Oberliga

"Schiedi" über seinen Curslack-Wechsel: "So wollte ich nicht aufhören!"

30. März 2020, 17:04 Uhr

Marcel von Walsleben-Schied wird sein wohl letztes sportliches Kapitel beim SV Curslack-Neuengamme aufschlagen. Foto: Bode

Marcel von Walsleben-Schied und der SV Curslack-Neuengamme – das neue Traum-Gespann in der Oberliga Hamburg. Zumindest soll das neue und wohl auch letzte Kapitel in der Karriere des langjährigen Profis nochmal zu einer echten Erfolgsstory werden. Anfang März, als wir den Abgang von „Schiedi“ zum Saisonende bei der TuS Dassendorf vermeldeten (HIER), sagte er uns noch im Interview: „Ich denke, dass ich aufhören werde, halte mir aber ein kleines Hintertürchen offen.“ Durch dieses Hintertürchen ist der mittlerweile 36-Jährige nun an den Gramkowweg gehuscht, wie uns SVCN-Manager Oliver Schubert offiziell bestätigte (Bericht).

Beim SVCN will "Schiedi" nicht nur mit seinen Toren, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung weiterhelfen. Foto: Bode

„Momentan fällt’s mir echt schwer, über Fußball zu reden“, war die erste Reaktion von Marcel von Walsleben-Schied, als ihn der SV Curslack-Neuengamme in Person von Manager Oliver Schubert kontaktierte – und lose abklopfte, ob von Seiten des Torjägers überhaupt Interesse bestehen würde, die sportlichen Zelte am Gramkowweg aufzuschlagen. „Die jetzige Situation sorgt für eine Gefühlslage, die man gar nicht richtig greifen oder interpretieren kann“, blickt „Schiedi“ auch über den Tellerrand hinaus. Und so beantwortete er die Frage seitens Schubert, ob der SVCN denn überhaupt eine Chance habe, mit einem: Ja. „Man hat noch mehr Zeit – sowohl für die Familie als auch dafür, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen“, so von Walsleben-Schied, der sich selbst gegenüber auch ehrlich eingestand: „Wer weiß, was gewesen wäre, wenn wir weiter- und die Saison zu Ende gespielt hätten?! Aber so wollte ich nicht aufhören! Hätte ich das gemacht, weiß ich, dass ich spätestens nach drei Monaten wieder irgendwo angefangen hätte“, kennt sich von Walsleben-Schied selbst am besten – und holte sich das Go von seiner Frau ab. Denn Fakt sei auch: „Ich mache nur noch was, was auch für die Familie Sinn macht.“

"Habe immer gesagt, dass ich gerne bei Dassendorf meine Schuhe an den Nagel gehangen hätte"

Auch mit SVCN-Coach Christian Woike (li.) sei er sofort auf einer Wellenlänge gewesen, so von Walsleben-Schied. Foto: Bode

Dies sei beim SV Curslack-Neuengamme der Fall gewesen. „Es gab auch einige witzige Anfragen“, verrät er – und führt dann aus, was ihn an der Anfrage der „Deichkicker“ so sehr gereizt habe: „Viele werden sich fragen: Was wollen die mit einem fast 37-Jährigen? Aber das ist mir egal – und auch dem Verein ist es egal!“ Zu den guten Gesprächen, so von Walsleben-Schied, kamen einige weitere Aspekte hinzu, die ihn letzten Endes vom Weg des SVCN überzeugten: „Ich war auch mit dem Trainer (Christian Woike, Anm. d. Red.) sofort auf einer Wellenlänge. Er hat mir erklärt, wie er spielen lassen will und was er vorhat. Das hat mir gefallen.“ Hinzu käme die gute Erreichbarkeit, was Wohnort und Job betrifft, erzählt er – und gibt auch offen zu: „Ich habe immer gesagt, dass ich gerne bei Dassendorf meine Schuhe an den Nagel gehangen hätte – aber das war nun mal nicht erwünscht.“

"Ich weiß, dass von mir Tore erwartet werden, aber ich will dem Verein mit meiner Erfahrung helfen"

Hat auch mit fast 37 Jahren den Spaß am Fußball längst noch nicht verloren: Marcel von Walsleben-Schied (li.). Foto: Bode

Und Curslack sei „schon immer eine unangenehme Truppe“ gewesen, blickt er auf die direkten Duelle zurück. Vor allem auf die am Gramkowweg: „Ich habe immer ungern dort gespielt. Das war auch das einzige, was mich hat zweifeln lassen: Der Kunstrasen. Aber daran werde ich mich schon gewöhnen.“ Auch von seinen künftigen Mannschaftskameraden hält er viel – insbesondere von einem Akteur, mit dem er sich selbst gut identifizieren kann. Und das allein schon aufgrund dessen Toranzahl: Marco Schubring. „Es ist eine gut besetzte Truppe – gerade im Sturm. Wenn ein Spieler 22 Tore macht, dann hat er eine enorme Qualität. Ich hoffe, auch ihn mit meiner Erfahrung weiter zu unterstützen – wie die ganze Mannschaft.“ Er weiß, dass von ihm selbst „Tore erwartet werden“, ist sich von Walsleben-Schied dessen bewusst. „Aber ich will der Mannschaft und dem Verein nicht nur mit Toren weiterhelfen, sondern meine Erfahrung weitergeben und mit dem Club Erfolg haben. Das steht über allem.“

"Früher hatte ich ein, zwei schlaflose Nächte - da hat ein Umdenken stattgefunden"

Die Qualitäten von "Schiedi" werden künftig am Gramkowweg gefragt sein. Foto: Bode

„Früher“, so der Ex-Profi von Hansa Rostock, Osnabrück, Unterhaching, CZ Jena, Eintracht Braunschweig oder auch Holstein Kiel, „hat es mir tatsächlich ein oder zwei schlaflose Nächte bereitet, wenn ich mal nicht getroffen habe und mir gewisse Szenen nochmal durch den Kopf gegangen sind, wo ich vielleicht hätte mehr draus machen können. Aber mittlerweile will ich Fußball spielen, um Spaß zu haben. Natürlich ist der Ehrgeiz immer noch da – aber ich bin nicht mehr so verbissen.“ Und so sei er auch „glücklich und zufrieden“, wenn ein Marco Schubring den Löwenanteil an Treffern beisteuert und er selbst „nur fünf Tore“ mache, „dafür aber vielleicht 15 Vorlagen. Da hat in den Jahren ein Umdenken bei mir stattgefunden.“ Wenn er merken würde, „dass ich für meine Mannschaft eine Bremse im Spiel bin, dann wäre ich der Erste, der sagt: Es macht keinen Sinn mehr. Aber ich spiele noch zu gerne und freue mich über jeden Sieg“, sowie über seine Tore. Zwar falle ihm der Abschied aus Dassendorf schwer, wie er unumwunden zugibt. „Es waren vier tolle Jahre.“ Doch im Sommer soll, wenn es denn die Situation hergibt, ein neues und wohl letztes Kapitel in der Laufbahn des Marcel von Walsleben-Schied beginnen. „Ich komme von der besten Mannschaft in der Oberliga. Da wäre es totaler Quatsch, zu sagen: Ich möchte Meister werden. Das wäre absolut vermessen – gerade nach dieser Saison. Deshalb lasse ich es einfach auf mich zukommen.“

Autor: Dennis Kormanjos