„Geburtstagskind“ erstickt Karaaslans Revanchegelüste!

„Eine Vorlage, ein Tor und die ganze Woche nicht trainiert“

05. März 2016, 00:27 Uhr

Eine Vorlage und ein Tor: Glückwunsch zum Sieg und zum 22. Geburtstag, Samuel Louca! Foto: noveski.com

Die Schlagzeilen waren alle bereits servierbereit: „Ausgerechnet Karaaslan“, dachte sich bestimmt ein Großteil der annähernd 500 Besucher beim Südderby zwischen dem FC Süderelbe und dem BSV Buxtehude, als der ehemalige Torjäger der „Kiesbargler“ für seinen neuen Klub den frühen Führungstreffer erzielte. Doch vor allem Samuel Louca hatte etwas dagegen, dass sich Karaaslan am Ende zum Matchwinner aufschwingt – und so übernahm der Mittelfeldmotor des FCS, der an diesem Tag seinen 22. Geburtstag feierte, den Part höchstselbst!

Verpasste seinen Ex-Kollegen einen frühen Stich: Mustafa Karaaslan. Zum Sieg reichte es am Ende allerdings nicht. Foto: KBS-Picture.de

Aber der Reihe nach: Buxtehude knüpfte zu Beginn an die guten Leistungen der Vorwochen an. Nach einem langen Ball aus der eigenen Hälfte wähnte nicht nur die Defensive Süderelbes ihren ehemaligen Goalgetter Mustafa Karaaslan im Abseits. Felix Schuhmann ging deshalb auch nur halbherzig zum Ball, während „Musti“ beherzt und mit purem Willen nachsetzte, sich das Leder schnappte und aus halblinker Position äußerst trocken mit Hilfe des rechten Innenpfostens einschoss (9.)! „Er steht glasklar im Abseits, das hat jeder gesehen! Ich habe den Schiedsrichter in der Halbzeit auch ganz höflich gefragt, da schickt er mich gleich mit einer abfälligen Handbewegung weg. Es ist nicht gerade glücklich, nach neun Minuten in solch einem Spiel zurückzuliegen. Aber Musti macht das natürlich klasse. Trotzdem haben wir uns das Gegentor auch ein bisschen selbst zuzuschreiben, weil wir zu naiv und teilweise blind verteidigt, immer Mann gegen Mann gespielt und schlecht gegen den Ball gearbeitet haben. Nichtsdestotrotz freue ich mich wirklich für Musti, dass er seinen Weg bei Buxtehude so weitergeht. Er hat schon in den letzten Wochen gezeigt, dass er für diese Klasse ein Bombenstürmer ist, hat sich heute aufgerieben und unsere Jungs ordentlich beschäftigt. Aber ich glaube nicht, dass Buxtehude heute ein Tor geschossen hätte, wenn er da keine zwei Meter im Abseits gestanden hätte. Aber das zeichnet ihn nun mal aus und ist für die Geschichte natürlich gut. Und außerdem war ja klar: Wenn bei Buxtehude ein Spieler ein Tor macht, dann konnte es ja nur er sein“, befand Karaaslans langjähriger Coach Jean-Pierre Richter hinterher. Sein Team kam nach gut 20 Minuten langsam besser in die Partie, hatte aber großes Glück, als Buxtehude einen Konter grob fahrlässig ausspielte. „Das war womöglich die spielentscheidende Szene“, konstatierte auch BSV-Manager René Klawon anschließend. Zu dritt lief der Gast auf einen Verteidiger der Hausherren zu. Rabii Msalemi hatte alle Möglichkeiten, entweder Salim Aichaoui oder aber Karaaslan in Szene zu setzen. Der Neuzugang entschied sich jedoch für Variante Nummer drei – und rannte blind auf den einzig verbliebenen Süderelbe-Akteur zu. Riesenchance auf das mögliche 2:0 verpufft (37.)!

„Wusste nicht wohin, also hab ich ihm den Ball durch die Beine geschoben“

Tolga Tüter beendete seine Torflaute. Foto: noveski.com

Nahezu im direkten Gegenzug bediente der wenige Augenblicke zuvor für den angeschlagenen Alexandar Mucunski eingewechselte Vedat Düzgüner auf links per Hacke „Geburtstagskind“ Louca – dessen Querpass von der Grundlinie in den Rücken der Abwehr verwertete Tolga Tüter ganz abgeklärt per Flachschuss aus elf Metern ins lange Eck (38.)! „Die Szene zuvor, als wir mit drei Mann aufs Tor zulfauen, war natürlich sehr ärgerlich für uns. Im Gegenzug kassieren wir den Ausgleich. Ich will nicht sagen, dass wir dann gewonnen hätten, wenn wir das 2:0 machen – aber es wäre in jedem Fall schwer geworden für Süderelbe, dann nochmal zurückzukommen“, so Klawon. Nach dem Wechsel spielte eigentlich nur noch eine Mannschaft – und das war der (Wieder-)Tabellendritte. „Wir sind hintenraus nur noch hinterhergelaufen, hatten nicht mehr den Mut und vielleicht auch nicht mehr die Kraft, um da anders dagegenzuhalten“, brachte es Klawon auf den Punkt.

Nachdem Louca einen herrlichen Doppelpass mit Tüter noch nicht veredeln konnte (51.), machte es Klaas Kohpeiß zehn Minuten später besser: Einen Freistoß aus dem linken Halbfeld von Dennis Bergmann köpfte der schlaksige Angreifer per Aufsetzer ins rechte Eck ein – BSV-Fänger Dennis Bock sah bei dem Gegentreffer nicht allzu glücklich aus (61.)! In der Folge vergab die Richter-Elf einige hochrangige Konterchancen ziemlich leichtfertig, bis eben jener Samuel Louca erneut in Aktion trat. Nach einem Ballgewinn in der eigenen Hälfte schaltete Süderelbe gewohnt blitzschnell um. Über die eingewechselten Ernesto Keisef und Vedat Düzgüner kam Louca an das Spielgerät und machte noch einige Schritte. Als die Abschlusschance bereits vorbei zu sein schien, finalisierte der „Sechser“ aus 13 Metern ganz geschickt und mit einem unheimlich guten Auge mitten durch die Beine von Mark Visser hindurch ins rechte untere Eck (81.)! Bock wurde auf dem völlig falschen Fuß erwischt, konnte nur noch mit ansehen, wie die Kugel einschlug und war komplett chancenlos! Der Kunstschütze meinte: „Ich wusste nicht, wo ich hinschießen soll. Dann habe ich gesehen, dass der Verteidiger die Beine offen hatte und habe ihn da durchgeschoben.“ Klawon bilanzierte derweil: „Es ist keine Schande und kein Beinbruch, bei Süderelbe zu verlieren – das haben schon ganz andere Teams getan. Unsere Punkte müssen wir woanders sammeln. Natürlich hätten wir gerne etwas mitgenommen – vor allem, wenn man führt und die Chance auf das 2:0 hat. Aber wir wissen, wozu Süderelbe fähig ist. Der Sieg war völlig verdient, das kann man nicht anders sagen.“

„Hätten ein noch größeres Ausrufezeichen setzen können“

Durfte erstmalig von Anfang an ran und steigerte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten: Süderelbes Blerim Murtezani. Foto: noveski.com

Sein Gegenüber gab zu Protokoll: „Es war wirklich eine ganz maue Trainingswoche! Wir hatten unglaublich viele angeschlagene Spieler, mussten auf einigen Positionen umstellen. Vielleicht fehlte in einigen Aktionen auch die letzte Gier, weil wir unter der Woche im Test gegen Wilhelmsburg zehn Buden gemacht haben. Von Buxtehude war nicht unbedingt zu erwarten, dass sie uns früh anpressen, so dass Mirco Bergmann als Quarterback von hinten den Spielaufbau machen konnte. In der Zweiten Halbzeit ist das 3:1 eigentlich viel zu spät gefallen, da kam von Buxtehude gar nichts mehr. Man hätte in so einem Derby sicherlich ein noch größeres Ausrufezeichen setzen können, wenn man den Gegner spielerisch und auch vom Ergebnis her noch brutaler an die Wand spielt. Deshalb haben wir da noch genügend Handlungsbedarf. Trotzdem fühlt sich so ein Derybsieg immer gut an.“ Zu seinem Matchwinner Samuel Louca sagte Richter mit einem Schmunzeln: „Eine Vorlage, ein Tor und die ganze Woche – außer Montag – nicht trainiert: Einen besseren Geburtstag gibt's wohl nicht.“ Der Gefeierte selbst zeigte sich nach dem Derbysieg erleichtert: „Ich habe als Spieler noch nie gegen Buxtehude gewonnen, deshalb war ich heute doppelt motiviert. Wir haben uns vor dem Spiel nochmal eingeschworen, wollten unbedingt als Sieger den Platz verlassen. Auch wenn der Start nicht so gut war – und wir wissen, wenn Musti im Sechzehner den Ball hat, macht er ihn rein –, kennen wir unsere Stärken und wussten, dass wir das Spiel noch drehen können. Wir sind in der Lage, gegen jede Mannschaft zu gewinnen, das haben wir in dieser Saison gezeigt.“ Von einem rauschenden Fest kann nun aber nicht die Rede sein. „Wir gehen jetzt noch mit der Mannschaft etwas essen und dann geht’s nach Hause. Ich muss morgen arbeiten...“

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