„(S)br(o)utaler“ Weitschuss als Sieg-Garant: „Wir werden noch einen Gang zulegen“

Oststeinbeker SV feiert 2:1-Erfolg im Spitzenspiel gegen Verfolger ASV

29. September 2018, 00:01 Uhr

Erst abziehen, dann abfeiern lassen: Youness Sbou (MItte) bejubelt seinen Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0. Foto: Winter

Rathwan Al Radi wähnte sich bereits im siebten Himmel. Ein paar Augenblicke zuvor hatte Thorben Joost, der Keeper des Oststeinbeker SV im eigenen Strafraum leichtfertig den Ball verloren. Die Kugel kam zu Al Radi. Der Stürmer des ASV Hamburg lupfte die Kugel in Richtung Tor. Der Ball flog, senkte sich und fiel dann schließlich hinab. Al Radi drehte ab, reckte die Arme nach oben, jubelte und zog sich in der Euphorie bereits das Trikot aus. Die Geschichte war wie gemalt für den ASV – sie hatte nur einen Haken: Das runde Leder hatte seinen Flug nicht im Tor beendet, sondern dahinter und Al Radis Jubel über den vermeintlichen 2:2-Ausgleich war Makulatur. Der gute Schiedsrichter Kai Seeliger pfiff ab, der 2:1-Sieg des OSV (Hier gibt’s das Spiel zum Nachlesen im Live-Ticker) stand fest.

„Ich bin einfach aus dem Affekt heraus losgelaufen. Ich hatte nicht hingesehen, aber alle um mich rum haben gejubelt und sind losgelaufen. Aber da war ja nichts...“, musste auch Mo Wadhwa gestehen, dass er für Bruchteile von Sekunden dachte, sein Team hätte sich in dieser fünften Minute der Nachspielzeit tatsächlich noch einen Punkt erkämpft. „Über ein Unentschieden hätte sich keiner beschweren können. So ist Oststeinbek der glücklich Sieger. Das ist okay. Ich kann der Mannschaft nicht böse sein, sie hat in der zweiten Halbzeit rausgeholt, was drin war. Wir haben ja auch nicht gegen irgendeinen Fallobst-Gegner gespielt“, konstatierte der Trainer des ASV nach der Niederlage des Tabellenzweiten beim Spitzenreiter und erklärte dann ziemlich offen: „Am Ende verlieren wir durch zwei Torwartfehler, die passieren können, bei denen es aber ärgerlich ist, dass sie in so einem Spiel passieren.“

Wadhwa: „Wir verlieren durch zwei Torwartfehler, die in so einem Spiel ärgerlich sind“

Kopfballduell vor vollen Rängen: Rund 300 Zuschauer sahen das Spitzenspiel am Meessen. Foto: Winter

Und damit gleich zu den aus ASV-Sicht entscheidenden Szenen: Beim 1:0 für den OSV konnte Keeper Shahin Ahmadi einen von Youssef Sbou nach einem Foul an Nicklas Frers aufs Tor gebrachten Freistoß nur nach vorne abklatschen. Dort stand mit Patryk Marg ausgerechnet ein Oststeinbeker und ließ sich nicht zwei Mal bitten, die Kugel zur Führung für die Hausherren über die Linie zu schieben (73.). Nur drei Minuten später legte der OSV nach: Youness Sbou feuerte das Spielgerät aus gut und gerne 25 Metern Richtung ASV-Gehäuse, der Ball wurde noch abgefälscht und schlug dann hinter Ahmadi (Wadhwa: „Er stand zu weit vorm Tor“) zum 2:0 für die Equipe von Simon Gottschling ein (76.). Die Gäste konnten dem nur noch den Anschlusstreffer durch Serhat Cayir entgegensetzen, der sich nach einem Foul in der Box von Marg an Timo Aschebrenner im Anschluss an den Elfmeterpfiff von Referee Seeliger den Ball schnappte und Joost bezwang (79.).

„Wir haben gewonnen, wischen uns den Mund ab und haben nun den Puffer, den wir brauchten“, bilanzierte Gottschling nach dem Abpfiff mit Blick auf die Tatsache, dass der OSV seinen Vorsprung auf den ASV von einem auf nun vier Zähler ausbauen konnte. Aber: „Wir waren in der ersten Halbzeit nicht da. Wir haben in den letzten zwei Wochen eine kleinen Bruch drin. Woran das liegt, weiß ich nicht. Zufrieden bin ich nicht“, sagte Gotschling und ging in die Analyse: „Die Laufbereitschaft war nicht gut, wir haben abgewartet und waren oft zu spät. Zudem haben wir nicht gut gegen den Ball verteidigt.“ Dennoch, so Oststeinbeks Coach weiter, „haben wir – und das zeichnet eine Spitzenmannschaft aus – drei Punkte gegen den Zweiten geholt. Genau das wollten wir. Die Jungs sind sich aber im Klaren, dass wir zuletzt nicht richtig in der Spur waren – das ist das Gute.“

Unzufrieden, aber erfolgreich – Gottschling: „Das zeichnet eine Spitzenmannschaft aus“

Unter Druck gesetzt; ASV-Akteur Mike Appiah (li.) wird bei der Ballannahme gestört. Foto: Winter

Das aber hielt Gottschling nicht ab, optimistisch nach vorne zu sehen. „Jetzt geht es erst richtig los. Wir werden nochmal einen Gang zulegen und werden richtig Gas geben, damit der nächste Schritt kommt. Nächstes Wochenende spielen wir gegen den ASV Bergedorf 85, der ASV Hamburg muss gegen Ahrensburg ran. Die nehmen sich selbst die Punkte weg, Wir haben es in der eigenen Hand, unseren Weg zu gehen“, befand Gottschling und fügte kritisch hinzu: „Die Mannschaft wirkte anfangs etwas gehemmt, vielleicht aufgrund der Vorkommnisse in der Vergangenheit. Das ist eine Truppe mit Mentalität, die über die aggressive Spielweise kommt. Man darf nicht vergessen: Uns haben mit Marcel Meyer (Urlaub, Anm. d. Red.), Deniz Herber (beruflich, Anm. d. Red.) und Adrian Voigt drei Spieler gefehlt, von denen zwei brutale Mentalität haben und gesetzte Hochkaräter in unserer Mannschaft sind. Leute, die Gas geben“

Auf der anderen Seite adelte Mo Wadhwa das Spiel. „Aus meiner Sicht war das taktisch hochklassig. Ich habe schon Spiele in der Ober- und Landesliga gesehen, die von der taktischen Prägung her nicht so gut waren, wie dieses Bezirksliga-Spiel. Beide Mannschaften hatten Respekt voreinander, das hat man gesehen. Aus meiner Sicht war es definitiv ein gutes Match, das auch für die Öffentlichkeit gezeigt hat: Die beiden Teams können Fußball und nicht nur das andere. Das war in dieser Hinsicht eine Bewerbung von beiden Mannschaften. Emotionen gehören zum Fußball, wenn die nicht erlaubt sind, sind wir in der falschen Sportart. Aber heute war es sehr fair“, resümierte der ASV-Coach mit Blick auf die Streitigkeiten beim und nach dem ODDSET-Pokalspiel vor wenigen Wochen. „Für uns war das in der Spielvorbereitung kein Thema mehr. Was sollte da kommen? Von unserer Seite nichts. Und auch der ASV war heute ruhig. Das ganze Ding interessiert mich auch gar nicht mehr“, fand Gottschling das Schlusswort in dieser Angelegenheit.

Jan Knötzsch 

Mehr zum Thema

Wettbewerbe