Natusch: „Die Bande vom Reinmüller lebt!“

HEBC-Urgestein im „None-Phrasen-Interview“

21. Dezember 2018, 10:00 Uhr

Ole Natusch spielte bereits in der Jugend für den HEBC und kehrte im Jahr 2014 - nach sieben Jahren beim Niendorfer TSV - an den Reinmüller zurück. Foto: KBS-Picture.de

Mit Stefan Hermes (31 Tore), Maximilian Priebe, Janosch Rinckens (beide je 19), Jan Geist und Juro Julardzija (je 15) standen dem HEBC nahezu in der gesamten Hinrunde die fünf besten Torschützen der Aufstiegssaison aus unterschiedlichsten Gründen nicht zur Verfügung. Ob nun aufgrund des Karriereendes, eines Vereinswechsels oder studienbedingt – die Eimsbütteler waren zum Improvisieren gezwungen. Und das auch noch mit neuem Chefcoach – nachdem Aufstiegstrainer Marco Fagin kurz vor dem Vorbereitungsbeginn nicht mehr mit an Bord war. Es folgte unter Jörn Großkopf eine erste Saisonhälfte voller Höhen und Tiefen. Wir haben mit Routinier Ole Natusch darüber gesprochen. Das 34-jährige Vereins-Urgestein stand uns Rede und Antwort – ganz ohne Phrasen, dafür im typischen „HEBC-Style“…

FussiFreunde: Aufstieg, plötzlicher Trainerwechsel, unzählige Verletzte – und trotzdem über dem Strich: Wie fällt dein generelles Hinrunden-Fazit aus?

Ole Natusch: „Es ist viel passiert in diesem Jahr. Die überragenden vier Jahre mit Marco Fagin, in denen wir ohne irgendwelche Investoren oder großen finanziellen Aufwand von der Bezirksliga bis in die Oberliga aufgestiegen sind, gingen zu Ende und das Comeback in Hamburgs höchster Klasse wurde mit Jörn Großkopf, Christian Wriedt und Stefan Knauß in Angriff genommen. Dass Stefan Knauß bereits die Jahre zuvor an Bord war und der Rest des Trainer- und Führungsstabs aus alten ‚HEBCern‘ besteht, war von großer Bedeutung für das Team. So gab es keine großartige Neuausrichtung und wir haben es trotz aller Widrigkeiten geschafft, irgendwie 22 Punkte zu holen – darauf sind wir stolz. Ebenso wichtig für das Fazit ist allerdings die Stimmung im Verein und in der Kabine – die ist weiterhin super und es sind schon knapp 30 Flugbuchungen für die Abschlussreise zu verzeichnen. Die Bande vom Reinmüller lebt!“

Ihr musstet nahezu die gesamte Hinrunde – aus unterschiedlichsten Gründen – auf eure fünf besten Torschützen aus der Aufstiegs-Saison verzichten. Wie ist es euch gelungen, das zu kompensieren?

Mit seinen Toren und seiner Erfahrung trug Natusch (Mi.) einen wesentlichen Teil zum Oberliga-Aufstieg bei. Foto: KBS-Picture.de

Natusch: „Mussten wir das? Tatsache, da haben über 100 Tore gefehlt – verrückt! Da wurde ehrlich gesagt nicht so viel drüber gesprochen und es haben halt mal andere Jungs aufs Tor geschossen. ‚Ghostis‘ (Jan Geist; Anm. d. Red.) Verletzung war natürlich sehr traurig und da sind auch einige Tränen im Mannschaftskreis geflossen. Stefan Hermes musste zudem aufhören, damit er die Preise in den anderen Oberligavereinen nicht versaut. Einen Torschützenkönig mit über 30 Buden, der nicht mal die 10 Euro Punktprämie angenommen hat, mussten wir einfach in Rente schicken (lacht).“

Dennoch: Es wurden einige Highlights – wie gegen Teutonia, Niendorf oder auch Sasel – gesetzt, gab dann aber auch ein paar Rückschläge – zum Beispiel die Niederlage gegen Pinneberg. Wie erklärst du dir diese teilweise enormen Leistungs-Schwankungen?

Natusch: „Wir haben über 30 Spieler im Kader und mussten uns trotzdem vereinzelt Spieler aus der Zweiten und der Alten Herren leihen. Verletzungen, berufliche Verpflichtungen, längere Reisen – es ist und bleibt halt Amateurfußball und da kommen schon mal seltsame Ergebnisse zustande. Die Neuzugänge beginnen zudem erst nach einer gewissen Anzahl an Kabinenbieren den ‚Reinmüller-Mythos‘ aufzusaugen. Im Zuge dieser Entwicklung konnten wir die letzten vier Heimspiele bereits siegreich gestalten, planen aber trotzdem die eine oder andere unerwartete Wendung im neuen Jahr mit ein. Sonst wird es ja langweilig und das würde nicht zu uns passen.“

Nun hat Janosch Rinckens in den letzten Spielen nach seiner Rückkehr bereits auf sich aufmerksam gemacht, auch Max Priebe oder Kjell Brumshagen kehren wohl nach der Winterpause zurück. Bedeutet das, dass der Abstiegskampf zu den Akten gelegt werden kann?

In dieser Saison traf der Routinier in bisher neun Einsätzen einmal ins Schwarze. Foto: KBS-Picture.de

Natusch: „Das ist absolut richtig! Oder ist das eine dieser Fangfragen, für die man einen Medienberater braucht (lacht)? Fraglich ist, wie fit die Rückkehrer psychisch sind. Kjell musste in Berlin für Hertha BSC schuften, Max Priebe hat einige anstrengende Brustvergrößerungs-OPs hinter sich und ‚Joschis‘ Körper kann jederzeit implodieren. Wenn alles gut gehen sollte, dürften wir den HEBC-Ansprüchen aber gerecht werden und die Liga von nun an im Schongang beherrschen (lacht). Zumindest verbal und in der Kabine befinden wir uns auf einem schwer zu erreichenden Niveau...“

Wie lange werden wir denn Ole Natusch noch die Oberliga aufmischen sehen – oder anders gefragt: Bleibst du dem HEBC auch über die Saison hinaus als Aktiver erhalten?

Natusch: „Die Liga aufgemischt habe ich, wenn überhaupt, vielleicht vor 15 Jahren. Irgendwie mithalten, ohne dass der sich wandelnde Körper zu viel abbekommt, lautet mittlerweile die Devise. Vor der Saison dachte ich, dass dieses 17. Herrenjahr auch mein letztes werden würde. Da ich aber kein Typ bin, der bequem aufhört, wenn es am schönsten ist, kann man es nie so genau wissen. Andererseits freue ich mich auch schon auf unser Alt-Herren-Team mit vielen alten lila-weißen Weggefährten und Gegenspielern, die man aus vergangenen Oberligazeiten kennt. Der Otto-Hacke- und der Heini-Jöns-Pokal stehen auf jeden Fall noch auf meiner sportlichen Zielliste.“

Autor: Dennis Kormanjos