Erst blüht Blum auf, dann muss Meiendorf die Ernte über die Zeit retten
MSV setzt sich nach 3:0-Führung mit 3:2 in Altengamme durch
Und weg ist die Kugel: Meiendorfs Osman Celik (re.) verliert den Ball an seinen Altengammer Widersacher. Foto: Mathias Merk
Und so stand Baris Saglam nach Spielschluss auf dem Kunstrasenplatz und sinnierte. Neben ihm seine Co-Trainer Tobias Sävke und Serhat Akkaya. „Wenn das Spiel noch länger gedauert hätte, dann hätten wir uns noch den Ausgleich eingefangen“, sagte der Coach des Meiendorfer SV schließlich. Saglam ging sogar noch einen Schritt weiter: „Vielleicht“, so mutmaßte der 31-Jährige, „hätten wir sogar noch verloren.“ Bemerkenswerte Worte des Meiendorfer Trainers. Bemerkenswert ehrlich. Und bemerkenswert, weil seine Mannschaft zur Pause des Spiels mit 3:0 führte und längst wie der sichere Sieger aussah.
Saglam: „Zwei Gegentreffer in 45 Minuten – das darf uns nicht passieren“
MSV-Trainer Baris Saglam ärgerte sich über die beiden Gegentreffer nach der Pause. Foto: Mathias Merk
So ganz falsch lag Saglam mit seiner Einschätzung nicht. Auch Daniel Andrade-Granados, Saglams Widerpart auf der Trainerbank des SVA, teilte diese Sicht. „Gefühlt haben wir dieses Spiel mit viel Fleiß und Herzblut gedreht. Am Ende wäre ein drittes Tor nicht unverdient gewesen. Die Wahrscheinlichkeit dafür stieg von Minute zu Minute. Nach unserem zweiten Treffer hat Meiendorf mächtig geschwommen“, konstatierte der 37-Jährige, der am heutigen Freitag nach dem standesamtlichen Ja-Wort die kirchliche Trauung mit seiner Tina vollzieht. Aufgrund dieser Zeremonie nebst der anschließenden Feierlichkeiten war die Partie vom Samstag auf den Donnerstag vorverlegt worden. „Wir sind ins Schwimmen geraten“, bestätigte auch Baris Saglam, „die Jungs haben sich nach dem 3:0 ein bisschen zurückgelehnt. Ich bin zwar froh über den Sieg und darüber, dass wir weiterhin ungeschlagen sind, aber über zwei Gegentore in 45 Minuten ärgern wir uns. Wir haben es vorher geschafft, 270 Minuten ohne Gegentor zu bleiben und dann kassieren wir in 45 Minuten gleich zwei – das darf uns bei unserer Qualität nicht passieren.“
Bevor es dazu kam, blühte der MSV auf. Oder besser gesagt: Andrej Blum tat dies. Zum wiederholten Mal. Nach einem Treffer gegen den SV Bergstedt und vieren im Match gegen den TuS Berne schoss sich der Stürmer des MSV am Gammer Weg wieder einmal in die Rolle des „Man of the match“ und schnürte einen „Dreierpack.“ Los ging es mit den blumigen Aussichten für die Gäste in der 29. Minute: Altengammes Dennis Herzberg spielte im eigenen Strafraum einen viel zu kurzen Rückpass, den Osman Celik erlief und schnell als Pass auf Blum weiterverwertete. Der Torjäger nutzte die Vorlage von rechts und zimmerte die Kugel zur Führung für den MSV ins Netz. Nur vier Minuten später legte er nach: Diesmal war Max Rosseburg der Vorlagengeber und wieder ließ Blum SVA-Keeper Alexander Golsinke keine Chance. Damit aber waren die Blum-Festspiele noch nicht vorbei: Zwei Minuten vor der Pause leitete Lawrence Schön das 3:0 ein, das Blum mit einem sehenswerten Lupfer über den SVA-Schlussmann hinweg erzielte.
Blum: „Die ganz große Überraschung sind meine Leistungen nicht“
„Ich bin zufrieden mit den drei Dingern“, sollte der Schütze des lupenreinen Hattricks nach dem Spiel schließlich feststellen, „es passt bei mir im Moment einfach. Ich selbst hätte nicht damit gerechnet, dass ich, nachdem ich drei Monaten verletzt war und die ersten Spiele verpasst habe, so übertrieben gut wiederkomme. Das freut mich umso mehr.“ Er wisse, so Blum weiter, „was ich kann. Die ganz große Überraschung sind meine Leistungen also nicht. Aber auch die Mannschaft macht das super. Bis auf einige kleine Aussetzer.“ Und genau einen solchen Aussetzer erlebte das Match aus MSV-Sicht am Gammer Weg nach dem Seitenwechsel. „Unsere erste Halbzeit war ganz gut. In der zweiten haben wir nach vorne gar nichts mehr gemacht. Ich weiß nicht, wieso. Dementsprechend war meine zweite Halbzeit auch nicht mehr so gut“, so Blum. Die Antwort bei der Suche nach den Gründen für den Auftritt im zweiten Durchgang lieferte dafür Blums Coach.
Andrade-Granados: „Meiendorf ist das mit Abstand Beste, was ich bisher gesehen habe“
Sah in der zweiten Hälfte eine kämpferische Altengammer Mannschaft: SVA-Coach Daniel Andrade-Granados. Foto: Mathias Merk
„Beim zweiten Gegentreffer will Kevin Heitbrock einen hohen Ball mit dem Rücken zum Spielgeschehen mit der Innenseite wegspielen. Da hat er nicht das richtige Timing. Entweder muss er ihn direkt wegschlagen oder zur Seite oder zum Torwart spielen“, fasste Saglam den Moment aus der vierten Minute der Nachspielzeit zusammen, um dann zu verlautbaren: „Ich bin froh, dass das ohne Niederlage abgegangen ist. Die zwei Gegentore sind zu viel. Aber das ist ein Lernprozess. Die Spieler müssen die Erfahrung machen, dass das, was die Trainer sagen, nicht nur immer gesagt wird, sondern dann auch mal passiert.“ Umstände, die aus der Sicht von Saglam und Co-Trainer Sävke vielleicht im richtigen Moment kamen: „Die richtig schweren Brocken stehen uns jetzt mit den Spielen gegen Kosova, Dersimspor und Bramfeld ja noch bevor.“ Und solche Gegner nutzen Fehler dieser Art unter Umständen noch effektiver als es der SV Altengamme tat. Wobei: Daniel Andrade-Granados konnte zurecht stolz auf seine Mannen sein.
„In der ersten Halbzeit sind wir gut reingekommen, da wusste der MSV nicht, was er machen sollte“, begann der SVA-Übungsleiter sein Fazit, um dann festzustellen: „Meiendorf ist mit Abstand das beste, was ich in der Liga bisher gesehen habe. Bärenstark, was die für eine Truppe haben. Aber: Machen wir nicht den schnellen Fehler zum 0:1, weiß ich nicht, ob denen die anderen Tore gelingen. In der Halbzeit mussten wir einen weg finden, uns Stabilität und Sicherheit zu holen. Dann machen wir nicht unverdient das 1:3 und das danach war Altengamme pur: Wir haben richtig gefightet und alles daran gesetzt, das Spiel zu drehen. Es ist super schön für meine Jungs, dass wir ein zweites Tor machen. Wir konnten nicht aus dem Vollen schöpfen. Wer weiß, wie es dann gelaufen wäre. Mit der zweiten Halbzeit bin ich äußerst zufrieden. Am Ende aber Glückwunsch an Meiendorf. Das war nicht unverdient.“ Worte, die Baris Saglam gerne vernahm: „Die Glückwünsche und das Lob nehmen wir dankend an.“
Jan Knötzsch