Regionalliga Nord

Mit „der besten Saisonleistung“ an die Spitze: „Wir wollten ein Ausrufezeichen setzen – das haben wir getan!“

11. September 2021, 16:57 Uhr

Der offensiv wie defensiv überragende Kevin Weidlich erzielte das goldene Teutonen-Tor zur Tabellenführung. Foto: KBS-Picture.de

Vor Frust feuerte er den Ball in die gegnerische Spielhälfte. Nicht etwa während der 90 Minuten, sondern schon beim Warmmachen. Der Grund für die Unzufriedenheit von Yannick Zummack: Der Teutonen-Torsteher bekam keinen Ball zu fassen. Und so ließ er seinem Frust freien Lauf. Doch wie heißt es so schön: Auf eine weniger erfolgreiche Generalprobe folgt eine umso bessere Premiere. So war es auch im Fall des 25-Jährigen... 

Gianluca Przondziono (re.) - hier gegen Christopher Kramer - vertrat den verletzten Nico Matern und absolvierte sein erstes Ligaspiel von Anfang an. Foto: KBS-Picture.de

Mit fünf Saisontoren ist Fabian Istefo bester Teutonen-Schütze. In der 38. Spielminute bot sich dem „Arbeitstier“ der „Kreuzkirchler“ die große Chance, die ohnehin schon beeindruckende Ausbeute weiter in die Höhe schnellen zu lassen (alle Highlights im LIVE-Ticker). Per Strafstoß – nachdem Kevin Weidlich im Duell mit Ilidio Pastor Santos ins Straucheln kam – scheiterte der „Blondschopf“ jedoch mit seinem halbhohen Versuch an Weiche-Keeper Florian Kirschke. Und plötzlich war Dampf drin – und auch ein in erstmals so richtig in Aktion tretender Yannick Zummack. Der beim Aufwärmen so unzufrieden wirkende Schlussmann fischte einen Kopfball von Christopher Kramer glänzend aus dem unteren Toreck (41.).

Teutonen-Tor nach Slapstick-Chance

Die ersten Minuten des zweiten Abschnitts gehörten ganz klar dem Herausforderer aus Ottensen – und vor allem Kevin Weidlich. Erst setzte der Außenverteidiger den im Fünfmeterraum völlig freistehenden und komplett allein gelassenen Mats Facklam in Szene. Dieser vollbrachte das schier unglaubliche Kunststück, den Ball aus gefühlt zwei Metern über den Kasten zu setzen (48.)! Nicht nur Vorbereiter Weidlich schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Wenig später tat er dies aus purer Freude und schickte Grüße gen Himmel, als er nach einer kurz ausgeführten Ecke von Tino Schulze die anschließende Flanke von Marcel Andrijanic per Aufsetzer zur Führung ins Glück köpfte (51.)!

Zummack hält den Sieg fest

Marcel Cornils (Mi.) nimmt Maß - aber die Teutonen Besfort Kolgeci (re.) und Kevin Weidlich werfen sich in den Schuss. Foto: KBS-Picture.de

Die bis zu jenem Zeitpunkt sehr biederen Gäste, die alle vier Spiele siegreich gestalten konnten, machten nun etwas mehr. Bis auf einen Abschluss von Patrick Herrmann, den Besfort Kolgeci in höchster Not blockte, brachten die Seeliger-Schützlinge aber nichts Erwähnenswertes zustande. Im Gegenteil. Erneut hatte Facklam das Tor auf dem Fuß, fand aber wieder in Kirschke seinen Meister (70.). Doch dann musste Zummack sein ganzes Können aufbieten. Marcel Cornils steuerte blank auf den Keeper zu. Dieser blieb ganz lange stehen und entschärfte in unglaublicher Manier (80.). Auch in der über fünfeinhalbminütigen Nachspielzeit brannte nichts mehr an – und so hallte es nach Schlusspfiff aus dem Teutonen-Kreis lautstark: „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!“

"Wir haben bombenmäßig verteidigt"

Während auch Sportchef Liborio Mazzagatti vor Freude mehrfach die Faust ballte, hob Siegtorschütze Weidlich die Mannschaftsleistung hervor: „Wir können schon vorher in Führung gehen, machen das nicht. Aber da sieht man die Moral der Truppe, dass wir trotzdem an unsere Stärke und an den Sieg geglaubt haben. Wir haben das bombenmäßig verteidigt, zurecht gewonnen und sind verdient Spitzenreiter.“ Dass er beim einzigen Treffer des Tages „goldrichtig stand“, sei den „einstudierten Automatismen“ zu verdanken, so der Drittliga-erfahrene Weidlich. „Wir haben uns das Anfang der Woche vorgenommen und wollten ein Ausrufezeichen setzen – das haben wir getan!“, jubelte er.

"Man muss anerkennen, dass Teutonia eine gute Mannschaft auf hohem Niveau hat"

Das goldene Tor: Kevin Weidlich (Mi.) nickt eine Andrijanic-Flanke zum umjubelten 1:0 ein. Foto: KBS-Picture.de

Ganz anders war die Stimmungslage bei den Gästen aus Flensburg. Ex-Norderstedt-Trainer Thomas Seeliger musste erst die zweite Niederlage, seitdem er die Liga-Mannschaft von Weiche coacht, hinnehmen. „Mein Athletiktrainer hat während des Spiels schon gesagt, dass die Partie wahrscheinlich nach einer Standardsituation entschieden wird. So war’s dann auch.“ Sein Team habe „in der ersten Halbzeit nicht so gut gespielt, nicht den richtigen Zugriff bekommen“ und sei trotz des gehaltenen Elfmeters „relativ glücklich mit dem 0:0“ in die Pause gegangen. Auch beim entscheidenden Gegentor habe man „nicht gut ausgesehen“, monierte Seeliger, dass seine Flensburger eigentlich eine Mannschaft sei, „die bei Standards sehr robust und gefährlich ist“. Zwar konnte Weiche in der Schlussphase nochmal „den Druck erhöhen und auf den Ausgleich drängen“, aber: „Man muss anerkennen, dass Teutonia eine gute Mannschaft auf hohem Niveau hat. Wir haben viele Dinge nicht gut gemacht, lassen den Kopf aber nicht hängen. Verlieren gehört nun mal dazu.“

"Das war richtiger Regionalliga-Herrenfußball!"

Erster Weidlich-Gratulant: Mats Facklam (Mi.) eilt nach dem goldenen Tor direkt herbei. Foto: KBS-Picture.de

Sein Gegenüber, der in der Vorwoche nach dem Derbysieg bei Altona 93 (2:1) noch sehr kritisch mit seiner Elf war, zeigte sich diesmal rundum einverstanden mit der Darbietung seiner Mannen – und dankte auch seinem Gegenpart für die anerkennenden Worte: „Ich habe es selten gehört, dass ein Trainer den Gegner für die Leistung lobt. Aber das haben sich meine Jungs heute auch verdient.“ Eine Stunde lang haben seine Teutonen „sehr gut gespielt“ – und das trotz einiger Umstellungen. „Spielerisch und taktisch war das wirklich sehr gut und mutig. Es zeugt auch von Charakter, dass die Mannschaft den verschossenen Elfmeter so wegsteckt.“ In den letzten 20 Minuten hätten seine Spieler „alles reingeworfen und mit Leidenschaft verteidigt. Das war die beste Saisonleistung“, lobhudelte Hirsch seine Equipe. Abschließend konstatierte er: „Das war richtiger Regionalliga-Herrenfußball. Eine geschlossene Mannschaftsleistung, echtes Teamwork. Heute bin ich richtig stolz!“

Autor: Dennis Kormanjos

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