A-Jugend
Félicitation, Favé! ETV-Bubis historisch – „Meistermacher“ stolz
Ein Foto aus dem Vorjahr, als die A-Jugend des Eimsbütteler TV nach dem deutlichen 4:1-Hinspielerfolg ganz dicht vor dem Bundesliga-Aufstieg stand. Foto: Heiden
Phil Nabaoui, der damals die 2000er-Mannschaft beim ETV trainiert hat, fragte Loïc Favé, ob sich dieser vorstellen könne, „die Dritte Mannschaft in diesem Jahrgang zu übernehmen, da sie noch einen Trainer für die Truppe gesucht haben“, erinnert sich Favé. „Ich habe dann ein paar Einheiten gemacht und es hat mir extrem viel Spaß gebracht. So hat das Ganze dann seinen Lauf genommen.“ Über die Dritte Mannschaft der U12 arbeitete sich Favé beim ETV und als Trainer kontinuierlich nach oben. Rückschläge hätten ihn in dieser Zeit „extra motiviert“, wie er zu Protokoll gibt. Heute ist er einer der erfolgreichsten und gefragtesten Jugendtrainer – nicht nur in Hamburg! „Auf gar keinen Fall habe ich damit gerechnet“, entgegnet er auf die Frage, inwieweit ein solcher Werdegang abzusehen war.
„Die richtige Entscheidung, beim ETV zu bleiben“
Der Vater des Erfolgs im Eimsbütteler Jugendbereich: Loïc Favé, der bereits auf dem Zettel von einigen Nachwuchsleistungszentren steht. Foto: Heiden
Zuletzt führte er die U17 der Eimsbütteler in die Bundesliga – nun auch die A-Jugend. Immer noch an seiner Seite: Phil Nabaoui. „Ich bin jemand, der nicht ewig in die Zukunft denkt und plant. Es hat sich so ergeben“, gibt sich Favé eher bescheiden und zurückhaltend – und merkt an: „Ich hatte auch das Glück, früh am Stützpunkt und in der Hamburger Auswahl als Co-Trainer von Fabian Seeger eingebunden zu werden und dort überregional wichtige Eindrücke und Erfahrungen sammeln zu dürfen.“ Zudem sei er „dem Verein sehr dankbar dafür, dass man mir in den jungen Jahren das Vertrauen geschenkt hat“. Ein Grund, weshalb der Fan des französischen Spitzenclubs Olympique Marseille dem ETV bis heute die Treue hält – und das, obwohl er sich inzwischen über die Landesgrenze hinaus einen Namen gemacht hat und bereits bei diversen großen Nachwuchsleistungszentren im Gespräch war. „Beim ETV kann ich in einer handelnden Position viele Entscheidungen treffen, nachhaltig etwas aufbauen und aktiv dazu lernen.“ Hinzu kommt, dass ihm der Verein ein Duales Studium des Sportmanagements ermöglicht und ihm eine hauptamtliche Stelle als Jugendkoordinator verschafft hat. „Es war mir wichtig, mein Duales Studium parallel zum ETV zu machen“, so Favé, der betont: „Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung, beim ETV zu bleiben. Aber natürlich möchte ich irgendwann den nächsten Schritt machen.“
„Haben klar definiert, wofür wir stehen wollen“
Auch ETV-Obmann Koray Gümüs ist überaus stolz auf den erreichten Bundesliga-Aufstieg der A-Junioren. Foto: Heiden
Gerade erst wurde Favé von Cemil Yavas, Manager des Oberligisten TuS Osdorf, als „bester Jugendtrainer Hamburgs“ gepriesen. Der Gelobhudelte selbst sieht jedoch die „große Unterstützung des Gesamtvereins“ als einen Faktor für den Werdegang an. „Emotionen, Zusammenhalt, Entwicklung“ – dafür steht der Eimsbütteler TV ein. „Es gibt drei Säulen, von denen Koray (Gümüs, Liga-Manager; Anm. d. Red.) auch immer wieder spricht. Der wichtigste Punkt ist, dass wir klar definiert haben, wofür wir stehen wollen“, erklärt Favé – und führt aus: „Wir haben eine Identität, einen großen Zusammenhalt innerhalb der Trainerschaft, eine gewisse Fokussierung auf Inhalte und Entwicklung, eine extreme Kontinuität im Verein – und keine Nebenkriegsschauplätze, wie das in der Vergangenheit vielleicht mal der Fall war.“
„Habe mich gefreut – und dann ans letzte Jahr gedacht“
Im letzten Jahr war der ETV bereits kurz vorm Ziel, ehe es im Rückspiel in Chemnitz eine an Tragik nicht zu überbietende Pleite setzte. Foto: Heiden
Nun also hat der UEFA-A-Lizenz-Inhaber die U19 des ETV in die Bundesliga geführt. Ein noch nie dagewesener Erfolg. Als die Nachricht, dass der Außerordentliche DFB-Bundestag dem Vorschlag des Jugendausschusses folgt und die Eimsbütteler als Tabellenzweiter der Regionalliga Nord tatsächlich Großes vollbracht haben, eintrudelte, „habe ich mich zuerst gefreut – und dann vor allem an das letzte Jahr gedacht“, blickt Favé zurück. Zurück auf einen dieser Rückschläge – und was für einen. Im Hinspiel der Aufstiegs-Relegation zur Bundesliga schoss der ETV den Chemnitzer FC vor heimischer Kulisse mit 4:1 vom Platz, ehe sich im zweiten Aufeinandertreffen ein an Dramatik und Tragik kaum zu überbietendes Szenario ereilte. In der 79. Spielminute gelang den A-Junioren des ETV der 1:1-Ausgleich. Der Sprung in die Beletage des Deutschen Jugendfußballs schien sicher. Doch dann das: 1:2 in Minute 85, keine 180 Sekunden später das 1:3 und in der sage und schreibe fünften Minute (!) der Nachspielzeit mussten die „ETV-Bubis“ auch noch durch ein Eigentor das 1:4 hinnehmen. In der Verlängerung zog man schließlich den Kürzeren – und musste sich mit 1:5 geschlagen geben. Aufstieg knallhart verpasst!
„Hatten die jüngste Mannschaft der Liga“
„Das war für alle Beteiligten eine krasse und sehr emotionale Situation. Ich selbst bin danach erstmal zu meiner Familie nach Frankreich gereist“, musste auch Favé das Erlebte zunächst einmal verarbeiten. Doch schnell sagte er sich: „Es ist wichtig, Widerstände zu überwinden und zu bekämpfen, um dann als Vorbild voranzugehen.“ Für viele Spieler war es zugleich das letzte Jugendjahr – und so hatte die Mannschaft im vergangenen Sommer einen großen Umbruch zu verkraften. Zahlreiche Akteure wanderten in den Herrenbereich, Favé und sein Team waren gezwungen, eine neue Einheit zu formen. Dass die derart erfolgreich werden würde, war anfangs „überhaupt nicht klar“. Im Gegenteil. „Wir haben das als eine Art Übergangsjahr gesehen, in dem wir eine gute Basis fürs nächste Jahr schaffen und legen wollten“, erzählt der 27-jährige Übungsleiter – und gesteht offen und ehrlich: „Der Unterschied von der rein individuellen Qualität war zu Beginn schon enorm. Aber das ist auch ganz normal, wenn viele jüngere Jahrgänge hinzukommen. Wir hatten die jüngste Mannschaft der ganzen Liga.“
„Dürfen die Idee vom ETV nicht komplett verwerfen“
Loïc Favé, Phil Nabaoui und Jonas Struckmann: Dem Erfolgs-Quartett gehört noch Richard Krohn an. Foto: Heiden
Eines habe die Erfolgs-Equipe jedoch in ganz ausgeprägter Form ausgezeichnet: „Sie hatte eine unheimliche Lernbereitschaft.“ Und sie folgte ihrem Trainer. Zwar habe man sich gegen die Top-Teams „schwer getan, dafür aber gegen die etwas schwächeren Mannschaften konstant gepunktet“, weiß Favé um das Erfolgsrezept. „Wir standen die ganze Saison über immer auf dem ersten oder zweiten Platz – von daher ist es auch verdient!“ Gerade aufgrund der Erinnerungen ans Vorjahr sei es nun „für die Mannschaft sowie das ganze Trainer- und Funktionsteam ein ganz besonders schöner Moment“. Auch wenn man nun in der Elite Deutschlands angekommen ist und „als Amateurverein gegen die ganzen Nachwuchsleistungszentren immer schwierig ist“, ist Favé ein Aspekt ganz besonders wichtig: „Dass wir die Idee vom ETV, auf die eigene Identität zu setzen, nicht komplett verwerfen, nur weil wir jetzt in der Bundesliga spielen. Aber wir wollen uns schon so aufstellen, dass wir mitspielen, so viele Profi-Vereine wie möglich ärgern können – und dann gegen die Mannschaften, die unsere direkten Konkurrenten sein werden, da sind.“