"Eingeigelt und verpennt": Heuermann lässt Reibe wüten

BU setzt Aufwärtstrend fort - Reibe: "Tut richtig weh und geht mir nicht in den Kopf"

19. November 2017, 21:04 Uhr

Barmbeks Ivan Sa Borges Dju (Mi.) im Duell mit Pinnebersg eingewechseltem Maximilian Walter (li.).

Lautstark machte Thorben Reibe seinen Schützlingen im Mannschaftskreis nach dem Spiel klar, was er von der Leistung seines Teams in den ersten 45 Minuten hielt. So laut, dass bis zur Tribüne an der Dieselstraße zu vernehmen war, dass der Übungsleiter des VfL Pinneberg „not amused“ über das (nicht) Gezeigte war. Auf Nachfrage wurde Reibe ebenso deutlich: „Die erste Halbzeit tut einfach nur richtig weh, weil die mir auch nicht in den Kopf reingeht!“ Und weiter: „Wir haben uns vorgenommen, aggressiv aufzutreten. Wir wollen anlaufen, um gleich Druck auszuüben. Stattdessen haben wir uns in den ersten zehn Minuten komplett eingeigelt – also genau das Gegenteil von dem gemacht, was wir eigentlich vorhatten.“

Das „Einigeln“ der Pinneberger erfreute die Barmbeker Hausherren, die auch nicht lange brauchten, um erstmals Kapital daraus zu schlagen. Nach einem ruhenden Ball aus dem Halbfeld von Pascal El-Nemr landete der völlig missglückte Klärungsversuch von Fabian Knottnerus direkt am Sechzehner beim ziemlich alleingelassenen Chris Heuermann. Der fackelte nicht lange, ließ das Spielgerät einmal auftischen und jagte es dann ins linke Toreck – 1:0 (8.)! „Wir dürfen den Ball natürlich nicht so einfach genau in die Mitte klären und dann kommt der da völlig frei zum Schuss“, haderte Reibe. „Wir haben Ball und Gegner komplett kontrolliert und waren die meiste Zeit mit 21 Spielern in der Hälfte von Pinneberg“, befand derweil BU-Coach Frank Pieper, der „eine gute erste Hälfte“ seiner Elf sah, in der man „mindestens 2:0, eher 3:0“ hätte führen müssen, wie er meinte. Die Chancen dazu waren ohne Frage da. Wieder war es El-Nemr, dessen Freistoß erst Nico Schluchtmann, dann Niklas Sabas um Haaresbreite verpasste, ehe die Kugel an den Außenpfosten klatschte (26.). Kurz vor der Pause scheiterte Kevin Lange, der den guten Angriff selbst einleitete und dann nach Zwischenstationen bei Janis Korczanowski und Ivan Sa Borges Dju wieder in Szene gesetzt wurde, aus 13 Metern an Lucas Albrachts starker Parade (42.). Und schließlich hätte Sa Borges Dju zwingend das zweite Tor nachlegen müssen, als Korczanowski den „Sturmtank“ mit einem sensationellen Steilpass auf die freie Reise schickte – doch „SBD“ beförderte die Kugel an den linken Innenpfosten (44.). Die meisten der lediglich 156 Zuschauer hatten den Torschrei bereits auf den Lippen.

Reibe: "Das sind vielleicht auch die Qualitätsunterschiede, weshalb wir da stehen"

Yasir Zaman (li.) schraubt sich gegen Janis Korczanowski in die zweite Etage.

„Wir haben die erste Halbzeit komplett verpennt“, sprach Reibe Klartext – und fand offenbar die richtigen Worte. Auch wenn die Partie alles andere als ein Leckerbissen war, kam der Gast mit ganz anderer Griffigkeit und Konsequenz aus der Kabine. Allerdings war dem Spiel der Pinneberger überaus deutlich anzumerken, dass vorne ein richtiger Torjäger fehlte. Die Abschlüsse waren zum Großteil kläglich. Erst wurde Luis Diaz Alvarez von Jan-Hendrik Kaetow und Samuel Amoah auf halblinks freigespielt, schoss dann aber deutlich am kurzen Eck vorbei (55.). Die Krönung des Ganzen war jedoch das, was in der 75. Minute vonstattenging, als Christian Kulicke nach einem Kaetow-Freistoß alle Zeit der Welt besaß und am zweiten Pfosten vor Kaspars Plendiskis an den Ball kam – doch der „Blondschopf“ bugsierte die Kugel aus allerkürzester Distanz am linken Winkel vorbei. „Ich weiß gar nicht, was waren das – zehn Zentimeter?“, rätselte auch Reibe. „Das sind halt diese Kleinigkeiten, die aktuell nicht gelingen und fehlen. Häufig ist es auch das Spielglück und das haben wir derzeit einfach nicht.“

Die Gastgeber kamen vermehrt zu guten Konterchancen, ließen diese aber reihenweise – vor allem in Person von Sa Borges Dju und Heuermann – aus. Zudem verpasste Yannik Lux einen Kopfball-Querpass von Niklas Sabas – nach erneutem El-Nemr-Standard – um Zentimeter (71.). Und so kam die Reibe-Equipe in buchstäblich letzter Sekunden zur ultimativen Ausgleichschance. Und die hatte nicht etwa ein Feldspieler, sondern der Torwart, was zur augenblicklichen Situation wie die Faust aufs Auge passt. Daniel Diaz Alvarez bediente auf der linken Seite den eingewechselten Maximilian Walter, dessen butterweiche Flanke den Kopf vom mittlerweile aufgerückten Lucas Albracht fand. Zu unplatziert, zu wenig Tempo – und damit kein Problem für Plendiskis. Schluss! „Wir hatten drei, vier echt gute Chancen, die wir nicht machen. Das sind im Endeffekt vielleicht auch einfach Qualitätsunterschiede, weshalb wir dann da unten stehen. Es bringt leider nichts, wenn man nur eine gute Halbzeit spielt“, resümierte Reibe, dessen Elf insgesamt zu wenig Torgefahr ausstrahlte. „Natürlich fehlt so ein Typ vorne drin, aber der kostet dann auch mal eben eine Menge Geld – und das können wir uns eben nicht leisten. Mit ‚Marci‘ (Marcel Uitz; Anm. d. Red.) haben wir da auch ein gutes Talent, der heute mal eine Pause bekommen hat, aber in der Zukunft sicher noch eine große Rolle spielen wird. Insgesamt müssen wir nur einfach zielstrebiger werden. Wir hatten auch ein paar Szenen, wo wir einfach nicht den Abschluss finden, sondern immer noch einen Extrapass suchen. Vielleicht fehlt da so ein Knipser, den man 90 Minuten nicht sieht, aber der dann einmal den Ball hat und diesen auch reinschießt. Sowas macht am Ende auch den Unterschied aus.“

Pieper: "Es ist ein Riesenfortschritt zu sehen"

Pinneberg-Coach Thorben Reibe haderte mit der ersten Halbzeit seiner Elf.

Währenddessen befindet sich BU – zumindest was die Ergebnisse betrifft – im Aufwind. „Seitdem wir im Training und im taktischen Bereich Umstellungen vorgenommen haben, konnten wir in den letzten vier Spielen sieben Punkte holen – und haben auch zweimal zu Hause gewonnen“, so Pieper. Der Heimfluch scheint jedenfalls der Geschichte anzugehören. „Entscheidend ist, dass wir die Null gehalten und den Dreier geholt haben. Die Jungs haben hervorragend gekämpft und sich in der zweiten Halbzeit weitere Torchancen herausgespielt. Da fehlte dann das Glück, um es zielstrebig zu Ende zu bringen. Der Gegner kommt nicht zu den Chancen, weil er diese herausgespielt hat, sondern weil wir da nachlässig waren. Insgesamt denke ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind und das ein Riesenfortschritt in den letzten Wochen zu sehen ist.“ 

Autor: Dennis Kormanjos