Nur Gebolze? „Mentalität, Charakter, Einstellung und Wille!“

Bramfeld verspielt 3:1-Führung, schafft aber gegen Altengamme den Luckypunch

21. April 2018, 01:56 Uhr

Drei Punkte im Sack, den zweiten Tabellenplatz verteidigt: Der Bramfelder SV ringt Altengamme mit 4:3 nieder. Foto: Holger Möller/BSV-Liga

Es war das Aufeinandertreffen zweier Teams, die um den Platz hinter dem schier übermächtigen Meiendorfer SV streiten. Ein Verfolgerduell, das beim Eintreffen einiger Eventualitäten noch zu einem vorentscheidenden und richtungsweisenden Spiel werden könnte. Zumindest aber war die Partie zwischen dem Bramfelder SV und dem SV Altengamme eine, in der es um den zweiten Rang und den Kampf um die Vize-Meisterschaft in der Hansa-Staffel ging. „Bis auf die Routine und Erfahrung hat Bramfeld nach meinem Dafür halten nichts als Vorteil gehabt. Im Zweifelsfall prügeln sie die Bälle nur nach vorne“, machte SVA-Coach Jörn Geffert keinen Hehl daraus, was er vom Fußball des Gegners hielt.

Die BSV-Führung: Robin Polzin (3. v. li.) steht da, wo ein Torjäger stehen muss. Leider ging es für ihn danach nicht weiter. Foto: Holger Möller/BSV-Liga

Gerade, als das Spiel zu kippen drohte, zeigte der Bramfelder SV, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Oder anders gesagt: „Wenn man sich dann so zusammenreißt, solch eine Mentalität zeigt und doch noch das 4:3 schießt, dann ist das eine Einstellungs- und Charaktersache – und zeigt vielleicht auch ein Stück weit die Willensstärke und die Fitness. Das zeichnet eine Top-Mannschaft aus“, befand Mirko Schulz, der zusammen mit Carsten Henning ein Trainerduo beim BSV bildet – und sprach damit auf besagte Situation in Minute 81 an. Dort nämlich spielte Marcel Schwarck den auf rechts startenden Marcel Perz frei. Dessen Querpass beförderte Youngster Nick Mohr im Pingpong-Stil mit Gäste-Keeper Alexander Golinske aus kurzer Entfernung zum viel umjubelten Siegtreffer in die Maschen! „Wir haben das gesamte Spiel bestimmt. Und im Endeffekt hat, aus unserer Sicht, die bessere Mannschaft gewonnen, weil wir die klareren Torchancen hatten – vor allem in der ersten Halbzeit, wo wir insgesamt sechs klare Gelegenheiten haben, aber nur drei Tore machen“, konstatierte derweil Carsten Henning.

Geffert: „Bitter, dass wir uns in der ersten Halbzeit so verpissen“

Altengamme-Coach Jörn Geffert (re.) reagierte noch in der ersten Halbzeit mit einem Doppelwechsel auf die Leistung seiner Elf. Foto: Holger Möller/BSV-Liga

Apropos erste Halbzeit: In der nämlich wirkten die Gäste vom Deich irgendwie abwesend. So sehr, dass ein völlig unzufriedener Jörn Geffert nach 38 Minuten bereits doppelt wechselte und Jonas Buck sowie Patrick Bierwagen für Philipp Zeyns und Tobias Czech brachte. „Bei allem Respekt vor Bramfeld, aber die sind natürlich eine Klasse schlechter als Meiendorf – und wir haben genau gewusst, wie sie spielen: nur mit langen Bällen. Von daher ist es natürlich bitter, dass wir uns in der ersten Halbzeit so verpissen – gegen eine Mannschaft, die in keiner Phase besser Fußball gespielt hat“, so Geffert, gegen dessen These zumindest die Vielzahl an hochkarätigen Bramfelder Chancen sprach. Binnen fünf Minuten bog der Tabellenzweite auf die Siegerstraße ab, weil erst ein Angeschlagener traf, dann dessen Ersatz mit dem ersten Ballkontakt das 2:0 einleitete. Präziser gesagt: Erst staubte Robin Polzin ab, nachdem Patrick Lüth noch an Golinske scheiterte (27.). Dann musste der Torschütze mit einer Oberschenkelzerrung vorzeitig raus – doch sein Ersatz, Marcel Perz, war sofort hellwach. Sein Schuss konnte zwar noch geblockt werden, aber lediglich vor die Füße von Milos Ljubisavljevic, der erhöhte (32.)!

Henning: „Eine kurze Schwächephase, in der wir uns überrumpeln lassen“

Christopher Skalnik bejubelt mit Milos Ljubisavljevic (Nr. 30) seinen Freistoßtreffer zum 3:1. Foto: Holger Möller/BSV-Liga

Mehr oder minder aus dem Nichts verkürzte Altengamme nach einem unglücklichen Foulspiel von Christopher Skalnik gegen Timo Ludwig, als Sandro Schraub den fälligen Strafstoß mit etwas Glück, Marcel Reimers war noch dran, verwandelte (35.). Doch Skalnik machte seinen Fauxpas sofort wieder gut. Auf der Gegenseite wurde sein 22-Meter-Freistoß aus halbrechter Position so entscheidend abgefälscht, dass der Ball gegen die Laufrichtung von Golinske im linken Toreck einschlug – 3:1 (43.)! Aber dann: „Nach der Halbzeit hatten wir eine 15-minütige Schwächephase, wo wir uns einfach überrumpeln lassen haben“, so Henning, der zunächst mit ansehen musste, wie erneut Schraub – diesmal nach Querpass von Philip Alpen – aus 14 Metern zum 2:3 einschoss (51.), ehe Lars Lüdemann nach Schraub-Hereingabe von links über den Ball drosch, sodass Timo Ludwig keine Mühe mehr hatte, auf 3:3 zu stellen (57.)! „Sowohl das erste als auch das dritte Gegentor sind Geschenke von uns“, erkannte Henning, der unmittelbar vor dem Ausgleichstreffer eigentlich schon das 4:2 hätte bejubeln können. Doch Lüth schaffte es nicht, Golinske nach einem Perz-Schuss aus gefühlten 30 Zentimetern zu überwinden (56.). Trotz dessen „haben wir weiter gut dagegengehalten und am Ende nochmal den Luckypunch gesetzt. Das zeigt natürlich auch die Moral der Mannschaft“, so Henning, der neun Zeigerumdrehungen vor Ultimo den finalen Punch erlebte. „Ich dachte, wir sind dem 4:3 näher“, hatte Geffert das Momentum kippen sehen.

Schulz: „Wir wussten, dass Altengamme hoch anläuft - deshalb war es der Plan“

Nick Mohr (li.) avancierte mit seinem Tor zum 4:3 zum Matchwinner und zeigte auch ansonsten eine gute Vorstellung. Foto: Holger Möller/BSV-Liga

„Dersim haben wir richtig auseinander gelegt. Das hatte ich heute auch gehofft – mit etwas mehr besonnenem Fußball und ein bisschen mehr Souveränität. Aber beides war in der ersten Halbzeit komplett nicht da“, analysierte Geffert. „Uns hat auch die ganz große Kreativität im letzten Drittel gefehlt. Aber der Gegner ist auch dafür bekannt, unfassbar kompakt zu stehen. Auf sieben, acht Positionen sind das Monster. Das machen sie auch wirklich gut. Und im Zweifelsfall prügeln sie die Bälle einfach raus. Es ist nur dieses Gebolze, aber sie sind halt unheimlich robust.“ Dem entgegnete Schulz: „Wir wussten, dass Altengamme hoch anlaufen wird. Deshalb war es der Plan, mit Pässen durch die Schnittstellen und Abnehmer zwischen den Linien den Verbund auszureißen. In Stressmomenten auch mit Diagonalbällen.“ Ein Plan, der voll aufging. Während Geffert bei seinem Team auch ein Stück weit die Naivität und fehlende Reife als Kriterium ausmachte: „Das kann man ihnen auch gar nicht vorwerfen. Ich hab jede Woche so viele junge Leute auf dem Platz und die machen das schon ziemlich großartig. In der zweiten Halbzeit war's anständig, eine Reaktion auf die erste. Aber naiv trifft es ganz gut. Denn hier musst du zumindest einen Punkt mitnehmen.“ Stattdessen behielt der BSV die drei Zähler an der heimischen Ellernreihe und verteidigte den zweiten Platz. „Bis jetzt haben wir ihn noch nicht. Es hat uns die ganze Zeit nicht interessiert, weil wir über zehn Punkte Rückstand hatten. Und genau so werden wir auch weiterhin jedes Spiel angehen“, konterte Henning und fügte an: „Wir wollen jedes Spiel in der Rückrunde gewinnen und dann gucken wir, was am Ende dabei herauskommt.“ Aber wenn man weiter solch eine „Mentalität, Charakter-, Einstellungs- und Willensstärke“ an den Tag legt, „dann steht man vielleicht auch nicht ganz unverdient als Zweiter da“, erklärte Schulz abschließend. 

Autor: Dennis Kormanjos