besaß der Gast über die 120 Minuten Spielzeit gesehen mehr an Chancen, doch die, die der SCS hatte, hatten es in sich: „So, wie dieses Spiel mit den vier hundertprozentigen Chancen für uns gelaufen ist, kannst du fast schon sagen: Es wäre nicht unverdient gewesen, wenn wir schon vor dem Elfmeterschießen das Weiterkommen gesichert hätten“, konstatierte Reinke mit Blick auf die Einschussmöglichkeiten seiner Elf, die eben vor allem Marvin Möller gehabt hatte: „Ein Mal fehlen Zentimeter, ein Mal geht der Ball an die Unterkante der Latte – er hat eigentlich nicht viel falsch gemacht“, schrieb Schwarzenbeks Coach seinem Angreifer ins Stammbuch und ergänzte: „Dass er jetzt niedergeschlagen ist, ist verständlich, aber da wird er wieder rauskommen.“

Scheunemann: „Wir haben uns 120 Minuten den Arsch aufgerissen und an uns geglaubt“

Zug zum Tor: Der Schwarzenbeker Max Nowak (re.) versucht, Pascal Gerber und Nikolaj Rörström abzuschütteln. Foto: KNötzsch

Weil Möller aber eben nicht traf und auf der anderen Seite SVR-Coach Andelko Ivanko „mindestens 20 Chancen“ zählte, die seine Elf vergeben hatte („Das ist unfassbar, sowas habe ich noch nicht erlebt“), ging es ins Elfmetzerschießen – und da wartete der Gastgeber mit einem besonderen Schachzug auf: Kurz vor Schluss musste Keeper Lucas Scheunemann runter, für ihn kam Arne Mangels. „Lucas ist kein Elfmetertöter“, begründete Sven Reinke die Entscheidung, in Abwesenheit aller drei (!) eigentlichen Schlussmänner den zwischen den Pfosten stehenden Athletik-Coach durch den Altherren-„Goalie“ zu ersetzen. Der Trick jedoch half nichts: Schwarzenbeks Torben Oertel war der einzige Schütze, der vergab. Rugenbergen traf fünf Mal. „Deren Schützen waren cool. Die haben halt einfach Eiswürfel gepinkelt“, fasste Reinke treffend zusammen, während der im Spiel überragende Scheunemann (O-Ton von SVR-Coach Ivanko: „Dass der aufgehört hat, ist eine Fehlentscheidung. So einer muss weiterspielen“) zusammenfasste: „Wenn man so ausscheidet, ist man einfach niedergeschlagen. Wir haben uns 120 Minuten den Arsch aufgerissen und an uns geglaubt – da ist es am Ende natürlich traurig.“

Ivanko: „…dann hätte ich aufgehört und mich einfach irgendwo eingeschlossen“

Hatten an der Seitenlinie einiges zu besprechen: Rugenbergens Trainer Andelko Ivanko (vo.) und sein Assistent Daniel Domingo. Foto: Knötzsch

„Schwarzenbeks Torwart war sensationell. Er hat Bälle rausgeholt, die halten nur ein oder zwei Oberliga-Torhüter“, sang Ivanko nach Spielschluss erstmal weiter ein Loblied auf den Keeper des Gegners und bekannte dann trotz des letztlich glücklichen Weiterkommens: „Wenn wir jetzt nochmal spielen würden, dann würde ich nichts anders machen. Wir haben über die Flügel gespielt, haben Chancen kreiert. Wir haben alles gemacht, was man machen muss – es gibt keine anderen Mittel, um Tore zu machen. Eine schnellere Ballzirkulation ist auf diesem Boden kaum möglich.“ Mit Blick auf die Hochkaräter der Gastgeber erklärte Rugenbergens Coach dann: „Wir hatten 25:3-Chancen. Wenn die ihre drei Gelegenheiten nutzen – und das waren ja nicht irgendwelche – und hier am Ende 3:0 gewinnen, dann hätte ich aufgehört mit dem Fußball, hätte mir kein Spiel mehr angesehen, sondern mich einfach nur noch irgendwo eingeschlossen.“ Ein Schicksal, das ihm erspart blieb…

Jan Knötzsch