LOTTO-Pokal

„Habe der Mannschaft gesagt, dass auf der Welt gerade viel schlimmere Dinge passieren“

08. Februar 2023, 12:07 Uhr

Erciyes Palo (li.) lieferte sich einige heiße Duelle mit den Norderstedtern. Hier mit Rico Bork. Foto: Sellhorn

Kalt wie eine Hundeschnauze und cool wie nur irgendetwas: Erciyes Palo zeigte im Pokal-Achtelfinale zwischen seinem HEBC und dem haushohen Favoriten Eintracht Norderstedt (HIER gibt's den Spielbericht) überhaupt keine Nerven. Als der Innenverteidiger des Oberligisten im Elfmeterschießen die vermeintliche Sensation auf dem Fuß hatte und „nur“ noch treffen musste, um seine Eimsbütteler ins Viertelfinale zu hieven und den Regionalligisten gleichzeitig ins Dilemma zu schicken, machte der einstige Jugendspieler der Garstedter etwas, was tief blicken ließ…

Mit sehr emotionalen Worten versuchte Palo (2. v. re.) vor dem Elfmeterschießen, den Druck und die Nervosität von seinen Teamkollegen zu nehmen. Mit Erfolg! Foto: Sellhorn

Der 24-Jährige machte sich auf den Weg von der Mittellinie zum Elfmeterpunkt. Aber nicht irgendwie, sondern jonglierend mit dem Ball am Fuß. „Das habe ich auch schon gegen HT 16 gemacht - da habe ich allerdings verschossen“, hatte Palo dieses Mal gut lachen. Denn: Der robuste Verteidiger beförderte das Spielgerät wuchtig in die Maschen und setzte den Deckel auf den HEBC-Pokal-Coup (5:2 n. E.). Doch woher diese Coolness in solch einer heiklen Situation? „Ich habe kurz vor dem Elfmeterschießen zur Mannschaft gesagt, dass auf der Welt gerade viel schlimmere Dinge passieren, Menschen in Angst sind und nicht wissen, ob sie ihre Familie jemals wiedersehen“, kämpfte Palo mit den Emotionen - und sprach auf das schwere Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet an. „Also: Was soll und kann uns denn bitte passieren?!“

"Das ist nur Fußball"

Worte, mit denen Palo seinen Teamkollegen die Nervosität und den Druck nehmen wollte. „Wir dürfen keine Angst haben - das ist nur Fußball“, fügte er an. „Und es hat scheinbar gefruchtet.“ Denn nicht nur der auch in der Liga mit bereits sieben Toren treffsichere Verteidiger machte seine Hausaufgaben, auch Fabian Lemke, Malte Wilhelm und Hendrik Diekmann verwandelten ihre Elfmeter ganz abgezockt und ließen Eintracht-Keeper Lars Huxsohl keine Abwehrchance. Da auch HEBC-Fänger Patrick Meins einen überragenden Tag erwischte, während der 90 Minuten viel Sicherheit ausstrahlte, einen „Hundertprozenter“ vereitelte und auch vom Punkt - mal wieder - seine Qualitäten unter Beweis stellte, war „das Wunder vom Reinmüller“ perfekt.

"Nach zehn Minuten habe ich gemerkt: Wir können die auffressen!"

Norderstedt-Keeper Lars Huxsohl chancenlos: Der HEBC schaffte den Pokal-Coup und steht im Viertelfinale. Foto: Sellhorn

Ein Erfolg, der Palo „ganz viel“ bedeutet, wie er anschließend auf Nachfrage erklärte. Allein schon deshalb, „weil viele nicht daran geglaubt haben“, erinnert er an den Moment, als das Los den Eimsbüttelern den Pokal-Favoriten bescherte. „Einige haben Witze gemacht“, verriet er. „Aber ich habe gleich gesagt, dass wir den Gegner nicht zu groß reden dürfen, sondern eher mit dem Gefühl reingehen sollen: ‚Hier müsst ihr erstmal bestehen‘. Und das haben wir heute gezeigt“, strahlte Palo, der von Anfang an den Glauben an die faustdicke Überraschung hatte. „Auf jeden Fall!“

Allerdings gestand er auch, dass beim Blick auf die Aufstellung „und als ich gesehen habe, wer bei uns nicht dabei ist“, der Gedanke kam: „Das wird schwer.“ Aber: „Nach zehn Minuten habe ich gemerkt: Wir können die heute auffressen!“

Und nun, wo man schon im Viertelfinale steht, sei das Ziel ganz klar, so Palo. „Jetzt möchte ich auch ins Finale kommen“, träumt er schon vom Endspiel an der Hoheluft, einem Pokalsieg und einem möglichen Live-Spiel in der ersten DFB-Pokalrunde. Doch bis dahin liegt noch ein weiter und steiniger Weg vor Erciyes Palo und seinem HEBC...

Autor: Dennis Kormanjos