Polzins Kopf ist Bramfelds Glück: Derbysieg auf der Zielgeraden!

"Es war kein Feuerwerk, aber von Schönspielen kann man sich nichts kaufen"

13. August 2017, 22:00 Uhr

Der Bramfelder SV feiert den Last-Minute-Derbysieg - und der ehemalige Condoraner Lars Lüdemann heizt die "Partymeute" ein.

Florian Neumann ballte die Fäuste. Nicht vor Wut oder gar Ärger, sondern aus purer Freude. „Derbysieger! Derbysieger“, schrie er über den halben Platz und ließ seinen Emotionen freien Lauf. Sicherlich auch, weil die Vorzeichen nicht unbedingt die besten waren. Denn mit Lüdemann, Bahn, Schwarck, Ljubisavljevic, Müller oder auch Sumic fehlte dem Dompteur des Bramfelder SV gleich ein Sextett an Leistungsträgern „wegen Verletzung, Krankheit, Arbeit, Urlaub oder Sperre“. Der zweite und viel wesentlichere Grund für den Gefühlsausbruch Neumanns dürfte aber der Zeitpunkt gewesen sein, indem der Siegtreffer fiel. Denn mitten in die allerletzte Minute hinein schraubte sich Robin Polzin quer in die Luft und hob ab – auch der Ball tat dies und schlug im „Raubvögel“-Nest ein.

Kaum hatte Schiedsrichter Dominik Kopmann seine Pfeife in den Mund genommen, da platzte es aus Kevin Weber heraus. Der Defensivakteur des SC Condor II beschwerte sich lautstark über die seiner Meinung nach zu geringe Nachspielzeit. „Das ist so schlecht! In England hätte es fünf Minuten gegeben“, echauffierte er sich, als der Unparteiische nach fast zwei Minuten obendrauf abpfiff. Auch SCC II-Torschütze vom Dienst, Dennis Facklam, machte den Referee für die Niederlage verantwortlich. Zwar verlor Kopmann – nach guter erster Halbzeit – seine Linie im zweiten Durchgang ein Stück weit, aber dies als Entschuldigung zu nehmen, wäre dann doch viel zu einfach! Stattdessen sollte man die Schuld auch bei sich selbst suchen, wie es Trainer Robin Hüttig nach Schlusspfiff tat. „Wir waren heute einfach zu blöd“, erkannte er. „In der ersten Halbzeit hätten wir das Spiel nicht vorentscheiden können, sondern müssen!“

Nächste Facklam-Fackel und Geschenke auf beiden Seiten

Doch zunächst einmal hieß es: „Da is‘ er wieder!“ Gemeint ist damit Dennis Facklam, der die bis zu jenem Derby einzigen beiden Tore der Condoraner in der noch jungen Saison erzielte – und nun waren es sogar drei: Denn nach nicht einmal 120 Sekunden, als sich die Gäste-Defensive noch im absoluten Tiefschlaf befand, brachte Facklam seine „Raubvögelchen“ auf die Siegerstraße, als er einen Querpass von Tufan Asan in die Bramfelder Maschen „duselte“. In der Folge verpassten es die „Neumänner“ gleich zweimal, alles wieder auf Anfang zu stellen. Erst haute Robin Polzin nahezu im Gegenzug über den Ball (3.), dann beförderte Justin Sadownik die Kugel an den Innenpfosten (7.). Vorbereitet wurde die Chance von Denis Ismailovic. Beide spielten in der Vorsaison noch in der A-Verbandsliga des BSV. Doch dazu später mehr. Bramfeld kam tatsächlich zum 1:1 – wenn auch unter gütiger Mithilfe von Hausherren-Fänger Hannes Franck, der einen harmlos anmutenden Eckball von Christopher Skalnik ohne Bedrängnis fallen ließ, Christian Westphal bedankte sich artig (34.)!

Kommen wir aber mal zu dem zurück, was Robin Hüttig anfangs meinte: Die mangelnde Chancenverwertung seiner Equipe. Patrick Gordon war gleich zweimal auf und davon (20., 44.), zeigte sich im Abschluss aber ebenso schwach wie Simon Marklin (29.). Drei absolute Hochkaräter – alle leichtfertig vergeben. Und dennoch erwiesen sich die Schwarz-Weißen weiter als gastfreundlich. In einer Kontersituation behielt der sehr emsige Tufan Asan erneut die Übersicht und bediente den Halblinke freistehenden Kim Kubik, den offenbar kein Verteidiger auf dem Zettel hatte. Ob’s daran lag, dass der Linksfuß erst im vergangenen Winter von der Ellernreihe an den Berner Heerweg wechselte? Kubik ließ sich jedenfalls nicht zweimal bitten, schob eiskalt zum 2:1 ein und erzielte das erste Nicht-Facklam-Tor der Saison für die Schwarz-Gelben (67.)! „Wenn man die kurze Ecke so aufmacht, dann lädt man solch einen Spieler natürlich auch ein“, bemängelte Neumann in jener Situation auch das Torwartspiel von Dennis Schäfer, der an diesem Vormittag nicht immer eine glückliche Figur abgab.

"Jedes verlorene Derby tut weh"

Aber auch diese Führung hatte nicht lange Bestand. Um ganz genau zu sein: Keine 100 Sekunden darauf fand Patrick Lüth von links im Zentrum den dort einlaufenden Polzin, der postwendend auf 2:2 stellte (69.)! Es brach eine turbulente Schlussphase an, in der viel Hektik aufkam – und Bramfeld den Luckypunch setzte. Daran beteiligt: Sebastian Szega und Max Selch. Beide Namen dürften den eingefleischten Anhängern der Landesliga Hansa noch kein großer Begriff sein, was auch daran liegen mag, dass sowohl Szega als auch Selch – wie schon Sadownik und Ismailovic – ihre allererste Herrensaison bestreiten. Beide waren auch mehr oder minder die einzigen Wechseloptionen, die Neumann auf der Bank hatte. Denn neben den Youngstern saßen nur noch Ersatztorwart Steven Pagenkop, der sogar kurz vor seiner Einwechslung als Feldspieler stand, und Co-Trainer Mirko Schulz draußen. „Du willst immer die Besten spielen lassen, aber manchmal geht das eben nicht. Heute fehlten einige Spieler. Aber letztlich wollen die anderen Jungs auch alle Landesliga spielen – und dann musst du dich in so einem Spiel eben zeigen. Und das haben die Jungen heute gut gemacht“, erklärte Neumann hinterher.

Zurück zum Ende der Begegnung: Sebastian Szega startete noch in der eigenen Hälfte zu einem Spurt durch die Mitte und schien wohl selbst überrascht, wie wenig Gegenwehr sich ihm in den Weg stellte. Der Ball kam rechts zu Max Selch, der den Kopf kurz hochnahm und sah, wie Polzin den Ball vehement forderte und zeigte, wohin er ihn gerne gespielt haben möchte. Gesagt, getan. Selch flankte butterweich im hohen Bogen hinter die Kette auf den Kopf des von hinten startenden Polzin, der zum Flugkopfball ansetzte und formschön ins lange Toreck veredelte – 2:3 (89.)! „Ich habe noch dran geglaubt, weil wir nicht aufgehört haben, zu spielen“, gab Neumann zu Protokoll. „Das war eine super Flanke und ein richtig guter Laufweg von Robin“, freute sich der BSV-Coach über den Siegtreffer, auch wenn er bilanzierte: „Es war kein Feuerwerk, was wir hier abgebrannt haben. Aber letzte Woche waren wir klar besser, haben einige Hochkaräter liegen gelassen und am Ende stand es 0:1. Im Endeffekt kann man sich vom Schönspielen nichts kaufen! Es war nicht unser bestes Spiel, aber das interessiert schon bald keinen mehr.“

Robin Hüttig gestand derweil: „Jedes verlorene Derby tut weh. Aber es geht auch um die Art und Weise, wie das Spiel gelaufen ist – und da kann man nicht ganz zufrieden mit sein. Die Torausbeute stimmt nicht und die Gegentore fallen viel zu leicht – vor allem das letzte. Da haben wir Kollektiv geschlafen. Das war eine ganze Fehlerkette. Das ist es, was jetzt wehtut.“ 

Autor: Dennis Kormanjos