Kolumne

Erwartbares Ende: Es wurde einfach nicht bess(t)er

Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

06. November 2019, 14:48 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

In unserer Kolumne „Abpfiff“ greifen wir die wichtigsten Themen der vergangenen Woche und des Wochenendes im Hamburger Amateur-Fußball auf und kommentieren diese. Dieses Mal geht es um den Oberliga-Vorletzten TSV Buchholz 08 und die Trennung vom bisherigen Trainer Marinus Bester, die zwei Tage nach der 5:9-„Klatsche“ der Nordheider im Auswärtsspiel beim TuS Osdorf vollzogen wurde.

Es ist noch gar nicht so lange her, da äußerte sich ein derzeit nicht in Lohn und Brot stehender Coach aus dem Hamburger Amateurfußball in einem dieser vielen Hintergrund-Gespräche, die man auch in diesen Ligen schon führt, von denen aber meist kein Wort irgendwo erscheint, positiv darüber, das Vereine derzeit doch außergwöhnlich lange an ihren Trainern festhalten. Für den Hinterkopf: Kurz zuvor hatte es die ersten Gerüchte gegeben, dass die Tage von Matthias Wulff beim SV Curslack-Neuengamme gezählt wären. Und währendddessen wackelte, so hieß es, auch in der Nordheide ein Stuhl. Der von Marinus Bester beim TSV Buchholz 08. Der ist nun umgefallen. Also der Stuhl, nicht Bester. Und das natürlich auch nur im sprichwörtlichen Sinne. Aber worüber ist Bester nun genau gefallen?

Besters Stolpersteine: Gegentorflut, Punkte-Armut – und auch das System?

Auf der Suche nach dem Neuen: Manager Simon Beecken muss sich nun auf die Suche nach einem neuen Cheftrainer begeben. Foto: Bode

Die erste Antwort ist naheliegend: Über dieses wahnsinnige 5:9 in Osdorf. Die zweite auch: Insgesamt über die Ergebnisse, die in der Tabelle eben darin mündeten, dass „08“ den miesesten Oberliga-Saisonstart der TSV-Vereinsgeschichte hinlegte. Und es gibt nicht wenige, die auf der Suche nach einer Antwort auf die gestellte Frage auch noch eine dritte Erwiderung parat hätten: Über sich selbst, respektive sein System. Nun, wir erinnern uns alle, schließlich ist es oft genug durchgekaut worden: Bester, früher Profi und später, vor seinem Sprung zu Buchholz „Co“ beim HSV, wollte genau das spielen lassen, was Christian Titz beim HSV tat. Eine Kopie in kleinen, sozusagen. Inklusive dieser hoch stehenden Viererkette, die Bester, wann immer es auch um ihn ging, irgendwie um die Ohren flog. Weil das Ganze einfach nicht funktionierte. Man braucht nur auf die 45 Gegentore schauen, die die Tabelle für „08“ ausweist. Oder auf Ergebnisse wie das in Osdorf und ein 4:4 gegen den FC Süderelbe. Auch eine in Bramfeld verspielte Führung hat der TSV zu bieten. Und: Manch einer fragt sich noch immer, warum die Bester-Boys nach einer netten 2:0-Führung in Curslack nicht fortan tiefer standen, um den Gegner kommen zu lassen, ihn gegebenenfalls auszukontern und den entscheidenden Nadelstich zum 3:0 zu setzen?

Nun, das Ende ist bekannt. Auch am Gramkowweg präsentierte sich das „Gebilde Buchholz“ lieber weiter mit der hoch stehenden Kette und letztlich so instabil wie ein Kartenhaus im Wind. Die Folge war ein verlorenes Spiel, nach dem Bester die zur Saison ausgerufene Zielsetzung – ein Platz unter den Top Sechs – ad acta legte und davon sprach, dass man im Abstiegskampf stecke und einzig allein das und keine illusionären Gedanken an einstellige Platzierungen an der Tagesordnung wären. Das Spielermaterial, das in Buchholz zur Verfügung stehe, lasse – so die vielfältige Meinung – die Bester'sche Interpretation von Fußball und Viererkette gar nicht zu. Eine Antwort darauf möge jeder für sich selbst finden. Fakt aber ist, dass das Team ganz lange, die berühmte gefühlte halbe Ewigkeit nämlich, ein anderes Spielsystem und Abwehrverhalten gewohnt war. Dass eine Umstellung nicht von heute auf morgen klappt – für jeden logisch. Bester Beleg: Wann holte Buchholz einen seiner beiden Saisonsiege? Richtig, als man bei Cordi defensiver stand. Warum Bester nicht vielleicht in dieser Saison auf Altbewährtes zurückgegriffen hat und vielleicht dann, wenn man in sicher(er)en Gefilden gestanden hätte, die neue Variante für die kommende Saison langsam eingeführt und ausprobiert hätte – es wird sein Geheimnis bleiben. Mit Hau-Ruck-Aktionen ist noch keiner weit gekommen.

Nachfolger-Suche: Beecken braucht ein glückliches Händchen – der Griff muss sitzen!

Unter der Regie von Bester haben die Nordheider den schlechtesten Oberliga-Saisonstart der Vereinsgeschichte hingelegt. Foto: KBS-Picture.de

Es gibt aber, so einfach es ist, die Kritik am Ex-Coach festzumachen, auch Dinge, die man Bester zugute halten muss. Zum Beispiel, dass er letztlich dann irgendwann doch selbst erkannt hat, dass seine Vorstellungen und (taktischen) Kniffe nicht so greifen, wie er sich das ausgemalt hat und sich – Ex-Profi hin oder her – nicht zu schade war, genau dies dann auch im von ihm geforderten Gespräch mit Manager Simon Beecken einzugestehen. Oder aber, dass er vielleicht einfach einen schlechten Zeitpunkt erwischt hat, um sein neues System in die Mannschaft zu implementieren. Zum einen lief bereits die vergangene Saison anfangs nicht gerade ideal und das Abstiegsgespenst kannte da bereits den Weg zur Otto-Koch-Kampfbahn. Und zum anderen, man muss es – auch wenn hier und da verjüngt wurde – einfach so konstatieren: Im Kader stehen viele Leistungsträger, die auch nicht jünger werden, um es nett zu formulieren. Die wiederum sind zum einen Altbewährtes gewohnt und vielleicht wirklich nicht für Bester-Fußball geschaffen. Zum anderen aber offenbar auch nicht verzichtbar, weil es fraglos schwerer ist, gute und junge Kicker nach Buchholz zu lotsen als beispielsweise zum USC Paloma, nach Meiendorf oder – aufgrund der sportlichen Situation – mit Abstrichen nach Bramfeld. Der typische Fall von Standortnachteil.

Wie dem auch sei: Das „Projekt Bester“ ist gescheitert, weil es einfach nicht besser wurde. Derjenige, der den ehemaligen Stürmer letztlich in die Nordheide holte, war Manager Simon Beecken. Es war fraglos eine mutige Idee. Weil Bester bis dahin nie als Coach im Hamburger Amateurfußball tätig war, sondern seine Connections eher Richtung Niedersachsen hatte. Es war aber auch keine schlechte Idee – zumindest, was die Publicity angeht. „08“, bis dahin allenfalls mal beim x-mal wiederholten Gewinn des Fairnesspreises „en vogue“, war auf einmal in aller Munde. Rein sportlich betrachtet hat es nichts gebracht. Außer Abstiegssorgen. Die wird auch der Mann mit sich herumtragen, der nach dem, machen wir uns nichts vor, inzwischen mehr als erwartbaren Ende der „Ära Bester“, künftig dauerhaft als Buchholz-Coach an der Seitenlinie stehen soll. Die Frage, wer das ist, wird nicht schnell beantwortet sein. Beecken selbst spricht davon, keinen Schnellschuss wagen zu wollen. Kann er sich auch nicht leisten. Der nächste Griff muss sitzen. Ein Unterfangen, das auch mit den Namen und der Verfügbarkeit von Alternativen steht und fällt. Ex-Buchholzer wie Henrik Titze (TSV Winsen) oder Steffen Prielipp (Harburger TB) stehen anderswo in Lohn und Brot, Gleiches gilt für Sören Titze bei Teutonia 05. Wen aber dann holen? Vor der Bester-Verpflichtung geisterten seinerzeit Namen wie Ralf Palapies oder Christian Woike durch den Raum. Sicher ist: Beecken wird fraglos ein glückliches Händchen brauchen...

Jan Knötzsch