Einstellungssache? BU fällt zusammen - „Dasse“ glänzt, Joker brillieren!

„Eine Kleinigkeit sorgt für einen Domino-Effekt - und einige der elf Steine fallen dann um“

15. Oktober 2017, 18:46 Uhr

Die Eckfahne muss herhalten! Joker Lennart Müller feiert seinen Treffer auf extravagante Art und Weise. Von Maxi Dittrich gibt's noch einen kleinen Klaps obendrein. Foto: Damm

Sie rannten an. Immer und immer und immer wieder. Aber noch führten sie „nur“ mit 1:0. Ein Umstand, der Dassendorf-Trainer Peter Martens der Verzweiflung nahe brachte. Knapp 40 Minuten waren vorüber, als Maximilian Dittrich (24., 30., 37.), Sven Möller (32.) oder auch Jeremy Karikari (38.) BU-Keeper Kaspars Plendiskis unter Dauerbeschuss nahmen, und der TuS-Coach vor lauter Eintönigkeit der Partie in Richtung des Gegners meinte: „Ihr spielt hier wie eine Kreisklassen-Mannschaft, die keine 13 Tore kassieren will!“ Martens‘ Pendant auf der anderen Seite, Frank Pieper, meinte hinterher: „Natürlich haben die gegen uns mehr Ballbesitz. Ich bin doch nicht respektlos und behaupte, bei so einer Mannschaft, mit so einem Lauf und so einer Qualität, dass wir die an die Wand spielen. Das ist Schwachsinn! Aber man kann es besser machen, als wir es gemacht haben.“

Die Führung! BU-Keeper Plendiskis kann dem Freistoß von Sven Möller nur hinterherschauen. Foto: Damm

Was ist nur mit dem HSV Barmbek-Uhlenhorst los? Der Pokalsieger von 2015 und Vize-Meister von 2016 kann vor heimischer Kulisse weiterhin nicht punkten. Gut, der Gegner spielt zurzeit in einer ganz anderen und wohl auch eigenen Liga – aber diverse Spieler hinken ihrer Form meilenweit hinterher. Geben wirklich alle Akteure alles für den Verein? „Den Vorwurf müssen sich natürlich ein paar Spieler gefallen lassen“, entgegnete Trainer Frank Pieper-von-Valtier auf Nachfrage. „Es geben nicht alle alles und machen nicht jeden Laufweg, um alles dafür zu tun, gut zu verteidigen.“ Als Benjamin Lipke 20 Minuten vor dem Ende eingewechselt wurde, ging dieser jedem Ball nach, war bissig und sichtlich bemüht, noch etwas zu reißen. Eine Einstellung, die nicht viele Barmbeker an den Tag leg(t)en. „Was mich stört: Man kann gegen Dassendorf etwas reißen – man muss aber auch alles dafür tun. Das haben wir nicht auf die Platte gekriegt“, so Pieper, dessen Elf durch einen noch leicht abgefälschten, aber dennoch herrlich getretenen Freistoß von Sven Möller aus 21 Metern in den rechten Giebel in Rückstand geriet (17.). Es wird nicht der letzte gefährliche Standard bleiben. So viel sei vorweg genommen.

"Wir müssen vier, fünf Dinger mehr machen!"

Die Szene, die BU-Coach Pieper auf die Palme brachte: Im dritten Nachsetzen schießt Dittrich zum 2:1 für den Meister ein. Foto: Damm

Auch in der Folge spielte eigentlich nur eine Mannschaft – doch plötzlich hatte Janis Korczanowski nach einem langen Ball des ansonsten indiskutablen Niklas Sabas die große Chance auf den Ausgleich. Aber Christian Gruhne war auf dem Posten (19.). „In der Situation, wo er da sein muss, ist er da. Wir haben ja nicht umsonst einen guten Torwart hinten drin“, so Martens. Seine Schützlinge verpassten dann aber, die Führung auszubauen. Reichlich Chancen waren da. Stattdessen kam es kurz vor der Pause so, wie es eigentlich kommen musste, aber eigentlich nicht hätte kommen dürfen. Genauso zweifelhaft wie der Freistoß auf der anderen Seite, wurde Ivan Sa Borges Dju nach einem Duell mit Jeremy Karikari ebenfalls ein Foulspiel zugesprochen. Nico Schluchtmann setzte den Ball aus 17 Metern zwar in die Mauer, die Kugel kullerte jedoch zu Korczanowski durch, der ins lange Eck traf (43.) – 1:1! „Wir haben vielleicht fünf Minuten gewackelt und dann kann so ein Spiel auch mal kippen und keiner weiß warum“, konstatierte Martens völlig zutreffend – wenngleich die fünfminütige Wackelphase eigentlich nur aus einer einzigen Aktion bestand. „Die stehen mit elf Mann in ihrer eigenen Hälfte, haben auch noch das Schweineglück und machen ein Tor. Und wenn sie ganz, ganz viel Glück haben, machen sie sogar noch ein zweites“, fügte er an. Allerdings: „Das Manko in der ersten Halbzeit: Da müssen wir vier, fünf Dinger mehr machen!“ Und die Zeit der Geschenke war auch vorbei. Präsente der Wendelwegler gab es nur vor dem Anpfiff zum 94. Geburtstag der Hausherren.

"Das ist fehlende Bereitschaft!"

Lennart Müller (li.) düpiert Koras, Clausen und Schluchtmann - und bezwingt auch Plendiskis. Foto: Damm

Zehn Minuten nach der Pause kam es dann zur „Schlüsselszene“, wie Pieper befand. Gemeint war damit die 55. Spielminute, als sich die Hausherren komplett im Tierschlaf befanden und ihrer Passivität noch einmal Ausdruck verliehen. Torhüter Plendiskis entschärfte zunächst noch einen ruhenden Ball von Möller und blieb auch im zweiten Anlauf gegen Marcel von Walsleben-Schied aus kürzester Distanz Sieger. Doch die einzigen Akteure auf dem Platz, die wirklich nachsetzten, waren die Gäste – und so konnte Maximilian Dittrich das Runde im dritten Versuch ins Eckige befördern! „Eine Situation, in der der Torwart den Ball zweimal hält und der Gegner trotzdem frei zum Torschuss kommt. Das ist dann etwas von fehlender Frische im Kopf, fehlendem Vorausahnen, fehlender Antizipation und natürlich auch von fehlender Bereitschaft“, bemängelte Pieper, dessen Equipe sich nun ihrem Schicksal ergab. Der junge Oguz Koras musste gleich zweimal in allerhöchster Not retten, war eine Viertelstunde aber auch machtlos, als der eingewechselte Lennart Müller seine Wenigkeit sowie Nico Schluchtmann und Sebastian Clausen wie die Schuljungen ausstanzte und das Trio regelrecht düpierte. Schließlich veredelte der „Hüne“ seine technisch anspruchsvolle Aktion auch noch mit dem rechten Außenrist ins kurze Eck! Ein super Tor zum 3:1 für den „Champion“ (75.) und nicht nur jene Aktion brachte seinen Trainer ins Schwärmen: „Ich freue mich ganz extrem für ihn! Die Jungs, die bei uns draußen sitzen, sind klasse, trainieren gut, hauen sich voll rein und geben Gas. Da kann man überhaupt nicht meckern. Deshalb ist es für einen Trainer schwer, solche Spieler dann draußen zu lassen. Wie er das immer macht, wenn er reinkommt, mit welchem Eifer er dabei ist, mit welcher Präsenz und Bereitschaft, Zweikämpfe zu führen, obwohl es für ihn bestimmt nicht immer leicht ist – das ist wirklich großartig!“

"Dasse"-Joker glänzen - "Eine Kleinigkeit, die für einen Domino-Effekt sorgt"

Auch Kristof Kurczynski darf nur Sekunden nach seiner Einwechslung nochmal ran. Foto: Damm

Kurz darauf wollte auch Kristof Kurczynski zeigen, wie wichtig er für die TuS ist. Wenige Sekunden auf dem Platz, da bekam er einen Möller-Eckball punktgenau serviert und verwertete diesen mit seinem allerersten Ballkontakt zum 4:1 (81.)! „Für ‚Kuczy‘ freue ich mich genauso – auch er gibt im Training immer Vollgas“, lobte Martens seinen Tor-Joker. Für den krönenden Abschluss sorgte aber der herausragende Mann auf dem Platz höchstselbst: Sven Möller spazierte durch die Barmbeker Defensive und traf mit seinem Linksschuss aus 16 Metern ins lange Eck zum Endstand (82.)! „Insgesamt war es eine absolute Top-Leistung!“, jubelte Martens, der sich über den zwölften Sieg im zwölften Spiel freuen durfte. „In der zweiten Halbzeit haben wir rein gar nichts mehr zugelassen und selbst klasse Fußball gespielt. Wir haben immer die Ruhe bewahrt, waren klar dominant und haben uns dann auch belohnt. Deshalb ist der Sieg auch in der Höhe sowas von hochverdient!“

Unterdessen bilanzierte Pieper: „In der ersten Halbzeit haben wir es ordentlich verteidigt, aber nach vorne war es nicht so, wie wir uns das gewünscht haben. Dass Dassendorf die standardstärkste Mannschaft der Liga ist, wussten wir. Dementsprechend haben wir uns darauf vorbereitet. Aber wenn dann vereinzelte Spieler nicht mehr laufen oder nicht am Mann sind, dann kann man es eben auch nicht mehr verteidigen. Und wenn eine Mannschaft einen solchen Lauf hat, dann gelingen eben auch Sachen, die bei uns nicht gelingen.“ Insbesondere die Situation zum 1:2 trieb den BU-Coach auch lange nach Abpfiff noch zur Weißglut. „Heute ist es eine Kleinigkeit, die für einen Domino-Effekt sorgt, dass auf einmal mehrere Spieler nicht weiterlaufen, nicht weiter alles geben und nicht weiter dran glauben. Einige der elf Steine fallen dann um und das darf nicht passieren! Wir machen es bis dahin ordentlich, hauen uns rein – aber tun das in dieser Szene nicht.“ Angesprochen auf seine aktuelle Gefühlslage, entgegnete Pieper: „Es kotzt mich an und nervt mich kolossal! Aber es geht nicht um meine Gemütslage, sondern darum, es analytisch anzugehen.“ 

Autor: Dennis Kormanjos