„Ein Spiel, wo man denkt: Heute könnte ganz Verrücktes passieren“

Dassendorf „schont“ sich zum Sieg - Wehmut bei gebeutelten Raubvögeln steigt

08. Mai 2018, 23:53 Uhr

Kein Vorbeikommen: Henrik Dettmann (li.) mit stärker Arbeit gegen den Ball - hier gegen Michel Blunck. Foto: Alex Knull

Die Saison neigt sich dem Ende entgegen. Heißt auch, dass der eine oder andere Trainer Abschied nimmt – genauso wie einige Spieler. So auch beim SC Condor, wo es für Christian Woike „mit großen Stücken auf das ‚time to say goodbye‘ zugeht“, wie er selbst meinte. Doch noch geht es für ihn und seine „Raubvögel“ darum, die Beute – in diesem Fall den letzten Punkt zum sicheren Klassenverbleib – einzufangen. Dass dieses Unterfangen beim Wieder-Meister aus Dassendorf zu einer wahren Herkulesaufgabe werden würde, wussten die Verantwortlichen des SCC schon vorher: „Das ist so ein Spiel, wo man sich vorher denkt: Heute könnte etwas ganz Verrücktes passieren.“

Was Woike mit dieser Aussage meint? Aus unterschiedlichsten Gründen standen ihm René Jozic, Till Daudert, Cassian Klammer, Kevin Mellmann, Julian Künkel, Jannick Martens, Ibrahim Özalp, Nico Weiser und André Kossowski nicht zu Verfügung. Also wurde aus der Not eine Tugend gemacht. „Wenn man bedenkt, dass ich heute mit Malik einen habe spielen lassen, den ich bis vor kurzem noch gar nicht kannte, und drei Spielern unserer Zweiten, die kurz vor dem Abstieg in die Bezirksliga steht, zum Oberliga-Debüt verholfen habe – dafür haben sie das wirklich ordentlich gemacht. Die Jungs sind nicht abgefallen.“ Auf der „Sechs“ kam Malik Korodowou zu seinem ersten Einsatz für die Farmsener. Ebenfalls in der Startelf stand Jan-Ole Rosenhauer aus der eigenen Reserve – während Yannik Andersson und André Grosche-Müller ebenfalls aushalfen und später eingewechselt wurden. „Ich bin in der Tat ganz zufrieden – und ich hätte nicht gedacht, dass ich das nach einem 0:3 mal sage. Aber wenn man sich unsere Gesamtsituation und vor allem unsere Situation am heutigen Tag mal anschaut, dann ist das ja schon fast Hanebüchen“, resümierte Woike.

Woike: „Vielleicht ganz gut so, dass wir sie nicht zu früh gereizt haben“

Der Kapitän ist zurück: Amando Aust (li.) feierte nach langer Verletzungspause ein gut 20-minütiges Comeback. Foto: Alex Knull

Die 90 Minuten vor 112 Zuschauern am Wendelweg sind derweil schnell erzählt. Die Titel-Hamster von der TuS kamen ihrer Pflicht souverän nach. Dreimal Flanke, dreimal Kopfball, dreimal Tor! Erst nickte Lennart Müller eine Hereingabe von Henrik Dettmann zur Führung ein (21.), dann war André Ladendorf mit eine, schulbuchmäßigen „Header“ nach präziser Vorarbeit vom eingewechselten Pascal Nägele zur Stelle (56.). Und schließlich machte Maximilian Dittrich, ebenfalls per Kopf, den Deckel drauf, als Sascha Steinfeldt ihm die Kugel butterweich servierte (90.). „Wir haben heute nicht wirklich geglänzt, aber Condor hatte eine Torchance“, befand Thomas Hoffmann – und sprach damit auf einen Freistoß von Gökhan Iscan an, den Christian Gruhne aus dem Torwarteck fischte (49.). „Ich bin wirklich ganz zufrieden, wie wir das gelöst haben. Ja, Dassendorf hat nicht das letzte Tempo gespielt – und ja, Dassendorf hat auch nicht mit dem letzten Zug zum Tor gespielt. Aber vielleicht haben wir es eine Zeit lang auch ganz gut verteidigt. Und mehr als Verteidigen war heute auch nicht möglich, das war uns klar“, bilanzierte Woike, der sich gewünscht hätte, „dass zu Beginn zwei, drei Dinger, wo wir den Ball mal durchgesteckt haben, angekommen wären.“ Doch wie sagte Lothar Matthäus schon so schön: „Wäre, wäre, Fahrradkette“, ehe Woike mit einem Schmunzeln anfügte: „Auf der anderen Seite ist es vielleicht auch ganz gut, dass wir sie nicht so früh gereizt haben.“ Und weiter: „Was mich ein bisschen traurig stimmt, ist das letzte Tor. Zehn Sekunden vor Schluss ist unnötig. Aber insgesamt gehe ich mit einem deutlich besseren Gefühl aus dieser Niederlage raus, als am letzten Wochenende gegen Rugenbergen.“

Hoffmann: „Was beim Osdorf-Spiel passieren wird, kann ich heute noch nicht sagen“

Während Condor auf einige Akteure verzichten musste, taten die „Wendelwegler“ dies aus eigenen Stücken, um vor dem Pokalfinale kein allzu großes Risiko einzugehen. „Das ist natürlich schwer, immer die Spannung hochzuhalten. Aber alle zeigen sich und alle haben das eine Ziel – ganz klar. Sie wollen im Finale spielen“, so Hoffmann. „Wir versuchen, allen Leuten Spielzeit zu geben, damit sie sich alle nochmal zeigen können bis zum Finale. Und darauf wartet jetzt natürlich jeder“, steigt die Vorfreude eigentlich minütlich. Wenngleich man auch in der Liga, trotz der bereits feststehenden Titelverteidigung, noch ein Ziel verfolgt: „Wir wollen bei der Punktzahl vorne eine Neun stehen haben“, verriet „Hoffi“, der zudem versprach, dass seine Mannen „die Spiele gegen Süderelbe und Pinneberg volle Kanne angehen werden.“ Und das, obwohl die abenteuerlichen Spielansetzungen (am 16.5. in Pinneberg, am 18.5. gegen Osdorf und am 21.5. das Pokalfinale gegen Niendorf) zu einer Belastung führen, die mit Hinblick auf das Pokal-Endspiel regelrecht danach schreien, die Ligaspiele mehr oder minder „herzuschenken“ – und beispielsweise die eigene Zweite antreten zu lassen. Hoffmann: „Was beim Osdorf-Spiel passieren wird, da bin ich ganz ehrlich: Das kann ich heute auch noch nicht sagen.“

„Ein bisschen Angst vor den Emotionen habe ich schon“

Am Sonntag steigt für Christian Woike (re.) das letzte Heimspiel als Condor-Coach. Foto: KBS-Picture.de

Beim SC Condor könnte es derweil am kommenden Sonntag sehr emotional zur Sache gehen. Denn: Für Coach Woike und einige langjährige Leistungsträger wie Sascha Kleinschmidt, Kevin Mellmann (beide Bramfeld) oder auch Mike Theis (HR) und Carlos Flores (vermutlich Alte Herren) wird es gegen den VfL Pinneberg zum letzten Heimspiel ihrer Condor-Zeit kommen. Wehmut oder Vorfreude? „Eine Mischung aus beidem“, erklärt Woike. „Die Stimmungslage schwankt auch jeden Tag so ein bisschen. Es gibt Momente, wo ich sage: Gut, dass es dann vorbei ist. Denn den Schnitt habe ich ja inzwischen auch vom Kopf her vollzogen – und freue mich, wenn es vorbei ist. Aber, und das habe ich eben auch zu den Jungs gesagt, ein bisschen Angst vor Emotionen habe ich schon, das muss ich zugeben – und ein bisschen Respekt vor der Situation an sich. Ich würde mir wünschen, dass wir am Sonntag den Klassenerhalt zu Hause aus eigener Kraft festmachen, sodass wir das letzte Heimspiel auch genießen können. Das wäre dann auch ein versöhnlicher Abschied für ein absolutes Katastrophenjahr.“ Einen würdigen Abschied hätte er nach fünf Jahren und vielen Highlight-Spielen und tollen Momenten allemal verdient…

Autor: Dennis Kormanjos