„Ein Pakt mit dem Teufel?!“ – FC Alsterbrüder bricht alle Rekorde

Trainer Weiß, Kapitän Hitscher und Keeper Kühn erklären das Erfolgsgeheimnis

03. Dezember 2015, 14:48 Uhr

So geht das schon die ganze Saison! Der FC Alsterbrüder bejubelt Sieg um Sieg. Foto: noveski.com

Mittlerweile hat es der FC Alsterbrüder deutschlandweit in die ganz großen Gazetten geschafft. Mit einer so noch nicht dagewesenen Serie sorgt man seit Wochen für Aufsehen – der FCA ist in aller Munde! Nach 15 Saisonspielen, die allesamt zu Null (!) gewonnen wurden, musste dem Weiß-Ensemble schon das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen: Die allerletzte Hinrundenpartie gegen Benfica wurde aufgrund des Dauerregens abgesagt und verschoben. Ansonsten hätten die Alsterbrüder wohl eine denkwürdige Serie aufgestellt und wären in einer kompletten Halbserie nicht nur ohne Punktverlust, sondern auch ohne jedes Gegentor geblieben!

Torhüter Moritz Kühn muss sich ob der Beschäftigungslosigkeit oftmals etwas anders beschäftigen. Foto: noveski.com

Wäre man ganz hart, könnte man Moritz Kühn im übertragenen Sinne als „arme Sau“ bezeichnen. Kühn hütet seit dieser Saison das Tor des FC Alsterbrüder – der 23-Jährige war zuvor in der Oberliga bei der SV Blankenese aktiv. Woche für Woche stellt er sich zwischen die Pfosten – doch manchmal beschleicht einen fast das dumpfe Gefühl, als könnten die Alsterbrüder ihre Nummer eins zum Feldspieler um mutieren. Es ist ja nicht so, als würde Kühn gar nichts zu tun bekommen – schließlich sah er sich bereits zwei Elfmetern des Gegners gegenüber. Beim 3:0-Sieg über den VfL Hammonia II parierte Kühn – im Topspiel gegen Teutonia 05 II (2:0) profitierte er vom fehlenden Zielwasser des Schützen. „Als Torwart ist es nicht so einfach, die Konzentration hochzuhalten. Man muss immer hellwach sein, da du nie weißt, ob nicht eventuell doch mal einer durchrutscht. Ich habe es jedenfalls lieber, wenn ich auch ein wenig zu tun bekomme“, erklärte uns der Fänger nach dem mühsamen 1:0-Erfolg gegen Altona 93 II, als Kühn über 90 Minuten komplett beschäftigungslos blieb und sich mit anderen Dingen die Zeit vertrieb – wie etwa die Handschuhe auf einen ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen (siehe Foto). „In der Jugend hatte ich es mal, dass ich in fünf oder sechs Spielen am Stück zu Null gespielt habe, aber im Herrenbereich definitiv noch nicht. Das Team ist einfach überragend, so etwas habe ich noch nie erlebt. Wir halten zusammen, sind eine super Einheit, trainieren geil und haben einen richtig guten Trainer!“

„Weiß ist ein direkter Typ“

Erfolgscoach Michael Weiß. Foto: noveski.com

Seit dieser Saison ist Michael Weiß an der Gustav-Falke-Straße als Übungsleiter beheimatet. Weiß selbst kickte in der Jugend für den VfB Stuttgart, spielte dort unter anderem an der Seite von Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi. Zuletzt war der 33-Jährige in der Oberliga beim Oststeinbeker SV aktiv. Nun geht er seine allererste Trainerstation an – und scheint nahezu alles richtig zu machen. „Neben dem Fachlichen ist er stark in der Mannschaftsführung. Bei einem 30-Mann-Kader sind viele Gespräche notwendig. Er ist ein direkter Typ – seine Ansprache kommt an“, so Kapitän Gunnar Hitscher, der gleichzeitig anfügt: „Michael bekommt von unserem Fitnesscoach und Physiotherapeuten Jonas Hojati große Unterstützung: Er führt verletzte Spieler wieder an den Kader heran und entlastet Michael zudem im Trainingsbetrieb.“ Auch Hitscher verfügt wie Kühn über eine höherklassige Vergangenheit: Der Innenverteidiger trug die Jerseys des Niendorfer TSV, Eimsbütteler TV und SC Poppenbüttel. Mit dem ETV stand er nach dem Oddset-Pokal-Triumph sogar im DFB-Pokalspiel gegen Greuther Fürth (0:10) über 90 Minuten auf dem Platz. „Ich habe schon einige Wechsel hinter mir. Nun kann ich sagen: Bei den Alsterbrüdern bin ich angekommen. Die Mannschaft, aber auch der Verein insgesamt, hat einen sehr großen Stellenwert in meinem Leben. Wenn man viel investiert – und damit meine ich nicht monetär –, bekommt man auch was zurück.“

15 Spiele, 15 Siege und die schier unglaubliche Torausbeute von 57:0

Kapitän Gunnar Hitscher gibt auf dem Platz die Richtung vor. Seine Teamkollegen hören und folgen aufs Wort. Foto: noveski.com

Der Trainer erklärt immer wieder, dass der aktuelle Triumphzug durch die Liga nur als Kollektiv möglich ist und wird auch nicht müde, dies immer wieder zu betonen. „Man muss wirklich die gesamte Mannschaft hervorheben – nicht nur den Torwart und die Viererkette. Wir arbeiten im Kollektiv hervorragend gegen den Ball. Nur so ist ein solcher Erfolg möglich! Das Defensivverhalten, vom Sturm angefangen, ist für diese Klasse ziemlich überragend. Die Jungs sind unglaublich willig, haben richtig Bock. Natürlich ist so eine Zu-Null-Serie auch für mich etwas Besonderes. Und sicherlich kann man nach so vielen Spielen sagen – auch wenn wir bereits zwei Elfmeter gegen uns hatten –, dass es nicht nur auf Zufall basiert.“ 15 Spiele, 15 Siege und die schier unglaubliche Torausbeute von 57:0 – die Serie der Eimsbütteler will einfach nicht abreißen. Zuletzt wurde die halbe Oberliga-Truppe des SV Lurup mit 1:0 bezwungen. Auch Verantwortliche und Spieler tappen bei Erklärungsversuchen, wie solch eine Bilanz möglich sei, im Dunkeln. Manager Claus Meier scherzt: „Wir haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.“ Hitscher: „Vorne Tore machen, hinten keine bekommen.“ Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. „Dass es eine gute Saison werden kann, war uns von vornherein klar. Dass wir so starten, allerdings nicht. Das hat mehrere Faktoren: Harmonie und Geschlossenheit der Mannschaft, Qualität des Trainers, der Verantwortlichen sowie des Umfelds – und hinzu kommt das Spielglück.“ Zumindest ist dies schon mal der Ansatz einer plausiblen Erklärung.

Doch wie gelingt es, die Konzentration in jedem einzelnen Spiel über 90 Minuten aufrecht zu erhalten – auch dann, wenn man im Gefühl des sicheren Sieges ist, und den Gedanken hegt, dass nichts anbrennen kann? „Um ehrlich zu sein, kommt mir diese Serie erst in den letzten Minuten von überlegen geführten Partien in den Kopf. Ansonsten ist es ja das grundsätzliche Ziel, nach vorne zu verteidigen. Die Ballgewinne haben wir eher in der Mittelzone“, so Hitscher, der sich auf die Hilfe der Mitspieler verlassen kann. „In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem die Defensivleistung unseres zentralen Mittelfelds mit Felix und Lucas Niebuhr, Max Janta sowie Daniele Scharrnbeck erwähnen.“ Unaufhaltsam marschieren die „Kanarienvögel“ der Bezirksliga entgegen. Der Vorsprung auf die Konkurrenz ist bereits riesig. Können sich die Alsterbrüder also nur noch selbst schlagen? „Gute Frage. Weiß ich nicht“, möchte der „Capitano“ vermutlich keine falschen Worte verlieren …