Oberliga
„Es war zwangsläufig, dass er irgendwann die entscheidenden Tore macht!“
Artur Krüger (li.) war der erste Gratulant. Auch Marcell Jansen (re.) riss vor Freude über den Premierentreffer von Piotr Trochowski die Arme jubelnd in die Höhe. Foto: Bode
In der 72. Spielminute hatte das Warten am Blomkamp ein Ende: Piotr Trochowski kam für Michele Morrone, der den am Ende nicht spielentscheidenden Ballverlust vor dem 0:1 aus Rothosen-Sicht produzierte (30.), und sorgte in der Nachspielzeit in unnachahmlicher Manier mit einem trockenen 20-Meter-Strahl aus zentraler Position ins rechte Toreck für den Sieg der Rabenhorst/Rahn-Rackerer. Welch eine Bilderbuch-Premiere! "Ein überragender Einstand", befand auch sein Coach Marcus Rabenhorst. "Er wird eingewechselt und macht das Tor, was am Ende der Dosenöffner war, um den Dreier sicher mit nach Hause zu nehmen. Wir wussten, was er im Training angeboten hat. Von daher war es zwangsläufig und klar, dass er irgendwann für uns die entscheidenden Tore macht." Dass es so schnell funktionieren würde, damit rechnete aber auch das Trainer-Gespann der HSV-Dritten nicht. "Wir haben in Absprache mit ihm am Donnerstagabend so entschieden, dass er erstmal von der Bank kommt. Das permanente Training - auch auf Kunstrasen - muss er erstmal verkraften. Über die Qualität brauchen wir natürlich nicht zu sprechen. Aber es geht eben nicht nur um die Qualität nach vorne, sondern auch um die Defensivbewegung", verriet Rahn den ursprünglichen Plan mit "Troche" - und führte aus: "Während des Spiels hatten wir überlegt, ob 30 Minuten eventuell nicht doch noch ein bisschen zu viel sind. Aber über seine Qualitäten brauchen wir gar nicht zu sprechen."
„Dann hat er sich wohl nicht richtig warm gemacht“
Dominik Jordan (Mi.) - hier von Torben Wacker (2. v. li.) umarmt - drückte dem Spiel seinen Stempel auf. Foto: Bode
Vor seinem Debüt habe Trochowski dem Trainerduo "noch gesagt, dass es eine super Entscheidung war, wieder Fußball zu spielen und, dass es ihm extrem viel Spaß macht - auch innerhalb der Truppe", plauderte Rahn ein wenig aus dem Nähkästchen. Hinzu kommt: "Aus einmal Training in der Woche, wovon er im ersten Gespräch noch geredet hat, sind jetzt schon zwei- bis dreimal geworden. Da sind wir, aber auch er auf einem richtig guten Weg." Ob er das Pensum jedoch auch in den kommenden Tagen und Wochen aufrechterhalten kann, scheint mehr als fraglich. Denn nach seinem 20-minütigen Einsatz gab Trochowski zu, dass "der Oberschenkel direkt zugemacht" habe - und das gleich nach seiner Einwechslung. "Dann hat er sich wohl nicht richtig warm gemacht", war Rahn zu späßen aufgelegt. Aber: "Wenn er am Ende immer da steht und das Ding trotz einer kleinen Zerrung immer da unten einschlägt, dann ist es anscheinend ausreichend."
Obloch fliegt - „Man hätte reden können, aber er hat kein Wort mit mir gesprochen“
Am Freitagabend war es jedenfalls ausreichend. Auch, weil Osdorf-Übungsleiter Philipp Obloch etwas widerfuhr, was ihm "schon lange nicht mehr passiert" sei, wie er zu Protokoll gab. "Ich glaube, 2015 war das letzte Mal - und da hatte ich es verdient." In Minute 36 wurde er nämlich wegen wiederholten Reklamierens mit der Ampelkarte belegt. "Es war echt nicht viel, finde ich. Wir wollten einen Elfmeter haben. Die Szene werde ich mir auch nochmal angucken. Da kann man zumindest mal reklamieren", war sich nicht nur Obloch sicher, dass Torben Wäschenbach gegen Josip Dilber zu spät kam (36.). Bereits in der Anfangsphase wähnten die Hausherren einen Strafstoß auf ihrer Seite, als Samuel Amoah in Duell mit Rothosen-Keeper Tino Dehmelt zu Boden ging, die Pfeife von Referee Murat Yilmaz aber stumm blieb (13.). "Ich habe ihm gesagt: Er soll es ausbalanciert machen und nicht das Spiel entscheiden", verriet Obloch nach der Partie seinen Original-O-Ton in Richtung des Unparteiischen. "Ich finde es grundsätzlich nicht schlecht, dass man härter durchgreift, da es im Fußball - im Vergleich zu anderen Sportarten - schon auffallend ist, dass extrem viel reklamiert wird und Theatralik drin ist. Wenn sie einen selbst betrifft, dann ist es natürlich immer blöd", konstatierte er, meinte aber auch: "Man hat immer die Möglichkeit, miteinander zu reden. Aber er hat ja kein einziges Wort mit mir gesprochen. Das hat mir in dem Fall gefehlt. Letzten Endes sitzt er allerdings am längeren Hebel und die Macht, dass er so handelt, darf ich ihm nicht geben."
„Wir verlieren - auch nach meinem Platzverweis - den Faden“
Und so nahm der TuS-Trainer auf einer Holzbank direkt hinter der Osdorfer Ersatzbank Platz - und sah "ein gutes Oberligaspiel mit hohem Tempo. Das hat Spaß gemacht." Seine Elf war zu Beginn "gut drin", hatte "starke Ballgewinne" und markierte ein "schön herausgespieltes" Führungstor, als Nico Kukuk nach Ballgewinn den gut in Position gelaufenen Daniel Tönges in Szene setzte (30.). "Aus einer undurchsichtigen Situation", als es am eigenen Strafraum zu einem Zusammenprall kam, die Begegnung aber weiterlief, und Robin Schmidt nach scharfer Flanke von Dominik Jordan, der auch das 2:1 durch Sepehr Nikroo mustergültig vorbereitete (54.), in die eigenen Maschen traf, fiel jedoch der prompte Ausgleich (33.). "Danach verlieren wir, auch nach meinem Platzverweis, den Faden", nahm Obloch auch solch selbst mit ins Boot. "In der zweiten Halbzeit war es von uns nicht mehr ganz so strukturiert" und im Endeffekt sei "die Anzahl der Konterchancen deutlich höher als die Anzahl der Brechstangen-Chancen" gewesen, sprach er von einem durchaus verdienten Sieg der Gäste. "Uns hat so ein bisschen das Matchglück gefehlt." Und ein Piotr Trochowski, der mit seinem Geniestreich für die Entscheidung sorgte. "Ich glaube, für den HSV ist es eine Bereicherung, und für die Liga ist es auch gut", konnte selbst Obloch dem spektakulären Transfer der HSV-Dritten nur Positives abgewinnen. "Das Thema wurde die letzten zwei Wochen ja rauf und runter gespielt. Insofern waren wir schon froh, dass er bei uns sein erstes Spiel gemacht hat."
„Spielerisch müssen wir noch einen Zahn zulegen“
... traf! In der 72. Spielminute eingewechselt, in der Nachspielzeit seinen ersten Pflichtspieltreffer erzielt: Piotr Trochowski (3. v. li.). Foto: Bode
Ein Spiel, indem die Gäste "mit dem Ergebnis absolut zufrieden" waren, so Rabenhorst, "aber es war nicht unser bester Auftritt - gerade mit Ball. Wir haben uns ein bisschen von der Hektik anstecken lassen. Speziell in der ersten Halbzeit haben wir die Bälle viel zu unkontrolliert ins Zentrum gespielt, wo der Gegner den Raum sehr eng gemacht hat. Dadurch haben wir immer mal wieder einen Ball verloren, wie beim Rückstand. Das war völlig unnötig. Da hätten wir uns etwas mehr Geduld gewünscht. Aber Osdorf hat es in den ersten 15, 20 Minuten richtig ordentlich gemacht. Da war es auch schwierig." Man wusste bereits im Vorfeld, dass "und ein kleiner Hexenkessel" erwarten würde, befand derweil Rahn. "Spielerisch müssen wir noch einen Zahn zulegen." Doch schlussendlich reichte es ja zum Auswärtssieg - auch dank "Last-Minute-Troche"...
Autor: Dennis Kormanjos
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