Kolumne

Durchdacht und klug gemacht: Problem erkannt! Problem gebannt?

Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

29. Januar 2019, 09:00 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

An dieser Stelle greifen wir unter dem Titel „Abpfiff“ in unserer Kolumne die Geschehnisse des Wochenendes und die wichtigsten Themen der vergangenen Woche im Hamburger Fußball auf und beleuchten und kommentieren diese. Diesmal geht es dabei um die Entscheidung des Hansa-Landesligisten SC V/W Billstedt, Onur Ulusoy als Trainer und Michael Meyer als dessen spielenden „Co“ zu holen, und um die Personalien bei Concordia, wo Matthias Stuhlmacher neuer Sportlicher Leiter ist und mit Markus Kranz ab Ende Februar ein Ex-Bundesliga-Profi seine Aufgabe als Ligamanager beim Oberligisten antritt.

Und damit auch direkt rein ins Geschehen: Ob Matthias Seidel ein Freund guter alter Sprichwörter ist, ist nicht überliefert. Könnte er aber. Denn wenn es um die Besetzung des Managerpostens bei Cordi geht, könnte man so manche Weisheit auspacken. Die, dass gut Ding Weile haben will, zum Beispiel. Oder dass endlich gut wird, was lange währt. Seit September 2018 stand der Oberligist ohne einen Manager da, nachdem Seidel zuvor im FussiFreunde-Gespräch eine große Lösung angekündigt hatte, diese Aussage anschließend aber als Gast von „Kalles Halbzeit im Verlies“ widerrief. Wie auch immer, der Fakt bleibt identisch: Cordi brauchte lange, um eine Lösung zu finden. Sehr lange. Finden wollte man jemanden, der „zu unseren hochgesteckten Zielen passt“ (O-Ton Seidel). Dass man ihn eben lange Zeit nicht gefunden habe, sei „nicht problematisch. Ich bringe mich ein. Es wäre fatal, einen Manager zu suchen, nur um die Oberliga-Saison über die Bühne zu kriegen“, so Seidel. Zwei Mal, bei Daniel Domingo und Florian Gossow, hatten Seidel & Co zuvor auf das falsche Pferd gesetzt.

„Stuhle“ mit Sachverstand, Kranz die „große Unbekannte“ in der Rechnung

Concordias neuer Sportlicher Leiter Matthias Stuhlmacher. Foto: KBS-Picture.de

Nun also sollen es Matthias Stuhlmacher und Markus Kranz richten. Der Zeitpunkt der Inthronisierung langt so gerade noch, um endlich in die Planungen für die kommende Saison einzusteigen. Um in der aktuellen Transferphase noch einmal etwas richtig Spektakuläres aus dem Spieler-Regal zu fischen, ist sie allerdings schon zu spät. Nicht umsonst ist dem Club von Bekkamp in diesem Winter kein großer Wurf bei der Personal-Auffrischung gelungen. Im Gegenteil: Man tat sich bisweilen sogar schwer, lästige Ladenhüter loszuwerden. Die Menge an Spielern, die bei Cordi gehen sollte, ist in jedem Fall nicht zusammengekommen. Umso mehr also warten auf Stuhlmacher und Kranz – der Letztgenannte tritt seinen Posten erst Ende Februar an, wie der Verein in seiner Pressemitteilung in der vergangenen Woche vermeldete – erst einmal Aufräumarbeiten. Wo neue Spieler her sollen, müssen alte weg – und dass es beim einstigen selbsternannten Regionalliga-Kandidaten angesichts der miserablen Bilanz, derzeit kurz vor den Abstiegsrängen zu stehen, im Sommer dann einen Umbruch geben muss, dürfte nicht von der Hand zu weisen sein. Viel Arbeit also für das neue dynamische Duo am Bekkamp.

Aber sind Stuhlmacher und Kranz überhaupt die richtigen für diese Aufgabe? Sind sie eine große Lösung? Eine sinnvolle? Stuhlmacher ist immerhin ein Kenner des Hamburger Amateurfußballs – auch wenn er zuletzt in der Saison 2015/2016 einen Posten inne hatte. Damals noch als Trainer beim FC Türkiye. Ein Mann mit Sachverstand und jeder Menge Kontakten. Macht also Sinn. Als Kaderplaner aber muss auch er sich erstmal bewähren, schließlich war „Stuhle“ bisher eher Coach und kein Sportlicher Leiter. Und Kranz? Ist er als Ex-Profi (wurde mit dem 1. FC Kaiserslautern 1990 Pokalsieger und 1991 Meister) der „große“ Teil der Lösung? Zumindest ist er die „große Unbekannte“ in dieser Rechnung. Bislang war der 49-Jährige nach seiner aktiven Karriere als Co-Trainer bei Wacker Burghausen und dann als Übungsleiter im Rheinland tätig. Eine Verbindung zum Hamburger Amateurfußball? Bislang, was Posten angeht, Fehlanzeige. „Markus wird mich unterstützen und sich um das tägliche Oberliga-Geschäft als Ligamanager kümmern. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Mannschaft zu stärken. Die oberste Prämisse ist der sportliche Erfolg. Erst wenn der Erfolg gegeben ist, werden wir über höhere Ziele sprechen“, so Stuhlmacher. Das greifbare Ziel soll „ein einstelliger Tabellenplatz sein.“ Im Sommer werde man sich dann neu ausrichten. Spätestens dann dürfen Stuhlmacher und Kranz an ihren Taten gemessen werden.

Meyer mit Erfahrungsschatz, Ulusoy als „Spieler-Former“

Billstedts neuer Trainer Onur Ulusoy (Zweiter v. li.). Foto: Heiden

Mehr Worte als Stuhlmacher und Kranz, der in der Cordi-Pressemitteilung gar nicht zitiert wurde, hat derweil Onur Ulusoy seiner neuen Aufgabe vorausgeschickt. Der neue Trainer des SC V/W Billstedt will mit seiner künftigen Truppe „guten Fußball spielen, bis zum Saisonende eine Entwicklung sehen und in erster Linie eine Anlaufstelle für junge Spieler sein, die sich entwickeln wollen. Wenn dabei dann der Sprung in die Oberliga herausspringen würde – umso besser.“ Er habe sich für V/W entschieden, weil dies ein „Traditionsclub“ sei und man dort „tolle Trainings-Bedingungen“ habe, so Ulusoy. Und: „Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass die Ligamannschaft aus sehr jungen Spielern besteht, das heißt im Umkehrschluss, dass sie formbar sind.“ Genau da liegt die Chance: Elf Punkte Vorsprung hat Billstedt auf den ersten Abstiegsrang. Der Kampf um den Klassenerhalt droht Vorwärts/Wacker also nicht mehr, wenn nichts Außergewöhnliches passiert. Beste Voraussetzungen, um in Ruhe eine Idee zu entwickeln, sie voranzutreiben und mit Leben zu füllen.“ Ebenfalls sinnvoll: Dass sich Ulusoy mit Michael Meyer als spielender Co-Trainer einen Weggefährten zur Seite holt, den er kennt und der – das ist vielleicht noch viel wichtiger – der Mannschaft mit seiner Erfahrung zu Gute kommen wird.

Denn eines hat Manager „Karotte“ Krause am Öjendorfer Weg erkannt: „Wir hatten im Laufe der Saison letztlich nur drei erfahrene Spieler.“ Zwei davon fielen zu allem Überfluss auch noch verletzt aus, also blieb nur einer übrig. „Das ist für eine Mannschaft zu wenig“, so Krause. Treffer versenkt! Davon ab: Über die fußballerischen Qualitäten Meyers muss man nun wirklich nicht diskutieren. Ein Risiko aber bleibt. Nicht bei Meyer, aber beim Coach: Billstedt ist Ulusoys erste richtige Trainerstation, mal abgesehen von seiner Rolle bei den Futsalern der HSV-Panthers. „Er hat dort sehr gute Arbeit abgeliefert. Wenn man jedes Jahr um die Deutsche Meisterschaft spielt, dann muss man schon was auf dem Kasten haben“, konterte Krause diesen Einwand jüngst. Nun, das mag stimmen – auch wenn Futsal letztlich etwas anderes ist als Fußball. Den Nachweis, es als Coach an der Seitenlinie des grünen Rasens zu können, muss er dennoch erst einmal erbringen, wenn es ihm nicht wie seinen Vorgängern Aydin Taneli und Hamid Derakhshan gehen soll. Beide waren jeweils im Winter vor Ende ihrer Vertragslaufzeit weg.

Jan Knötzsch