Kocadal kommt: HEBC möchte „überragendes Jahr“ bestätigen

Sieben Neuzugänge, sechs Abgänge am Reinmüller

08. Juni 2017, 21:59 Uhr

Özden Kocadal kehrt "nach Hause zurück" und verlässt den Niendorfer TSV nach neun Jahren in Richtung HEBC. Archivbild: noveski.com

Wie heißt es doch so schön: Das zweite Jahr ist immer das schwierigere? Auf den HEBC wartet nach dem Wiederaufstieg zwar schon die dritte Spielzeit in der Landesliga Hammonia – aber nach der „überragenden“ Vorsaison, gerät Trainer Marco Fagin auch mit etwas Abstand noch ins Schwärmen, gilt es nun, an die gezeigten Leistungen anzuknüpfen. „Wenn wir den dritten Platz noch einmal erreichen, wäre das für uns eine super Geschichte. Wir haben nicht den großen Druck oder das unbedingte Ziel, in die Oberliga aufsteigen zu müssen. Aber wir wollen das Erreichte schon bestätigen“, so Fagin, der sich über sieben Neuzugänge freuen darf.

Der prominenteste Name ist sicherlich Özden Kocadal, der nach neun Jahren beim Niendorfer TSV zu seinem Ex-Klub zurückkehrt! „Der Kontakt ist nie abgerissen. Ich habe hier noch viele Freunde, mit einigen Leuten im Verein hat man sich immer mal wieder getroffen – und als ich damals weggegangen bin, wusste ich, dass ich irgendwann zurückkommen werde. Jetzt bin ich froh, wieder zu Hause zu sein“, erklärt uns der langjährige „Leitwolf“ und Kapitän der „Sachsenwegler“. Einer, zu dem der Kontakt nie abriss, ist HEBC-Manager Stilianos „Speedy“ Vamvakidis, der Kocadal damals sogar trainierte. „Die sportlichen Qualitäten von ‚Özy‘ sind absolut unbestritten. Er ist ein echter Leader, der auch mal die Stimme erhebt und eine unheimliche Präsenz hat – sozusagen ein Trainer auf dem Platz. Es freut uns sehr, dass es geklappt hat. Irgendwann kommen sie eben alle wieder!“ Mit einem Augenzwinkern fügt er an: „Eigentlich passt er gar nicht in unser Beuteschema.“

„Marco ist so etwas wie mein Mentor“

Kocadal wird nun am Reinmüller die Marschroute auf dem Platz vorgeben. Archivbild: noveski.com

Ein weiterer nicht unwesentlicher Grund für das Comeback des 32-Jährigen am Reinmüller: Trainer Marco Fagin, der Kocadal schon in der Jugend beim HEBC coachte. „Ich freue mich riesig darüber, wieder mit ihm arbeiten zu können. Ich habe ihm das zwar nie so gesagt, aber für mich ist er so etwas wie mein Mentor. Ich habe in den letzten Jahren mit vielen sehr guten Trainern zusammengearbeitet: Vahid Hashemian, Fabio Morena, Frank Hüllmann oder auch Ali Farhadi, um nur einige zu nennen. Aber ich habe es noch nie erlebt, dass sich jemand so akribisch auf ein Spiel vorbereitet. Da ist jeder Einwurf einstudiert und es gibt mindestens vier Abstoßvarianten“, erklärt der Innenverteidiger, der auch an neuer/alter Wirkungsstätte die Rolle des Führungsspielers übernehmen soll. Er selbst sagt aber: „Eigentlich ist der HEBC das komplette Gegenteil von Niendorf. Hier gibt es sehr viele erfahrene Spieler, die zum Teil auch schon über Oberliga-Erfahrung verfügen. Deshalb denke ich, dass es hier auf mehrere Schultern verteilt wird. Aber allein schon vom Charakter her werde ich diese Rolle wohl auch automatisch mit einnehmen.“

„Solch eine Basis wie in Niendorf gibt es in Hamburg sonst nirgendwo“

Marco Fagin will sich auch in der kommenden Saison vor Freude die Hände reiben. Archivbild: noveski.com

Dass Kocadal am Sachsenweg in seine letzte Saison gehen würde, war schon vor der Saison so abgesprochen, wie er uns verrät. „Wir haben es nur nicht an die große Glocke gehangen.“ Klar ist, dass er beim NTSV eine große Lücke hinterlassen wird. Allein in der letzten Saison führte er das Team in 29 Spielen aufs Feld und erzielte als „Defender“ stolze sechs Tore (vier Elfmeter), womit er intern zweitbester (!) Schütze war. Nach neun Jahren ist also Schluss für ihn in „himmelblau“. „Rein sportlich betrachtet hatten wir jetzt nicht die riesigen Erfolge. Da bleibt mir das Spiel gegen den HSV oder der Einzug ins Pokal-Halbfinale in Erinnerung. Aber es sind so viele zwischenmenschliche Dinge, die ich nicht vergessen werde“, so Kocadal, der zudem betont: „Ich finde, dass Niendorf in der öffentlichen Wahrnehmung oft falsch gesehen wird. Es war in den letzten Jahren eigentlich nie so, dass großartig Geld in die Hand genommen wurde. Vielmehr wurde mit jungen Leuten gearbeitet, die aus der eigenen Jugend hochgezogen wurden und die Chance erhalten haben, sich im Herrenbereich gleich in der Oberliga zu beweisen. Deshalb habe ich es nie verstanden, wenn man als ‚Geheimfavorit‘ oder so angesehen wurde. Die A-Jugend steht kurz vor dem Sprung in die Bundesliga, die B-Jugend hat es in der letzten Saison geschafft. Die U23 spielt in der Landes- und die Dritte Herren in der Bezirksliga. Da wurde eine Basis geschaffen, die es sonst in Hamburg so nirgendwo gibt. Ich habe immer versucht, in all den Jahren vor allem diesen jungen Spielern das ‚Niendorf-Gen‘ zu vermitteln.“

„Ich weiß, dass ich von Marco auch jetzt noch viel lernen kann“

Manager "Speedy" Vamvakidis trainierte Kocadal schon in seiner ersten Zeit bei den "Veilchen". Archivbild: noveski.com

Es sei ihm zwar schwer gefallen, den Verein nach neun Jahren zu verlassen, sagt Kocadal, „aber ich hatte ja eine ganze Saison Zeit, mich damit anzufreunden“. Für eine Rückkehr nach Eimsbüttel sprach nicht nur der Wohnort – Kocadal, der mit Ole Natusch und Daniel Prange schon in Niendorf zusammenkickte, ist fünf Minuten vom Reinmüller entfernt sesshaft –, sondern vor allem „die Erinnerung von damals, die ich noch in mir habe“. Ein Saisonziel möchte er zwar nicht vorgeben, meint aber: „Meine wichtigste Intention ist es, Spaß zu haben und gesund zu bleiben. Sportlich gesehen wird der Verein ein Ziel vorgeben, das ich dann voll mittragen werde. Ich kenne die Landesliga einfach zu wenig, um mir da ein Urteil zu bilden. Ich kann nur HR ganz gut einschätzen und glaube, dass sie unbedingt wieder hochwollen. Wir haben hingegen keinerlei Druck, aber auf jeden Fall das Zeug dazu, wieder unter die ersten Drei zu kommen.“ Und wie lange wird man sich beim HEBC über die Dienste Kocadals erfreuen dürfen? „Von der Gesundheit her könnte ich bestimmt noch bis 36, 37 oder 38 spielen. Aber ich mache es rein davon abhängig, wie lange ich noch Spaß daran – und das Gefühl habe, etwas lernen zu können. Und ich weiß, dass ich von Marco auch jetzt noch viel lernen kann.“

Über die USA, Spanien und Australien an den Reinmüller

Kjell Brumshagen kommt von TuRa Harksheide und erzielte in der abgelaufenen Saison zwölf Tore. Archivbild: noveski.com

Doch Kocadal ist nicht der einzige Neuankömmling bei den „Veilchen“. Auch Kjell Brumshagen (TuRa Harksheide), Tjorven Köhler (Oldenburger SV, SH-Liga), Maximilian Schulz (TSV Sudheim, Niedersachsen), George Hastedt (BW 96), Julian Moldenhauer (MTV Hetlingen) und Juro Julardzija (SC V/W Billstedt) schließen sich dem Hammonia-Landesligisten an, wie uns Vamvakidis verkündet. Während Brumshagen („Von ihm erhoffen wir uns mehr Torgefahr aus dem Mittelfeldzentrum“), Hastedt und Julardzija den Kennern durchaus geläufig sein werden, kam der Kontakt zu Moldenhauer über Kevin Höricke zustande, so Vamvakidis. „Er trainiert jetzt schon seit einem halben Jahr ab und zu mal bei uns mit und ist sehr willig, engagiert, schnell, robust und bringt Potenzial mit.“ Interessant wird es, wenn man mal einen Blick auf die bisherigen Stationen von Maximilian Schulz wirft, der schon in den USA, Spanien und Australien gespielt hat. „Alles beruflich bedingt“, klärt Vamvakidis auf. „Er ist das ständige Wechseln leid und hat was Langfristiges gesucht. Da dürfte er bei uns genau richtig sein.“ Vermittelt wurde Schulz von Enno Martini, der mit dem 26-Jährigen, der vor allem auf der linken Seite zu Hause ist und auch schon für die U23 von Waldhof Mannheim aktiv war, zusammenarbeitet. Und Köhler, der aus der Schleswig-Holstein-Liga kommt, „ist uns mehr oder weniger zugelaufen. Er wohnt in der Nähe des Platzes, ist noch ein relativ junger Bursche, aber körperlich schon sehr weit und groß. Er kann beide Außenverteidiger-Positionen bekleiden, auch innen sowie auf der Sechs spielen“, teilt uns Vamvakidis mit.

Sechs Mann gehen von Bord

Maximilian Kopp (2. v. li.) wird den HEBC berufsbedingt verlassen. Archivbild: noveski.com/Bode

Fagin befindet unterdessen: „Ich glaube, dass wir in der Breite noch stärker aufgestellt sein werden. Die Frage ist nur, ob wir es schaffen, die Neuen auch so einzubauen, dass es funktioniert und harmoniert. Und ob es uns gelingt, in diesem Jahr verletzungsfrei durch die Saison zu kommen – denn das ist uns in der Vorsaison überhaupt nicht gelungen.“ Nicht mehr zum Kader gehören werden derweil Enno Martini (Karriereende – Vamvakidis: „Er wird eine Position im Team ums Team übernehmen“), Jonas Schwenke (Karriereende), Kosta Kordistos (SV Rugenbergen), Maximilian Kopp (beruflich nach Berlin – „Sein Abgang tut uns weh“), Sebastian Benson (beruflich für ein halbes Jahr nach Malaysia – „Eine Rückkehr im Winter ist nicht ausgeschlossen“) sowie Alexander Hinz (studienbedingt). Doch beim HEBC blickt man optimistisch in die nahe Zukunft – auch, weil der Verein in der kommenden Saison eine A-Verbandsliga-Mannschaft an den Start bringen wird. „Diesen jungen Spielern möchten wir eine Perspektive bieten und sie bei uns einbauen. Das wird ein großes Ziel von uns sein.“ Nun möchte man aber erst einmal an die Darbietungen aus der Vorsaison anknüpfen – und die Chancen dazu stehen nicht schlecht. „Wir haben ein ruhiges Umfeld und eine tolle Truppe, die immer füreinander einsteht“, nennt Fagin das Markenzeichen der Eimsbütteler, die nun darauf hoffen, verletzungsfrei durch die Vorbereitung zu kommen. „Wir haben nie gejammert – und werden das auch jetzt nicht tun.“ Ob Torjäger Janosch Rinckens, der im letzten Spieljahr von einer Schambeinentzündung schachmatt gesetzt wurde, dann auch wieder zur Verfügung steht, ist derzeit noch nicht absehbar. Womit man wieder beim Verletzungspech wäre. Denn ein Rinckens allein wäre schon ein Spieler, der den Unterschied zwischen Platz eins und drei ausmachen könnte…

Autor: Dennis Kormanjos