Mit dem Trainer und dem „schönen Hansi“ kam die Wende

Union 03 gewinnt Hitzeschlacht auf Grand gegen Egenbüttel

23. Juli 2018, 12:43 Uhr

Spektakulärer Fallrückzieher von Unions Ouahib Mounaam (re.). Foto: Klaas Dierks

In der mittäglichen Gluthitze lieferten sich der Aufsteiger in die Bezirksliga West und der Vierte der Vorsaison, Egenbüttel, einen Pokalfight mit viel Kampf, Torchancen und noch mehr Herz auf beiden Seiten. Und diese Herzen hatten viel zu Pumpen in den 120 langen Minuten unter Volldampf, nach denen Union 03 kaum noch Kraft zum Jubeln hatte.

Dem Handtor von Simon Hatje (3. v. li.) wird die Anerkennung zurecht verweigert. Foto: Klaas Dierks

Dabei sah anfangs alles nach einer staubtrockenen Angelegenheit für den Gast aus Egenbüttel aus. Staubtrocken, weil der schöne Rasenplatz der Unioner (Rudolf-Barth-Stadion) noch wegen Pflegearbeiten und Rasenruhefristen behördlich gesperrt war.

So fand das Spiel auf dem benachbarten Jahnplatz statt, der trotz der Bemühungen des Platzwartes, der sogar in der Halbzeitpause und vor der Verlängerung den Sprinkler anstellte, die Spieler bei jeder Aktion in Staubwolken hüllte.

Dass man in der ersten Halbzeit wenig von den Unionern sah, lag aber nicht nur an den Platzverhältnissen, sondern auch an stark spielenden Egenbüttelern, die den personell stark strapazierten Gastgebern arg zusetzten. Neben dem Trainergespann Holger Werner/Jan Riegel saß bei den Schwarz-Weißen nur noch der Mannschaftsbetreuer und ein nicht spielfähiger, weil angeschlagener Stürmer auf der Bank. Alles was nicht verletzt oder im Urlaub war, stand auf dem Platz und mühte sich redlich die Angriffsbemühungen der spielerisch reiferen Egenbüttler etwas entgegen zu setzen.

Entscheidung in der Schlussminute vertagt! SCE-Akteur Philipp Postels befördert den Elfmeter neben das Gehäuse. Foto: Klaas Dierks

In der 17. Minute landete der Ball dann trotzdem erstmals nach einer scharfen Hereingabe von rechts im Tor der Heimmannschaft. Das Kopfballtor durch Simon Hatje wurde aber wegen Handspiel nicht gegeben. Trotz mehr Ballbesitz und den besseren Chancen gelang es Egenbüttel nicht in letzter Konsequenz erfolgreich zu sein.

In der zweiten Halbzeit das gleiche Spiel, wobei Union nun hin und wieder durch Standards mehr oder weniger gefährlich vor das Tor der Schleswig-Holsteiner gelangte. In der 52. Minute landete der Ball nach schöner Ballstafette über rechts erneut im Tor von Union 03. Doch diesmal wurde der Treffer wegen Abseits nicht anerkannt. Drei Minuten später die Riesenchance zur Führung für Egenbüttel. Dawid Mrowczynski setzt sich über links durch und flankt auf Johann Adler, ein Unioner grätscht dazwischen, den Abpraller bugsiert Adler aus zwei Metern über die Querlatte. Das hätte, das mußte der Führungstreffer sein. Aber der Egenbütteler hatte wohl nicht mit der zweiten Chance gerechnet. Das Auswärtsteam drückt und kommt zu weiteren Möglichkeiten, die aber nichts einbringen. Dann überrascht Unions Ouahib Mounaam alle Anwesenden mit einem Schuß aus 30 Metern. Er hat gesehen, dass Egenbüttels Keeper Farooz Khan zu weit vor dem Tor steht. Der macht sich in der Rückwärtsbewegung ganz lang und kann den Einschlag gerade noch verhindern. Der erste gefährliche Schuss auf das Egenbütteler Tor aus dem Spiel heraus nach 63 Minuten. Union kämpft und rackert, beginnt an seine Chance zu glauben. Doch Egenbüttel drückt weiter. Mit letztem Einsatz klärt Torwart Music vor einem einschussbereiten Gast, der seinen Bewachern entfleucht ist. In der anschließenden Trinkpause läßt sich an den Gesichtern der Spieler die Anstrengung ablesen. Kein Schatten auf dem Platz, der Erholung verspricht. Statt dessen geht es in den Endspurt.

Der Trainer betritt den Platz! SCU-Coach Holger Werner (re.) lässt sich einwechseln und wird von Gegenspieler Jan-Michael Fritz willkommen geheißen. Foto: Klaas Dierks

Egenbüttel drückt, Union hält mit allem was (noch) geht dagegen. Weite Befreiungsschläge ins Aus sorgen zweitweise für Bällemangel. Als sich alle auf die Verlängerung einstellen (O-Ton Spieler Union 03: "Wie soll das denn gehen?"), bringt Unions Fabian Köster Simon Hatje im Strafraum zu Fall. Der Elfmeter in der 90. Minute ist unstrittig. Manch ein Unioner wird sich schon im Geiste unter der erfrischenden Dusche gesehen haben (und vielleicht auch der eine oder andere Egenbütteler). Aber obwohl Philipp Postels Unions Dino Music verlädt, schießt er links am Tor vorbei. Verlängerung!

Mehrere Unioner gehen auf dem Zahnfleisch, lassen sich Ice-Packs in den Nacken legen. Ein Unioner kann beim besten Willen mit Achillessehnenbeschwerden nicht mehr weiter machen. Die Saison ist noch so lang! Jetzt kein Risiko eingehen. Holger Werner, der SCU-Trainer, nimmt den Spieler raus und wechselt sich mit der Nummer 17 selber ein!

Nach der Union-Fürhung war Eigentor-Schütze Oliver Martin untröstlich. Foto: Klaas Dierks

Egenbüttel bleibt vorerst am Drücker. Die durch die Heimelf verursachten Freistöße häufen sich. Einen davon schießt der eingewechselte Paul Niclas Jürs aus dem linken Halbfeld direkt auf den Kasten. Mit Glück und Geschick lenkt ihn Torsteher Music gerade noch an den Knick. Weiter 0:0. Union beschränkt sich schon lange auf Konter, haut die Bälle hinten raus und hofft auf das Beste. In der 100. Minute heißt das Beste Johannes "der schöne Hansi" Witt. Der setzt einem solchen Befreiungsschlag vom 03er Keeper nach und bedrängt so Egenbüttels Oliver Martin. Der will aus 30 Meter zurück zum eigenen Torwart spielen, schießt aber zu stark und hebt den Ball in hohem Bogen über den eigenen Schlussmann zum 1:0 ins eigene Netz. Ungläubiger Jubel bei SC Union 03. Frust bei den eigentlich überlegenen Egenbüttelern. In der 115. Minute bekommt Union einen Freistoß an der Mittellinie zugesprochen, der von Gregor Kmoth gedankenschnell auf Johannes Witt im Sechzehner gebracht wird. Der, völlig frei, bleibt trotz Bullenhitze cool und schiebt den Ball am Torwart vorbei zum 2:0 ein. Verkehrte Welt auf dem Jahnplatz!

Johannes Witt (re.) erzielt das vorentscheidende 2:0 für den Aufsteiger. Foto: Klaas Dierks

In den letzten 15 Minuten intensiviert Egenbüttel nochmal die Angriffsbemühungen, Union wankt, aber fällt nicht. Trotz einer Egenbütteler Eckenserie und einem schönen Solo von Mrowczynski, bei dem er zwei Unioner austanzt und nur in höchster Not vor dem Einschießen gestoppt werden kann. In der 117. Minute endlich der Torerfolg für Egenbüttel. Wieder ist es Mrowczynski, gut freigespielt. Aus halblinker Position innerhalb des Sechzehners lässt er Music keine Chance. Für die letzten Minuten steht nun auch noch der Co-Trainer der Schwarz-Weißen auf dem Platz, für den völlig verausgabten Johann Adler, der sich im Sturm für sein Team aufgerieben hat. Egenbüttel riskiert alles, aber ohne Erfolg. Trotz der hohen Intensität und der Entschlossenheit mit der beide Teams um den Sieg kämpfen, bleibt das Spiel bemerkenswert fair.

Beim Schlusspfiff sinken alle Spieler in sich zusammen. Aber schon nach kurzer Verschnaufpause denkt das Union-Trainergespann bereits an das nächste Spiel in einer knappen Woche. Wie wird das werden? Egenbüttel geht als fairer Verlierer vom Platz und kann sich nun ganz auf die Liga konzentrieren. Wenn sie an ihrer Chancenverwertung arbeiten, werden sie ganz oben mitspielen können. SC Union hat bewiesen, dass der Satz auf ihrer Homepage kein leerer Werbespruch ist: die 1. Herrn ist "eine Mannschaft mit Herz, Leidenschaft und Charakter".

Klaas Dierks

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