Bezirksliga Ost

Rogowski holt Rönnau und schwärmt von der „Wohlfühloase Wentorf“

21. März 2020, 13:37 Uhr

Darf sich über einen Neuzugang aus der Landesliga freuen: Wentorfs Coach Slavec Rogowski. Foto: Bode

Gespräche mit Slavec Rogowski sind unterhaltsam. Unterhaltsam und informativ. Der Coach des SC Wentorf ist nicht nur vor der Kamera – er hat unlängst als eigene Idee den „Realtalk“, eine YouTube-Gesprächsreihe mit Protagonisten aus dem Osten des Hamburger Amateurfußballs, ins Leben gerufen – sondern auch abseits einer, der gerne über Fußball redet. Am liebsten natürlich über seinen eigenen Verein, den SCW. Genau das haben wir mit ihm getan – und dabei hat uns Rogowski nicht nur verraten, dass er einen Neuzugang aus der Landesliga Hansa für die nächste Sason perfekt gemacht hat...

„Ich glaube, ich verfolge ihn und seine Entwicklung jetzt, seit er zwölf Jahre alt ist“, sagt der Wentorf-Coach zu Beginn der Unterhaltung, in er er direkt „Butter bei die Fische“ gibt, wie man so schön sagt. Und das heißt in diesem Fall: Justin Rönnau, derzeit noch im Kader des SV Nettelnburg-Allermöhe wechselt zur kommenden Saison zum SCW. „Wir setzen auf junge Spieler – am liebsten aus unserer eigenen Jugend und aus der Region“, freut sich Rogowski, mit diesem Konzept wieder einmal richtig gefahren zu sein und erklärt den Transfer wie folgt: „Manchmal sieht man in einem Spiele etwas, das andere vielleicht so nicht sehen. Das heißt nicht, dass man beim SVNA nicht gesehen hat, was Justin kann. Aber dort hat er einfach eine unglückliche Saison gehabt: Er war öfter angeschlagen und verletzt, der Trainer hat vielleicht aufgrund der tabellarischen Situation mehr auf erfahrene Spieler gesetzt. Ich glaube, der Junge hat unglaubliches Potenzial. Er hat nicht umsonst in der A- und B-Jugend-Regionalliga gespielt.“

„Ich hatte mir eigentlich gar keine Chancen ausgerechnet, dass wir Justin bekommen“

Justin Rönnau (re.) wechselt im Sommer vom SVNA zum SCW. Foto: Bode

So weit, so gut. Aber wie überzeugt man einen Youngster, eine Klasse tiefer zu gehen? „Justins jüngerer Buder spielt bei uns in der B-Jugend. Ich habe ihm gesagt: Wie geil wäre das, wenn irgendwann in Wentorf in der Liga-Mannschaft mal die Rönnau-Brüder zusammen auflaufen? Vielleicht hat das ein bisschen geholfen“, sagt Rogowski und geht dann doch mehr ins Detail: „Wir können keinen mit Geld locken. Was wir allerdings sagen können: Wenn jemand zu uns kommt, dann haben wir keinen aufgeblähten 28-Mann-Kader, sondern wir planen immer mit 20 bis 22 Spielern, die mit den gleichen Chancen ins Rennen gehen und ihre Spielzeit im Laufe einer Saison auch bekommen. Da passt Justin gut rein. Es ist nicht so, dass wir ihn als Königstransfer bezeichnen oder er sich so sieht. Bei uns lebt das Ganze von der Freundschaft untereinander. Justin selbst hat in den Geprächen gesagt, dass ihn dieses spannende Projekt und unser attraktiver Fußball reizen.“ Und ähnlich sieht auch der Coach selbst das Ganze: „Mir gefällt dieser Begriff des Projekts. Wir sind immer noch in einem Prozess“, konstatiert Rogowski und gibt zu, dass der SC Wentorf ja noch ein weiteres Pfund hat, mit dem er in Gesprächen wuchern kann: „Wir haben hier eine unglaublich geile Sportanlage mit allem, was dazugehört. Und hier zählt vor allem die menschliche Atmosphäre.“

Und die soll ein Baustein sein, dass es dem SCW nicht so ergeht, wie vor Jahren. „Wir hatten hier ja schonmal so eine Odyssee mit der Verbandsliga, als Jimmy Hartwig und Peter Nogly hier spielten“, sagt der aktuelle Übungsleiter. Irgendwann war diese Herrlichkeit vorbei. „Wir sind ein gefestigter, aber auch selbstbewusster Verein“, verrät Rogowski, der beim SCW irgendwie so etwas ist, wie das „Mädchen für alles“: „Ich habe vor zwölf Jahren in der Jugend als Trainer begonnen, habe in der D- und C-Jugend auch mal die Mädchen trainiert, ich war Jugendleiter und Schiedsrichter-Obmann. Ich bin mir für nichts zu schade“, lacht der 38-Jährige und will damit verdeutlichen, was in Wentorf eine große Rolle spielt: „Zeit, Geduld und Leidenschaft. Die Ehrlichkeit, die Menschen und dieses Projekt haben mich gepackt.“ Etwas, das Rogowski so auch vorlebt und weitergibt: „Es sind die kleinen Dinge, die glücklich machen – nicht das dicke Auto vor der Tür oder das Entgelt, dass man fürs Fußballspielen irgendwo bekommt. Die Jungs haben hier in Wentorf eine Wohlfühloase. Ich bin ganz ehrlich: Ich glaube, dass wir Justin Rönnau auch damit überzeugt haben. Ich hatte mir eigentlich gar keine Chancen ausgerechnet, das wir ihn bekommen und dachte mir: Jemand wie er wird andere Angebote haben und gar nicht zu uns nach Wentorf in die Bezirksliga kommen. Warum sollte er das tun?“

„Mauersberger ist nicht nur Spieler und Kapitän, er wird auch als ein Vorbild wahrgenomen“

Führungsspieler, Kapitän und Vorbild: Wentorfs Offensivmann Marc Mauersberger. Foto: Bode

Nun aber tut er es doch. So, wie es auch ein anderer Kicker mal getan hat. Die Rede ist von Marc Mauersberger, dem großgewachsenen Stürmer des SCW. Der 30-Jährig ist so etwas wie der kleine Star der Mannschaft, in der es eigentlich gar keine Stars gibt – weil ja die Freundschaft, die Bedingungen und die mannshaftliche Geschlossenheit die Erfolgsfaktoren sind. Wegzudiskutieren aber ist die Bedeutung von „Maui“, wie der Offensivmann genannt wird, nicht. „Ich kenne keinen Verein aus der Umgebung, der nicht zumindest mal locker angefragt hat“, sagt Rogowski mit Blick auf seinen Führungsspieler, der in seiner Karriere in jungen Jahren das Trikot von Hansa Rostock trug. „Zu ihm schauen die Jungs auf. Er ist nicht nur ein Spieler und der Kapitän, sondern wird von den anderen auch als ein Vorbild wahrgenommen“, konstatiert Rogowski und erzählt in diesem Zusammenhang gern die Geschichte, wie „Maui“ einst in Wentorf zusagte: „In meinem Telefonat mit ihm hat er mich gefragt, was es hier an Kohle gibt. Nachdem ich ihm gesagt habe, dass es nichts gibt, hat er gefragt, wo ich gerade bin. Ich war am Platz. Er meinte, ervwürde jetzt vorbeikommen. Als er dann zugesagt hatte, habe ich ihn gefragt, welche Nummer er denn gerne haben will. Seine Antwort war die, dass er die Nummer nimmt, die frei ist. Ich hab ihm dann gesagt: Hier ist das Trikot mit der Nummer 26 in Größe L – das ist jetzt deins.“

Eine Anekdote, wie sie zur „Wohlfühloase Wentorf“ und dem menschlichen Apsekt, den Rogowski so gern betont, besser kaum passen könnte. Aber würde so eine Truppe – derzeit Vierter in der Bezirksliga Ost – im Ausftiegsfall überhaupt in die Landelsiga passen und dort auf lange Sicht überleben? „Man müsste sich fragen: Welchen Mehrwert hat die Landesliga für Wentorf? Man darf den sportlichen Gedanken natürlich nicht außer Acht lassen. Wenn wir es könnten, dann würden wir es versuchen – aber da ist dann die Frage: Mit welchen Mitteln? Man muss immer den Vergleich zum Breitensport ziehen: Wir sind nur eine kleine Glühlampe in einem großen Verein, in der wir in der Leichtathletik zum Beispiel Deutsche Meister haben“, sagt der Coach, für den aber am Ende – wie sollte es auch anders sein – nicht die Ligazugehörigkeit im Mittelpunkt steht, sondern etwas ganz anderes: „Wenn ich irgendwann nach meiner Zeit als Trainer mal mit den Jungs am Tresen sitze beim Bier, dann muss ich mich nicht darüber unterhalten, wie oft ich auf- oder abgestiegen bin oder in welcher Liga wir waren. Mir reicht es, wenn ich sagen kann: Wisst ihr noch, wie viel Spaß wir hatten? Wisst ihr noch, was für eine geile, eingeschworene Truppe wir waren?“, erklärt Rogowski, bei dem es „noch nie ein Straftraining gab. Die größte Strafe für die Jungs ist so oder so, wenn sie den Platz als Verlierer verlassen müssen...“

Jan Knötzsch