Testspiel

Norderstedt „nur“ 3:3 gegen Heide: Koch kocht – vor Wut!

13. Juni 2021, 18:09 Uhr

Youngster Batuhan Evren (li.) erzielte unmittelbar nach der Pause das zwischenzeitliche 2:2 für die Eintracht aus Norderstedt. Foto: KBS-Picture.de

Und plötzlich wurde es laut. Sehr laut sogar. Als Schiedsrichter Adrian Höhns (TuS Dassendorf) seine Pfeife pünktlich betätigte, machte sich Reenald Koch schnurstracks und mit gehobenem Schritttempo auf den Weg in die Mitte des Platzes im Edmund-Plambeck-Stadion, wo sich seine Mannschaft soeben versammelt hatte. Auf einmal platzte es aus dem Präsidenten des FC Eintracht Norderstedt heraus. Koch ließ ein regelrechtes „Donnerwetter“ folgen, stampfte seine Mannen lautstark zusammen und marschierte wieder von dannen. Nicht nur die Zuschauer trauten ihren Augen und vor allem ihren Ohren kaum. Nach seinem verbalen Feuerwerk verschwand Koch im Kabinentrakt. Den anwesenden Pressevertretern wollte er nichts zu seinem „Ausbruch“ sagen…

im Teamkreis nach dem Spiel platzten bei Eintracht-Präsident Reenald Koch alle Dämme. Foto: KBS-Picture.de

„Der Präsident hat das Recht, sich Dinge rauszunehmen, die er meint, sich rausnehmen zu müssen“, gab sich Eintracht-Coach Jens Martens diplomatisch. „Wir haben die sportliche Seite zu vertreten und wir analysieren das mit der Mannschaft ganz deutlich“, führte er fort. Stürmer Jan Lüneburg, der die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führte (HIER gibt's alle Highlights im LIVE-Ticker), sprang in eine ganz ähnliche Kerbe: „Der Präsident darf sich das natürlich rausnehmen, unzufrieden zu sein und das auch mitzuteilen. Das ist legitim.“ Weiter erklärte er in Bezug Kochs Wutrede: „Ein Präsident sieht natürlich immer das Wohl des Vereins an erster Stelle. Er hat das Recht dazu, zu sagen, was ihm nicht gepasst hat. Das hat er gemacht. Und am Ende des Tages wissen wir Spieler und auch die verantwortlichen Trainer das einzuordnen.“ Zumindest die Art und Weise sorgte im Nachgang aber noch für Gesprächsstoff. Hätte man das nicht lieber hinter verschlossenen Türen in der Kabine machen sollen? War die deutliche Kritik Kochs nach achtmonatiger Wettkampfpause in der Form angebracht? „Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich lege da keine große Gewichtung rein. Natürlich in das, was er sagt, aber nicht, dass er das hier draußen gemacht hat“, entgegnete „Lüne“.

Kapitale Slapstick-Böcke führen zu Gegentoren

Eintracht- Torjäger Jan Lüneburg (Mi.) wollte die Kritik seines Präsidenten nicht zu hoch hängen. Foto: KBS-Picture.de

Vor allem aufgrund der Tatsache, dass es für die Eintracht – vor dem DFB-Pokal-Ausscheidungsspiel gegen Teutonia 05 am 26. Juni – das allererste Testspiel nach so langer Corona-Pause war, überraschte Kochs Aufruhr doch sehr. Schließlich ging die Eintracht gegen Liga-Konkurrent Heider SV nicht unter – trotz personeller Experimente. Im Gegenteil. Quasi mit dem Schlusspfiff musste man den 3:3-Ausgleich durch Oke Paulsen hinnehmen (89.). „Da muss einer das Kommando übernehmen, dann ist der Ball im Seitenaus – und fertig“, ärgerte sich Martens über das Zustandekommen. Gleiches galt für die beiden vorigen Gegentore: Vor dem 0:1 durch Ex-AFC-Angreifer Alexander Vojtenko spielte der 17-jährige Benjamin Dreca einen kapitalen Fehlpass (6.). Und beim 1:2 fälschte der 19-jährige Lesley Karschau einen Passversuch von Vagner Canjura Vieira Cassama so unglücklich ab, dass sich der Ball aus gut und gerne 40 Metern über Lars Huxsohl hinweg in die Maschen senkte (45.).

Youngster Evren und Saad überzeugen

Kangmin Choi (re.) hatte einige starke Aktionen im ersten Durchgang - und erzielte das 1:1 für die Garstedter. Foto: KBS-Picture.de

„Wenn ich die Gegentore sehe, dann stehen mir natürlich auch die Haare zu Berge“, so Martens. „Aber dafür setzen wir die jungen Leute auch ein. Aus diesen Fehlern müssen sie lernen. Und wenn wir uns dazu entschließen, diesen Weg zu gehen, dann ist das ein ganz klarer Wink. Dann muss man den Jungs auch zugestehen, dass solche Sachen passieren“, nahm er seine Youngster in Schutz. Und zumindest zwei der Jungspunde sorgten nach der Pause auch für Furore. Nachdem der im ersten Abschnitt starke Kangmin Choi einen Bock von Heide-Fänger Pachulski clever und eiskalt per Schlenzer zum zwischenzeitlichen 1:1 nutzte (36.), waren es nach Wiederanpfiff Batuhan Evren und Elias Saad, die ihre Duftmarken hinterließen.

"Man darf das nicht unterschätzen: Es waren acht Monate ohne Spiel"

Bis auf seinen Bock vor dem 0:1 feierte der erst 17-jährige Benjamin Dreca (re.) ein solides Debüt für die Eintracht. Foto: KBS-Picture.de

Erstgenannter, aus der eigenen A-Jugend hochgezogen, vollendete nach sieben Wechseln in der Pause eine tolle Stafette über Rico Bork und Johann von Knebel zum 2:2-Ausgleich (48.). Dann servierte Evren dem aus Barmbek gekommenen Saad den Führungstreffer auf dem Silbertablett. Der 21-Jährige bat seine Heider Gegenspieler zum Tänzchen und, demonstrierte seine ganze Klasse und finalisierte formschön (74.). Für einen ersten Aufgalopp nach so langer Auszeit doch ein durchaus passabler und annehmbarer Auftritt – trotz des späten Gegentores zum 3:3-Endstand. Oder etwa nicht? „Ein 3:3 ist fürs erste Spiel nicht so verkehrt, aber die Leistung hätte natürlich besser sein können. Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass das letzte Spiel jetzt acht Monate zurück liegt und wir mit zwei unterschiedlichen Mannschaften gespielt haben“, erinnerte auch Lüneburg an den Kaltstart. „Man darf das nicht unterschätzen, es waren acht Monate. So eine Spielbelastung ist etwas komplett anderes als Training oder irgendwelche Läufe. Es war sicher nicht das Gelbe vom Ei und es geht besser, aber man darf es auch nicht zu hoch hängen.“

"Wir sind mit der Leistung auch nicht zufrieden"

Im Nachschuss gelingt Oke Paulsen (li.) in der Schlussminute der 3:3-Ausgleich für den Heider SV. Foto: KBS-Picture.de

Das sah Reenald Koch offenbar ganz anders. „Er war mit der Leistung der Mannschaft nicht zufrieden. Und das kann ich nachvollziehen - denn damit sind wir auch nicht zufrieden“, resümierte Martens. „Wir haben kein gutes Spiel gemacht“, ehe er erläuterte: „Wir hätten insofern etwas mehr erwartet, weil die Mannschaft, die – bis auf ein paar junge Spieler schon länger zusammen ist – gewisse taktische Dinge können muss, diese aber nicht gut umgesetzt hat.“ Weiter befand der Eintracht-Coach: „In einzelnen Szenen war spielerisch schon ein bisschen was zu sehen. Aber wir haben natürlich zu viele Fehler gemacht. Wir können allerdings auch noch keine Abstimmung haben, weil es heute ein bunter Mix war. In jeder Halbzeit waren zwei, drei ganz junge Spieler auf dem Platz. Insofern ist die Einordnung eine etwas andere.“ Und Sorgen macht sich der Übungsleiter vor dem Pokal-Duell mit Teutonia 05 auch nicht: „Dann werden wir auch sicher nicht mit der Mannschaft aus der ersten und/oder der aus der zweiten Halbzeit auflaufen“, wird sein Team ein ganz anderes Gesicht zeigen. Eines, das dann auch den Präsidenten zufriedenstellen soll...

Autor: Dennis Kormanjos