Landesliga Hammonia/Profis

„Ich will nichts Besonderes sein oder irgendeinen Sonderstatus haben“

21. Oktober 2020, 09:46 Uhr

Einer, den wir in Hamburg durch seine Zeit bei BU kennengelernt haben, ist Marco Stier. Welche Verbindung hast du zu ihm?

Hürzeler: „Marco kenne ich aus meiner Zeit in Bayern. Da haben wir einige Male gegeneinander gespielt. Ich wusste, dass er jetzt hier Trainer ist beziehungsweise war. Ich habe ihn mal angeschrieben und gefragt, ob er mir in Hamburg Vereine empfehlen kann. Zunächst war es Victoria Hamburg. Die sind aber noch stärker leistungsbezogen im Herren-Fußball als der ETV. Und durch meinen neuen Job werde ich nun mal nicht jedes Spiel dabei sein können. Der ETV bietet mir die Möglichkeit, zu spielen, wenn ich hier sein kann. Das ist eine totale Wertschätzung mir gegenüber und auch ein großes Entgegenkommen. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Bei den "Kiezkickern" ist Hürzeler in der Zweiten Liga als Co-Trainer tätig, beim ETV kickt er in der Landesliga. Foto: KBS-Picture.de

Wenn man mal einen Blick auf deine Vita wirft, dann ist solch ein Spielertyp für die Landesliga schon etwas Besonderes. Du hast die komplette Jugend beim FC Bayern durchlaufen, dort sicherlich auch mit dem einen oder anderen prominenten Namen zusammengespielt. Mit wem unter anderem?


Hürzeler: „Die Bekanntesten waren bestimmt Emre Can, mit dem ich sehr gut befreundet war, Alessandro Schöpf oder auch beim DFB unter anderem Sonny Kittel, Loris Karius oder Amin Younes. Ich könnte da noch einige Namen mehr aufzählen... Das war wirklich eine coole Erfahrung. Ich finde es auch total spannend, zu sehen, dass einige der Jungs ihren Weg gehen – und gönne es auch jedem.“

Nun hast du schon einige Spieler aufgezählt: Welche Trainer haben dich in der Zeit begleitet?

Hürzeler: „Mehmet Scholl, Stephan Beckenbauer, der leider verstorben ist, oder auch Daniel Bierofka. Da waren schon ein paar Persönlichkeiten dabei. Bei Bayern durfte ich auch Jupp Heynckes, Peter Hermann, Pep Guardiola, Louis van Gaal oder Andries Jonker kennenlernen und wie sie ticken. Da ist es natürlich schon so, dass man seine Erfahrungen sammelt und mitnimmt, jede Minute ein Stück weit aufgeschnappt hat und sich aus all den Komponenten sein eigenes Bild und seine eigene Philosophie vom Fußball macht. Denn die Zeit hat einen natürlich sehr geprägt. Nichtsdestotrotz ist es so, dass ich hier nichts Besonderes sein oder irgendeinen Sonderstatus haben will, sondern ich stelle mich total in den Dienst der Mannschaft. Ich bin einer der Älteren in der Truppe und werde versuchen, die Jungs ein Stück weit zu lenken. Aber ich werde mich immer voll in den Dienst stellen und möchte auch nicht herausgehoben werden, weil ich nicht der Typ dafür bin, sondern nur ein Teil des großen Ganzen sein möchte. Das macht doch den Fußball aus, gemeinsam möglichst Erfolg zu haben. Es ist ein Mannschaftssport und geht nicht um eine einzelne Person. Und das ist auch gar nicht meine Art.“

Dein Posten beim FC St. Pauli ist sehr zeitintensiv. Wie bekommst du es da unter einen Hut, auch noch selbst aktiv zu spielen?

Hürzeler: „Ich habe gerade letztens mit Timo (Schultz) darüber geredet. Er findet das total cool. Natürlich ist gerade jetzt in der Zeit mit Corona Vorsicht geboten. Da muss man schon aufpassen. Aber es ist für mich selbst einfach eine super Ablenkung, die ich brauche. Ich gehe morgens ins Büro, arbeite bis abends und komme dann direkt hier her. Das ist meine Ablenkung, mit den Jungs selbst zu kicken und mich auszutoben. Deshalb ist es zweimal die Woche total machbar und am Wochenende eben dann, wenn es möglich ist, auch zu spielen. Das ist entspannt und tut mir gut, auf dem Platz nicht nur zu Coachen und zu stehen, sondern auch selbst zu kicken.“

Wie sehr kann man sich darauf einlassen, wenn man selbst im Profibereich als Trainer tätig ist – und in der Landesliga als Spieler gesagt bekommt, wie der Hase läuft? Kannst du dich darauf voll einlassen oder bist du in der Rolle auch eine Art „Spielertrainer“?

Er ordne sich komplett unter stelle sich total in den Dienst der Mannschaft, so Hürzeler im Interview. Foto: Heiden

Hürzeler: „Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich nehme hier sogar auch Dinge mit und höre mir das gerne an, wie der Trainer die Mannschaft führt und was für Ansprachen er macht. Daraus ziehe ich mir auch Teile raus, die ich für mich verwenden kann. Ich bin nur hier, um Fußball zu spielen. Wenn mich jemand nach meinem Rat oder meiner Expertise fragt, bin ich auf jeden Fall da und gebe gerne meine Meinung dazu ab. Aber das heißt ja nicht, dass das immer richtig ist. Wenn ich dann auf dem Platz stehe – und ich bin ein Typ, der dann auch vorneweg geht und lautstark ist, weil‘s die Position einfach hergibt –, dann versuche ich schon, die Jungs zu steuern. Aber ich mache das, was der Trainer sagt. Und das, was in dem Fall Koray sagt, hat oberstes Gesetz. Dem gliedere ich mich gerne unter.“

Du bist selbst Sportler, hast jahrelang höherklassig gespielt und wirst noch immer voller Ehrgeiz sein. Wie sehen denn deine sportlichen Ziele mit dem ETV aus?

Hürzeler: „Ich habe natürlich gehört und vernommen, dass der Aufstieg schon über dem Verein schwebt. Ich glaube auch, dass das nachhaltig und perspektivisch sehr wichtig für den Verein wäre, weil man hier eine absolute Top-Jugendarbeit macht. Loïc hat hier richtig gute und nachhaltige Arbeit geleistet. Auch jetzt sind mit Phil (Nabaoui, Anm. d. Red.) und ‚Richie‘ (Richard Krohn), die das übernommen haben, super Jungs dabei. Ich schaue mir das Training total gerne an und glaube einfach, um die Jungs langfristig im Verein zu halten, ist es wichtig, dass man in der Oberliga spielt. Das ist der ‚Step‘, den der Verein machen muss, und ich hoffe, dass wir das schaffen, um eine Basis und einen gewissen Anreiz für die U19 zu schaffen, hier im Verein zu bleiben.“

Autor: Dennis Kormanjos