Nach 17 Jahren bei BU ist Schluss: Hirsch will „Schweini“ Konkurrenz machen

Abwehr-Ass zieht beruflich in die USA – „BU ist kein Allerweltsverein“

29. November 2018, 11:55 Uhr

Eine tolle Geste von Fans und Mannschaft, die Marco Hirsch (unten) nach dem letzten Heimspiel mit einem Banner verabschiedet hat. Foto: BU II

Die „Major League Soccer“ darf sich auf einen routinierten Neuzugang freuen: „Wenn ‚Schweini‘ verlängert, dann könnte es durchaus passieren, dass ich auch nochmal meine Schuhe schnüre“, witzelte Marco Hirsch am vergangenen Wochenende nach dem 4:0-Sieg seines HSV Barmbek-Uhlenhorst II gegen den FC Alsterbrüder. Ob sich Bastian Schweinsteiger die Worte des „Bezirksliga-Recken“ so sehr zu Herzen genommen, dass er keine vier Tage später tatsächlich für eine weitere Saison bei MLS-Club Chicago Fire zugesagt hat, bleibt reine Spekulation. Genauso, ob Hirsch seine „Drohung“ in die Tat umsetzt.

Gab jahrelang - auch als Kapitän - die Richtung bei BU II vor: marco Hirsch (re.). Foto: timelash.de

Im zarten Alter von 14 Jahren wechselte Marco Hirsch im Jahr 2001 zum HSV Barmbek-Uhlenhorst. Seit nunmehr 17 (!) Jahren hält er dem Verein die Treue – schaffte den Sprung aus der Jugend bis in den Herrenbereich. Am Freitagabend ist für den kompromisslosen Verteidiger jedoch Schluss. Das Derby bei UH-Adler wird das (vorerst) letzte Spiel für Hirsch im Dress des HSV Barmbek-Uhlenhorst II sein. Den inzwischen 31-Jährigen zieht es beruflich in die USA – genauer gesagt nach Chicago. „Es ist unbefristet und aktuell noch völlig offen für wie lange. Erstmal sind drei Jahre angesetzt und dann muss man mal gucken, wie wohl man sich dort fühlt und wie man sich auch beruflich entwickeln kann. Vielleicht bin ich auch in sechs Monaten wieder da. Aber ich gehe jetzt erstmal von drei bis fünf Jahren aus“, erzählt uns Hirsch, der sich bereits auf seine neue Heimat vorbereitet hat: „Ich habe mit ein paar Jungs aus der Mannschaft gerade mit dem Golfen angefangen. Das ist ja in den USA relativ populär“, sagt er – und scherzt: „Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste – da kann man schon mal ein paar Bälle schlagen.“ Aber nicht nur der Golfsport hat es ihm angetan: „Ich bin auch in Sachen Football und Basketball recht interessiert. Von daher passt das ganz gut. Das Team der Chicago Bears steht aktuell auch ganz gut da. Also, wenn ich Glück habe, kann ich mir da noch die Playoffs angucken.“

"BU ist kein Allerweltsverein"

Hirsch (li.) ist immer mit vollem Einsatz dabei. Foto: Hanno Bode

Doch zurück zu den Anfängen: Dass der langjährige Kapitän der BU-Reserve auch im Jahr 2018 noch im Verein sein würde, war anfangs in keinster Weise abzusehen. „Geplant war das nicht“, verrät er, meint aber auch: „Es hat nie einen Grund gegeben, hier wegzugehen. Ich habe mich immer wohlgefühlt. Es gab zwar ein, zwei Anfragen anderer Vereine – aber das war für mich nie wirklich ein Thema.“ Und so wurde aus einem anfänglichen Intermezzo eine 17-jährige Ära, die Hirsch bei BU prägte. „Es ist nach einer so langen Zeit natürlich schwierig, da jetzt ins Detail zu gehen und einzelne Momente herauszupicken. Aber wenn ich gleich mal mit meiner Anfangszeit in der Jugend beginne: Wir sind zweimal hintereinander aufgestiegen und haben dem Verein beim Wechsel in den Herrenbereich eine Verbandsliga-Mannschaft hinterlassen. Das war schon mal ein ganz netter Start – auch für mich in den Herrenbereich.“ Das besondere Flair bei BU hat ihn letztendlich dort heimisch werden lassen. „Im Endeffekt ist die gesamte Zeit und sind all die Leute, die mich auf diesem Weg begleitet haben und die ich schätzen gelernt habe – zu vielen habe ich auch nach Ende der aktiven Zeit noch eine enge Bindung –, etwas Besonderes. Das macht den Verein aus – denn BU ist kein ‚Allerweltsverein‘.“

"Das ist definitiv ein Punkt auf meiner 'bucket list', der noch nicht abgehakt ist"

Foto: timelash.de

Was jedoch ein Stück weit an ihm nagt: Die verpassten Chancen auf den Aufstieg. Seit Jahren spielt BU II in der Bezirksliga Nord ganz oben mit – zum ganz großen Wurf reichte es jedoch nie. „Wenn man Sportler ist, dann will man immer aufsteigen und das Maximum herausholen. Wir waren mehrere Male recht nah dran. Und wenn man dann wirklich so nah dran ist, aber jedes Mal so kurz davor die Tür vor der Nase zugeschlagen bekommt – natürlich auch durch Eigenverschulden –, dann ist es definitiv ein Punkt auf meiner ‚bucket list‘, der noch nicht abgehakt ist. Von daher hoffe ich, dass ich im letzten Spiel noch einmal gut ‚performen‘ kann, wir einen Sieg mitnehmen und mit 39 Punkten in die Winterpause gehen können, so dass die Jungs in meiner Abwesenheit noch einmal richtig angreifen können.“ Denn nach 15 ungeschlagenen Spielen und fünf Zu-Null-Siegen in Folge hat sich das Haimerl-Ensemble wieder oben herangepirscht und lauert auf dem vierten Platz liegend nur auf Ausrutscher der Konkurrenz.

"Wir haben in dieser Saison den bislang stärksten Marco Hirsch gesehen"

Foto: Hanno Bode

Die Erfolgsserie hängt nicht unwesentlich mit der Personalie Marco Hirsch zusammen. Trainer Jan Haimerl meint sogar: „Wir haben in dieser Saison den bislang stärksten Marco Hirsch gesehen.“ Was auch daran liegen mag, dass man „vor der Saison das System umgestellt“ habe. Denn: „Bisher war es immer so, dass er neben sich einen relativ jungen Spieler hatte, für den er auch mitverteidigen musste. Jetzt ist es so, dass sich die Verantwortung – auch durch die Verpflichtung von Jan Carlo Wieland – auf mehrere Schultern verteilt hat, so dass er sich mehr auf sein Spiel konzentrieren kann.“ Der Verlust des Routiniers sei „nicht nur sportlich, sondern vor allem auch charakterlich sehr schmerzhaft“, so Haimerl, der eine ganz besondere Beziehung zum „Abwehrhünen“ pflegt: „Ich bin Anfang 2010 nach Hamburg gekommen und erinnere mich noch, wie wir gleich nach dem ersten Training mit ihm und Martin Kahl, meinem jetzigen Co-Trainer, auf dem alten Rupprecht-Platz ins Clubheim gegangen sind. Er ist für mich nicht nur ein Spieler, sondern ein Freund. Mit ihm verlässt uns der nächste Führungsspieler, der BU II über Jahre hinweg geprägt hat.“

"Wer weiß, ob ich mit 36 meinen zweiten Frühling kriege?!"

Foto: timelash.de

Und wie geht der Gelobhudelte selbst mit der Lobeshymne um? „Ich hatte bestimmt schon mal schlechtere Saisons, das will ich gar nicht abstreiten“, befindet er mit einem kleinen Augenzwinkern. „Durch das Alter und die Erfahrung weiß man einfach, was man seinem Körper zutrauen kann. Zudem dürfte es auch das erste Mal seit bestimmt fünf oder sechs Jahren sein, dass ich komplett verletzungsfrei bin. Das führt natürlich auch mit einem gewissen Rhythmus dazu, dass du mehr Sicherheit hast und dich nicht immer wieder rankämpfen musst“, so Hirsch, dessen Geheimnis zu sein scheint: „Mein Körper möchte offenbar, bevor ich abhaue, noch einmal voll durchziehen.“ Auf die Frage, ob der Abschied gleichbedeutend mit dem Karriereende sei, entgegnet er: „Man soll ja niemals nie sagen. Mal schauen, ob ich drüben noch aktiv kicke. Mit dem Verein habe ich aber schon gesprochen, dass meine Mitgliedschaft nur ruht. Ich werde definitiv nicht austreten. Aber wer weiß, ob ich mit 36 nochmal meinen zweiten Frühling kriege?! Ich will es zumindest nicht kategorisch ausschließen.“ Am Freitagabend ist für Marco Hirsch nach 6350 Tagen im Verein jedoch erst einmal Feierabend – zumindest im sportlichen Sinne...

Autor: Dennis Kormanjos