Bezirksliga Ost

Nagel spricht Klartext: „Damit hätte man diese und die nächste Saison gleich mit vernichtet!“

13. Mai 2020, 16:27 Uhr

Ahrensburg-Coach Matthias Nagel plädiert für eine Weiterführung der Saison - oder im Falle eines Abbruchs für eine "Quotienten-Regelung mit Auf- und Absteigern". Foto: Bode

„Mit großer Enttäuschung“, so Matthias Nagel, „nehme ich zur Kenntnis, dass sich mittlerweile eine Vielzahl der Vereine für einen Abbruch der Saison ausspricht“. Anschließend stellte der Trainer des Ahrensburger TSV, mit 14 Punkten Vorsprung auf den „ärgsten“ Widersacher MSV Hamburg unangefochtener Spitzenreiter der Bezirksliga Ost und heißer Aufstiegsaspirant, zwei Fragen in den Raum: „Sind wir den keine fairen Sportsmänner mehr? Finden wir Entscheidungen an grünen Tisch besser als auf dem grünen Rasen?“ Seit seiner öffentlichen Verlautbarung sind inzwischen gut zweieinhalb Wochen ins Land gegangen – aber: „An meiner Meinung hat sich nichts geändert“, stellt Nagel im Gespräch mit uns klar – und meint: „Das Weiterführen der Saison ist die beste und fairste Lösung.“

Mehrere Gründe führen dazu, dass der Coach der Stormarner eine klare Haltung zu diesem Thema habe und für eine Fortsetzung der Spielzeit plädiere – und das würde keineswegs an der Tabellenposition seines Ahrensburger TSV liegen, betont Nagel: „Das ist meine Meinung und die würde ich auch vertreten, wenn wir vom Abstieg bedroht wären oder es sportlich weniger gut gelaufen wäre“, spricht der 49-Jährige Klartext – und sieht allen voran den sportlichen Gesichtspunkt: „Es kann einfach nicht sein“, nennt Nagel ein Beispiel, „dass eine Mannschaft wie in Schleswig-Holstein mit minus sechs Punkten und minus 133 Toren (die SG Neustrand in der Landesliga Holstein; Anm. d. Red.) die Klasse hält. Es ist ja alles nett, aber irgendwo ist es auch ein sportlicher Wettkampf. Und dass sich dann auch noch der Sportliche Leiter hinstellt – und sagt, dass es die Mannschaft verdient hat, dann ist auch mal eine Grenze erreicht.“ Denn: In Schleswig-Holstein wurde bereits – im Gegensatz zu Hamburg – eine Entscheidung gefällt, die da lautet: Saison-Abbruch. In Sachen Aufstieg kommt die Quotienten-Regel zum Tragen, Absteiger gibt es keine.

Bei Abbruch-Szenario: "Quotienten-Regelung mit Auf- und Absteigern"

Auch der Verein wird im HFV-Votum pro Weiterführung entscheiden. Foto: Knötzsch

Zumindest in einem Punkt geht Nagel mit dem SH-Modell konform: „Wenn es zum Abbruch kommen sollte, wovon ich ausgehe, wäre ich für eine Quotienten-Regelung.“ Aber: „Mit Auf- und Absteigern!“ Denn: „Wenn gewertet wird, dann in beide Richtungen“, unterstreicht Nagel seine Ausführungen. „Man muss es in Kauf nehmen – denn man hätte nun mal sportlich etwas Grundlegendes falsch gemacht. Für manche Vereine wäre es auch besser, wenn sie – im übertragenen Sinne – nicht noch weiter ‚aufs Maul‘ kriegen würden, sondern eine Liga tiefer einen Neuaufbau starten könnten.“ Und weiter: „Es gibt Mannschaften, die nicht die Qualität haben, ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben oder einfach nicht performt haben – und die würden dafür belohnt werden, wenn es keine Absteiger geben würde. Dass die für einen Saison-Abbruch oder sogar eine Annullierung sind, ist klar! Während andere Teams, die viel Arbeit und Schweiß in ihre gute Saison investiert haben, bestraft werden würden“ Deshalb sei es auch „die sportlich gesehen fairste Variante, die Saison zu Ende zu spielen“, so Nagel, und „die mit Abstand unfairste, wenn die Saison tatsächlich sogar annulliert werden sollte“.

"Dann hätte man diese und die nächste Saison vernichtet"

Auch, weil es im Falle eines Abbruchs oder gar einer Annullierung ein weiteres ganz großes Problem geben würde: „Kein Mensch weiß doch, wie und wann es weitergeht – oder ob eventuell eine zweite Welle auf uns zukommt. Wenn dem so wäre, wovon ich ausgehe, und man sich jetzt dazu entscheidet, die Saison abzubrechen, hätte man nicht nur diese, sondern auch die nächste Saison gleich mit rasiert und vernichtet!“ Dass es bei einer Weiterführung der aktuellen Spielzeit – wann auch immer dies der Fall sein wird – ebenfalls einige offene Fragen gibt, wie zum Beispiel die, was mit Spielern passiert, deren Verträge zum 30.6. auslaufen, dessen ist sich auch Nagel bewusst: „Aber ich habe ja auch für eine Saison zugesagt und nicht für ein Jahr. Hinzu kommt, dass die meisten Vereine keine Verträge, sondern allenfalls Vereinbarungen machen. Und eine Planungssicherheit haben wir doch eh alle nicht. Keiner weiß heute, wann es mit dem Fußball wieder weitergeht. Verträge können aufgrund der aktuellen Situation sicherlich auch verlängert und Tranferperioden verschoben werden. Und wenn einzelne Spieler den Verein verlassen, dann ist es sicherlich bitter, aber studiums- oder arbeitsbedingte Ortswechsel gibt es auch immer während einer laufenden Saison.“ Auch das Thema Beitragszahlungen „dürfte in Corona-Zeiten kein Problem darstellen“, so Nagel.

ATSV votiert für Saison-Weiterführung

Trotz seiner klaren Haltung habe der Gesamtverein bei seiner Entscheidung zunächst eher in Richtung eines Saisonabbruchs tendiert. Nach eifrigen Diskussionen wurde die Meinung allerdings nochmal geändert: „Da man bei der Abstimmung des Hamburger Fußball-Verbandes nur zwischen einem Abbruch und dem Weiterspielen wählen kann und keine Optionen aufgezeigt werden, wie im Falle eines Abbruchs verfahren oder gewertet wird – und eben auch die Möglichkeit einer Annullierung der Saison besteht, haben wir fürs Weiterspielen votiert“, wolle man möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen – und hoffe nun darauf, bald wieder auf den Platz zurückkehren zu können. Dies sei nämlich aktuell noch nicht möglich, da sich die Stadt Ahrensburg – im Gegensatz zu anderen Vereinen aus Hamburg, wo unter Auflagen seit dem heutigen Mittwoch wieder Training unter freiem Himmel erlaubt ist – noch quer stellt und kein Teamtraining gestattet. Auch dies könne im Endeffekt zu einem Wettbewerbsnachteil führen…

Autor: Dennis Kormanjos