HSV II-Remis: Ohne Ito und ohne Sieg in einem „handballähnlichen Geduldspiel“

Japaner steht im Bundesliga-Kader für das Spiel gegen Dortmund

19. September 2017, 22:18 Uhr

Da oben stehen wir: Coach Christian Titz und der HSV II festigten mit dem Remis ihre Tabellenführung. Foto: KBS-Picture

Die Meinungen nach dem Schlusspfiff glichen sich. Sowohl Christian Titz, der Coach der U21 des Hamburger SV, als auch Rüdiger Ziehl, sein Wiederpart auf Seiten des VfL Wolfsburg II, sprachen nach dem Abpfiff des direkten Duells von einem guten Match „zweier Mannschaften, denen man angemerkt hat, dass sie spielen wollten. Sowas siehst du in der Regionalliga selten“ (O-Ton Ziehl). Für die 150 Zuschauer an der Hagnbeckstraße fehlte beim 0:0 zwar das berühmte Salz in der Suppe in Form von Toren, doch aus HSV-Sicht – die „Rothöschen“ sind weiterhin Tabellenführer – konstatierte Trainer Titz: „Wir müssen mit dem 0:0 zufrieden sein. Das Spiel hätte in beide Richtungen kippen können.“

Dass es das nicht tat, lag daran dass beide Mannschaften sich von der Anzahl her nicht unbedingt die meisten zwingenden Chancen herausspielen konnten. Vorm Seitenwechsel hatte Christian Stark die dickste Gelegenheit für den HSV II, doch nachdem er sich links im Strafraum behaupten konnte, riss VfL II-Schlussmann Niklas Klinger die Arme hoch und parierte Starks Schuss ((31.). Zehn Minuten später hatte Matti Steinmann seinen Teamkollegen Törles Knöll mit einem schönen Pass in die Gasse bedient, doch der Abseitspfiff des Spielleiters machte einem Torerfolg den Strich durch die Rechnung.

Gouaida hat mit einem Lattentreffer die größte Chance für den HSV-Nachwuchs

Mohamed Gouaida traf für den HSV-Nachwuchs im zweiten Durchgang die Latte. Foto: KBS-Picture

Zuvor hatte Justin Möbius für die Gäste über das Tor gezielt (9.) und Murat Saglam das Gehäuse gleich meterweit verfehlt (19.). Julian Klamt war nach einer Ecke per Kopf an HSV II-Keeper Tom Mickel gescheitert (21.). Die Platzherren selbst hatten durch einen Knöll-Kopfball (6.) sowie eine Volleyabnahme von Fabian Gmeiner im Anschluss an eine Flanke von Young-Jae Seo, die aber übers Tor flog (7.), Einschussmöglichkeiten für sich zu verzeichnen. „In den ersten 20 Minuten haben wir gepennt“, gab Törles Knöll nach der Begegnung zu Protokoll, „danach sind wir besser ins Spiel gekommen, haben viel direkt gespielt. Im Endeffekt hat aber der letzte Pass gefehlt, das war ausschlaggebend. Man hat gesehen, was wir umsetzen wollten und dass wir uns reingehauen haben, aber mehr war eben nicht drin, wenn der letzte Pass nicht kommt. Auch Wolfsburg hätte das Spiel für sich entscheiden können. Der eine Punkt ist in Ordnung.“

Worte, die denen in der Analyse seines Trainers nach dem Spiel glichen. „In den ersten 20 Minuten haben wir uns schwergetan. Wir wussten, dass wir mit Wolfsburg von der Spielanlage, vom Gegenpressing und von den Einzelspielern her die stärkste Mannschaft als Gegner haben und es deswegen kein leichtes Spiel wird“, erklärte Christian Titz, der dennoch lobte: „Das Spiel hat ein enormes Tempo gehabt. Das konnte man nach der Partie am Samstag nicht so erwarten.“ In den angesprochenen ersten 20 Minuten hätte seine Elf „viele Zweikämpfe verloren und Fehlpässe gespielt. Wolfsburg hat in dieser Phase ein gutes Angriffspressing gezeigt.“ Erst nach dem Seitenwechsel „haben wir die Spielkontrolle gehabt. Aber gegen diese Mannschaft musst du extrem auf der Hut sein, wenn sie den Ball erobert und schnell nach vorne spielt. Wir hatten selbst aber auch auch gute Möglichkeiten“, so Titz. 

Titz: „Ich traue Ito das zu – er hat eine wahnsinnige Qualität im Eins-gegen-Eins“

Tatsuya Ito (vo.) fehlte gegen Wolfsburg II, weil er im HSV-Bundesligakader für das Dortmund-Spiel steht. Foto: KBS-Picture

Die größte besaß Mohamed Gouaida, der nach 67 Minuten einen echten Hammer auspackte: sein Schuss knallte an die Querlatte. Nur eine Zeigerumdrehung zuvor verzog Seo per Volleyschuss (66.). Wolfsburg profitierte derweil von einem Fehler von Sebastian Haut, der den Ball an Saglam verlor, doch Henrik Giese stoppte den „Zehner“ der „Wölfe“ (62.), die zudem durch Marcel Stutter (77., vorbei) und Julian Justvan, dessen Schuss in den Winkel gegangen wäre, wenn Mickel ihn nicht mit einer Glanzparade entschärft hätte (86.), weitere Chancen vergaben, den Sieg mitzunehmen. Der HSV II wiederum verpasste eine Minute vor Justvans Möglichkeit in Person von Gouaida, der nach knapp am Tor der Gäste vorbei zielte, nachdem Stark vorher für ihn aufgelegt hatte, erneut den Sieg.

„Nach dem Lattentreffer des HSV II hatten wir mehr Möglichkeiten, deswegen ärgert man sich. Auf dem Niveau zweier Bundesliga-Nachwuchsmannschaften kannst du den Gegner nicht mehr groß überraschen, da geht es um taktische Sachen. Beide Mannschaften haben Fehler gemacht, die der jeweils anderen Chancen ermöglicht haben. Aber beide haben sich auch Gelegenheiten herausgespielt“, resümierte VfL II-Übungsleiter Rüdiger Ziehl nach dem Match, das aus seiner Sicht ein „hochklassiges Spiel von zwei spielstarken Mannschaften war. Beide haben viel investiert. Es war temporeich und laufintensiv, Am Ende ist es ein gerechtes Unentschieden.“ Christian Titz sprach derweil von „einem Geduldspiel. Es hat sich viel um den Sechzehner herum abgespielt – das war handballähnlich. Wir mussten bei Fehlpässen aufpassen, hinten nicht offen zu sein.“

Knöll: „Mit seinem Dribbling ist Tatsuya ein Plus für jede Mannschaft“

Törles Knöll wünscht seinem Teamkollegen Ito, dass dieser Selbstbewusstsein aus den HSV II-Spielen mit in den Bundesliga-Kader nimmt. Foto: KBS-Picture

Die Geschichte des Spiels aber spielte sich nicht auf dem Rasen ab, sondern abseits des Feldes. Auf der Tribüne, wo unter anderem Gotoku Sakai aus dem Bundesliga-Team, Bernhard Peters (Direktor Sport beim HSV) und Ex-HSV-Keeper Richard Golz das Duell verfolgten, saß mit Tasuya Ito auch ein Akteur, der noch am vergangenen Wochenende beim Erfolg gegen den VfB Lübeck der beste Mann im HSV II-Dress gewesen war. Der Japaner hatte am heutigen Tag mit den Profis des HSV trainiert und war anschließend – anders als Törles Knöll – in den Kader für das Bundesliga-Spiel der „Rothosen“ gegen Borussia Dortmund am morgigen Mittwoch berufen worden, so dass er dem Regionalliga-Nachwuchs nicht zur Verfügung stand.

„Er soll einfach nur sein Selbstbewusstsein aus der U21 mit hoch nehmen, Er hat hier überragende Partien gespielt und weiß, dass er ein richtig gutes Dribbling hat. Damit ist er ein Plus für jede Mannschaft“, gab Knöll Ito für den möglichen ersten Bundesliga-Einsatz mit auf den Weg, während Coach Christian Titz erklärte: „Ich traue ihm das zu. Er hat eine hervorragende Vorbereitung und starke Spiele in der Regionalliga gezeigt. Tatsuya hat eine wahnsinnige Qualität im Eins-gegen-Eins, das ist außergewöhnlich. Wenn er spielt oder rein kommt, wünsche ich ihm viel Glück und ein gutes Match. Ich freue mich für ihn.“

Jan Knötzsch

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