Mädchen

„Klar ist es unsere Erwartungshaltung, das Ding zu gewinnen – aber schön ist es natürlich trotzdem“

Karchs B-Bundesliga-Mädchen verteidigen mit Kantersieg den ODDSET-Pokal

30. Mai 2019, 18:16 Uhr

Bejubelten die Titelverteidigung: Die B-Bundesliga-Mädchen des HSV ließen dem HTB beim 8:0 keine Chance. Foto: Küch

Soeben war die 78. Spielminute angebrochen, als auf der Bank der B-Bundesliga-Mädchen des HSV so langsam die Siegershirts verteilt wurden. 120 Sekunden vor dem regulären Ende des ODDSET-Pokalfinals zwischen den titelverteidigenden „Rothöschinnen“ und dem Harburger TB war die Entscheidung zugunsten der favorisierten Karch-Kickerinnen längst gefallen. „Wenn du als einziger Bundesligist irgendwo in Hamburg spielst, dann erwartet jeder, dass du es professionell und respektvoll spielst – vor allem aber, dass du gewinnst“, sprach der ehemalige Chefcoach des HSV III, der das Herren-Team einst aus der Bezirks- in die Oberliga bei den Herren führte, über den Druck, der auf seinen Spielerinnen lastete.

Larissa Mühlhaus (li.) gelang ein lupenreiner Hattrick binnen fünf Minuten. Foto: Küch

„Wir wussten schon, dass der HTB eine harte Nuss sein kann, mit viel Wille, Herzblut und Engagement spielt. Wenn du da ein blödes Gegentor am Anfang kriegst, rennst du dagegen an“, so Karch. Doch es kam ganz anders. Bereits nach neun Zeigerumdrehungen wurden die „Rautenträgerinnen“ ihrer Favoritenrolle gerecht, als Emilia Hirche einen Querpass der ganz starken Lina Dantes verwertete. Die Führung war da – aber: „In der ersten Halbzeit hat man gesehen, dass wir zwar sehr viele Spielanteile hatten, es auch gut gelöst haben, aber hier und da im letzten Moment nicht entscheidend genug den Ball über die Linie bringen wollten“, befand Karch, dessen Mädels sich immer wieder an der herausragenden Torhüterin der Harburgerinnen, die in der Verbandsliga den zweiten Platz erreichten und noch auf den Aufstieg hoffen, Antonia Hör, die Zähne ausbissen. „Zu Beginn der zweiten Halbzeit haben wir das ganz anders gemacht“, konstatierte der 34-Jährige. „Da war dann auch relativ schnell der Wille beim Gegner gebrochen.“

Auch Henke-Tochter trifft mit langem Anlauf und Privatduell

Der langjährige Curslack-Coach Torsten Henke weilte unter den Zuschauern. Foto: Küch

Nicht zuletzt dank Larissa Mühlhaus, die ihren lupenreinen Hattrick binnen fünf Minuten mit einem satten 25-Meter-Schuss unter die Latte einleitete (41., 42., 45.). Die weiteren Treffer zum 8:0-Endstand erzielten Beyza Kara (48., 71.), Madita Ehrig (56.) und Laura Henke (65.). Die Tochter des langjährigen SVCN-Übungsleiters Torsten Henke, der unter den Zuschauern an der Dieselstraße weilte, lieferte sich bis zu ihrem Erfolgserlebnis fast schon ein Privatduell mit HTB-Fängerin Antonia Hör, die stets die Oberhand behielt – bis zu jenem Moment, indem die B-Mädels des HSV aufgrund einer Gelb-Roten Karte gegen Mari Stier (61.) sogar fünf Minuten in Unterzahl agieren mussten und Henke trotz dessen zum zwischenzeitlichen 7:0 abstaubte. „Laura, guck mal bitte an deinem linken Bein runter. Du hast nicht umsonst einen linken Schuh an“, rief Karch seiner Angreifern noch in der 26. Spielminute mit einem Augenzwinkern zu, als sie im Eins-gegen-Eins mit dem stärkeren rechten Fuß abschloss, aber an Hör scheiterte. Nach zwei Pokal-Endspielen (ein Sieg – Seite an Seite mit HTB-Keeperin Hör) mit den Mädchen des SC Vier- und Marschlande war es für Laura Henke bereits das vierte Finale (drei Siege) nacheinander.

„Wir haben massiv gegen diese Emotionen angekämpft“

„Rothöschinnen“-Trainer Felix Karch peilt die „perfekte Woche“ mit seinen Mädels an. Foto: Küch

„Klar ist es unsere Erwartungshaltung, das Ding zu gewinnen – aber schön ist es natürlich trotzdem nach einer so langen Saison“, freute sich Karch über den Pokal-Triumph seiner Mädels – und fügte im Hinblick auf das „harte vergangene Jahr“, als man dem Abstieg nur haarscharf entkam, weil Osnabrück nicht mehr meldete, an: „Das macht es umso schöner, dass wir das jetzt gemeinsam erleben dürfen.“ Mittlerweile rangieren die „Rothöschinnen“ auf dem dritten Tabellenplatz und haben sich binnen eines Kalenderjahres von einem Abstiegskandidaten zu einem Top-Team gemausert. „Wir haben massiv gegen diese Emotionen angekämpft, die wir letztes Jahr erlebt haben. Zudem haben wir relativ früh gute Ergebnisse in der Vorbereitung erzielt, die richtigen Schlüsse aus dem letzten Jahr gezogen, einen deutlich homogeneren Kader und die Trainings-Intensität sowie -Struktur verändert“, verriet Karch, der inzwischen mit Fug und Recht behaupten kann: „Wir sind nicht nur die beste Mannschaft Hamburgs, sondern es gibt auch in Deutschland nicht so viele Mannschaften, die besseren Fußball spielen als wir in diesem Jahr.“

Karch-Mädels wollen „perfekte Woche krönen“

Und ab in die Höhe damit! Die HSV-Mädels strecken den ODDSET-Pokal in die Lüfte. Foto: Küch

Dabei war es auch für ihn selbst zunächst eine Umstellung vom Herren- auf den Juniorinnen-Fußball. „Es ist eher ein fließender Prozess, den man gar nicht so richtig mit einem Moment ausdrücken kann. Es war relativ schnell klar, was wir machen wollen. Aber dass es wirklich auch ankommt, die Mädels es verstehen und wir auch wissen, wie wir die richtigen Kanäle bedienen können, um das abzurufen, das hat schon ein gutes Jahr lang gedauert. Jetzt sind wir da, wo wir hinwollen – und genießen den heutigen Tag, bevor uns am Samstag nochmal ein schweres Spiel gegen Aurich erwartet. Da wollen wir unseren 2002ern, die zum großen Teil ihr drittes Bundesligajahr gespielt und zwei sehr bescheidene Jahre mitgemacht haben, einen schönen und erfolgreichen Saisonausklang bereiten.“ Die Norderstedterinnen wollen mit dem dritten Sieg „eine perfekte Woche“ krönen. Doch zunächst einmal wird der Pokalsieg „ein bisschen gefeiert“, so Karch, der dennoch betont: „Morgen gehen wir dann direkt in die Pflege für das Spiel am Samstag, um da fit zu sein und den dritten Platz abzusichern.“

Autor: Dennis Kormanjos