Oberliga

„Jes(ke) we can“: BU zeigt „richtige Reaktion“ auf Stiers Standpauke

Barmbeker gewinnen vor 519 Zuschauern mit 3:1 gegen FC Süderelbe

23. August 2019, 23:25 Uhr

Jubel in blau und gelb: Die BU-Spieler feiern einen der drei Treffer im Spiel gegen den FC Süderelbe. Foto: Ismer

Er hatte einiges an Redebedarf. Schiedsrichter Marco Kulawiak (SC Teutonia 10) hatte die Partie zwischen dem HSV Barmbek-Uhlenhorst und dem FC Süderelbe (Hier gibt’s die Highlights zum Nachlesen im Ticker) längst abgepfiffen und auch die nach den Spielen obligatorischen Team-Kreise waren längst Geschichte, da stand Yalcin Ceylani noch immer auf dem Plastikgrün an der Dieselstraße. Total vertieft ins Gespräch mit seinem Coach Timucin Gürsan. Zuvor hatte „Yalle“ schon kurz den Dialog mit Tim Jeske gesucht. Jenem Mann, der am Freitagabend vor den 519 Zuschauern mit zwei Treffern zum Matchwinner für BU geworden war und ein guter Kumpel des Süderelbe-Keepers ist. 

Und auch, nachdem Ceylani und Gürsan ihre Unterredung beendet hatten, verschwand Ceylani nicht direkt in die Kabine. Nein, er suchte die Zwiesprache mit Stefan Winkel, mit dem er zusammen das Trikot der HSV-Panthers im Futsal trug. Der Offensivmann des TSV Sasel weilte nebst Freundin unter den Zuschauern. Was genau Ceylani Winkel so alles zu erzählen hatte und was der Mann vom Oberliga-Spitzenreiter dem „Goalie“ zu dessen Leistung so mit auf den Weg gab, ist nicht überliefert. Ebenso wenig wie der Inhalt des Gesprächs zwischen Celyani und Gürsan.  Eines aber war unverkennbar: „Yalle“ war unzufrieden. 


Das hatte man dem Schlussmann der Gäste schon während der Schlussphase angemerkt, als er aus seinem Tor heraus das eine oder ander Mal Unmut an dem äußerte, was seine Teamkollegen da vor ihm veranstalteten. Zwei Mal ließen sie eben jenen Tim Jeske zu frei zum Abschluss kommen, so dass der sich am Ende um einiges mehr freuen konnte, als Ceylani. „Er hat mich eigentlich nur gefragt, wie ich mein Bier nach dem Spiel haben will“, verriet Süderelbes Keeper den Inhalt des Dialogs mit dem BU-Akteur, um dann mit einem doch leicht gequälten Lächeln angesprochen auf den zwiefachen Erfolg seines Widersachers zu ergänzen: „Lieber er als Doppeltorschütze als irgendjemand anderes...“ Nun, so richtig aber schmeckte der „doppelte Jeske“ niemandem – zumindest nicht beim FCS.

Stier: „In der ersten Halbzeit hat es vom Spielerischen her nicht so geflutscht – aber das war mir egal“

Abdel Hathat, der hier vor Roberto D'Urso (re.) am Ball ist, traf zum 1:0 für BU. Foto: Ismer

Auf Seiten von BU sah das natürlich ganz anders aus. „Er hat heute im linken Mittelfeld gespielt, obwohl er eigentlich Stürmer ist und hat das Spiel zu unseren Gunsten entschieden“, lautete die erste, noch relativ nüchterne Einschätzung von Marco Stier zu seinem Spieler mit der Nummer 13 auf dem Rücken des gelben Trikots. „Er hat bei uns die meisten Oberliga-Spiele und die meiste Erfahrung im Team. Tim führt die Mannschaft sehr gut mit seiner Art, so stelle ich mir das bei einem Führungsspieler vor: Er marschiert vorweg und glänzt mit Leistung und Toren“, lobte der Coach der Barmbeker dann doch etwas überschwänglicher denjenigen seiner Kicker, der zunächst nach 57 Minuten das vorentscheidende 2:0 markierte und dann – nach einem schönen Zuspiel von Jannis Korczanowski – nach 61 Minuten zum 3:0 für seine Farben einnetzen konnte. Zuvor war bereits Abdel Hathat per Elfmeter zum 1:0 erfolgreich gewesen, nachdem Spielleiter Kulwiak nach 13 Minuten auf den Punkt gedeutet hatte, weil er ein Foul an Hathat gesehen haben wollte. Das 1:3 von Danjuma Langer in der 85. Minute nach einer Ecke von Roberto D'Urso bedeutete letztlich nichts anderes als die berühmte Ergebniskosmetik.

So gesehen also hatte Stier, der nach dem 3:3 in der Vorwoche gegen Hamm United zum „Verbal-Vulkan“ geworden war und diverse Änderungen in der Startelf ankündigte, alles richtig gemacht. Tatsächlich schickte der Coach im Vergleich zur Vorwoche mit Edison Sa Borges Dju, Nico Schluchtmann, Chris Pfeifer, Jon Hoeft, Yannick Lux, Eric Owusu und Jannis Korczanowski gleich sieben (!) neue Spieler von Beginn an auf den Rasen. Das sei sicher „schon hart“ für die, die nicht zur Startformation zählten, „aber ich denke, das musste sein. Als Trainer hat man ein Gespür oder Bauchgefühl für sowas. Das Ergebnis gibt mir jetzt recht“, sagte Stier nach dem Schlusspfiff, gab aber auch zu: „In der ersten Halbzeit hat man vom Spielerischen her nicht das gesehen, was wir können und womit wir geglänzt haben. Das hat nicht so geflutscht. Aber das war mir diesmal auch egal. Ich wollte von der Körpersprache her eine Reaktion sehen – auch, was es angeht, das eigene Tor zu verteidigen. Wir haben noch nie so defensiv gespielt. Die Jungs haben die Sachen zu 100 Prozent umgesetzt, jeder hat sich gut eingefügt. Ich habe einige, die in den letzten Spielen gar nicht dabei waren, in die Startelf gepackt, sie quasi ins kalte Wasser geworfen. Sie haben es mir zurückgezahlt, davor ziehe ich den Hut.“  

Gürsan: „In der ersten Hälfte hätten wir drei Stunden spielen können, ohne ein Tor zu machen“

Letztlich alles richtig gemacht: BU-Coach Marco Stier hatte sein Team in der Startformation auf sieben Positionen verändert. Foto: Ismer

In der zweiten Hälfte, so Stier weiter, habe ich seine Equipe dann sogar „spielerisch viel besser“ präsentiert. Und noch etwas begeisterte den BU-Trainer: „Wir haben nicht eine Chance zugelassen und waren in unserer Chancenauswertung sehr effektiv. Darauf bin ich stolz. Das war gut, die Jungs haben die richtige Reaktion gezeigt. Jetzt heißt es: Mund abputzen und weiter geht’s.“ Beim Widersacher dürfte man sich hingegen in der kommenden Woche nochmal eindringlich mit dem Match beschäftigen. „In den ersten 30 Minuten hat das, was wir uns vorgenommen hatten, verdammt gut geklappt. Wir haben fast nichts zugelassen. Bis auf die Szene, die zum Elfmeter führt. Ich habe mir vorgenommen, sowas nicht zu kommentieren. Meine Jungs sagen, dass da nichts war. Der Schiri hat gepfiffen, das müssen wir so hinnehmen. So liegen wir aus dem Nichts und unverdient 0:1 zurück. Danach haben wir an den guten Auftritt angeknüpft, hatten im letzten Drittel auch einige Balleroberungen, aber die Spielfortsetzung war nicht gut. Wir waren in den Anschluss-Situationen zu ungenau, hatten einige technische Fehler drin. In der ersten Hälfte sah es so aus, als hätten wir drei Stunden spielen können und wir hätten kein Tor gemacht“, analysierte FCS-Coach Timucin Gürsan.

„Nach der Pause wollten wir in den ersten 15 Minuten hellwach sein“, verriet der Übungsleiter der Gäste das Vorhaben für die Zeit nach Wiederbeginn. „In der 46. Minute verlieren wir gleich den Ball und BU hat Chancen. Anschließend kriegen wir nach einer Standardsituation das 0:2. Ich möchte mal die Mannschaft sehen, die an der Dieselstraße bei Flutlicht und vor so einer Kulisse mit über 500 Zuschauern das Spiel noch dreht. Das ist knüppelhart. Anschießend sah es so aus, dass wir uns noch die Treffer drei, vier und fünf einfangen. Das 0:3 fällt dann auch, danach legen wir ein Tor nach. So gesehen kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein. Damit, dass es keine Punkte gibt, nicht. Und mit dem Auftritt nur phasenweise“, konstatierte Gürsan, der seine Defensivreihe umbauen musste, weil Martin Sobczyk fehlte. „Er war privat verhindert. Leider fällt sowas bei uns immer ins Gewicht. Auch, dass Simon Keisef und Ahmet Colak nicht dabei waren“, sagte Gürsan, der statt Sobczyk diesmal „Mo“ Hodolli in die Innenverteidigung packte. „Er hat das in der letzten Saison schon ein, zwei Mal gespielt. Er kann das mit seiner Spielintelligenz und der Ruhe, die er am Ball hat. Dass er heute auf dieser Position gespielt hat, war nicht ausschlaggebend für die Niederlage. Wir haben es als Team verbockt.“

Jan Knötzsch    

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