Oberliga

Drei Punkte für BU, aber 1000 Euro Geldstrafe – Meiendorf muss 150 Euro zahlen

HFV-Sportgericht fällt Urteile nach dem Abbruchspiel vom 17. Februar

06. März 2019, 20:57 Uhr

Die Augenblicke nach der Äußerung: Gleich mehrere MSV-Spieler zog es am 17. Februar in den BU-Fanblock. Foto: Stefanie Balle

Das am 17. Februar beim Stand von 3:0 für den HSV Barmbek-Uhlenhorst abgebrochene Heimspiel gegen den Meiendorfer SV wird mit 3:0 und drei Zählern für die Barmbeker gewertet. Dies ist das Urteil, das das Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbandes (HFV) bei seiner Verhandlung gefällt hat. Die Partie zwischen den beiden Oberligisten war seinerzeit nach 70 Minuten abgebrochen worden, da der MSV aus Protest gegen Rassismus geschlossen den Platz verlassen hatte. Auslöser waren von Meiendorf-Spieler Kevin Heitbrock als rassistisch empfundene Rufe aus der BU-Fankurve (wir berichteten). Zudem belegte das Gericht unter Vorsitz von Christian Koops (Bramfelder SV) BU mit einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro. Der MSV muss 150 Euro zahlen, weil er den Abbruch verursacht hat.

Erinnern wir uns: Nachdem das Spiel im Stadion an der Dieselstraße bis dahin in normalen Bahnen verlaufen war, kam es nach 70 Minuten zu einem Zweikampf zwischen Fatih Umurhan (BU) und Max Rosseburg, in dessen Folge es zunächst so aussah, als wolle Rosseburg den zu Boden gegangenen und wieder aufstehenden Umurhan attackieren. Dann – dies zeigen Videos vom Spiel – gab es einen Zwischenruf von der BU-Fankurve, woraufhin zunächst Kevin Heitbrock und dann weitere MSV-Spieler – auf Fotos sind unter anderem Lawrence Schön und Can Düzel erkennbar – über die Werbebande in den Barmbeker Fanblock sprangen, um Detlef Grandt, den Verursacher des Zwischenrufs, zur Rede zu stellen. Auf dem Platz kam es anschließend zu einer Rudelbildung. Letztlich beschloss der MSV, geschlossen das Spielfeld zu verlassen und nicht mehr weiterzuspielen. „Das wäre nicht gut ausgegangen, deshalb sind wir vom Platz gegangen“, begründete Meiendorfs Coach Baris Saglam die Entscheidung damals.

Grandt: „Das gehört nicht zu meinem Wortschatz“

Die Mannschaft des MSV verließ seinerzeit als Zeichen gegen Rassismus geschlossen den Platz. Foto: Stefanie Balle

Das Gericht begründete in Person seines Vorsitzenden heute Abend, dass man davon ausgehe, dass Grandt die Worte „Verpiss dich, du Schwarzer“ gesagt habe – diesen Wortlaut hätte auch das Schiri-Gespann im Spielbericht eingetragen. „Das ist in dem Kontext rassistisch und diskriminierend. Wenn Herr Grandt das anders gemeint hat, kann das so sein. Aber: Es kommt drauf an, was ich gesagt habe und an wen ich es richte. Wenn Kevin Heitbrock das rassistisch oder diskriminierend aufgefasst hat, ist das nachvollziehbar“, sagte Christian Koops. Dies sein ein unsportliches Verhalten eines Vereinsmitglieds. 


Grandt selbst sagte im Interview nach dem Urteil: „Das gehört nicht zu meinem Wortschatz.“ Er habe zwar „Schwarzer“ gesagt, dies aber auf die Farbe des Trikots bezogen: „In der Woche davor habe ich das so auch zu zu einem hellhäutigen Teutonia-Spieler gesagt.“ Er habe mehrfach versucht, sich für die Aussage zu entschuldigen, erst am Spieltag, später dann auch über seinen Anwalt – dies sei von den Meiendorfern abgelehnt worden. Es sei dumm von ihm gewesen, das Wort „Schwarzer“ gegenüber einem farbigen Spieler zu nutzen, so Grandt, der zudem erklärte, dass er nach seiner Äußerung von Meiendorfer Spielern mit den Worten „Scheiß Krüppel-Nazi, du kommst hier nicht raus“ beleidigt worden sei

Im Rahmen der Verhandlung, die nicht mal eine halbe Stunde dauerte, hatte zunächst Heitbrock noch einmal seine Sicht der Dinge geschildert und erklärt, dass er den Ausruf „Schwarzer Wichser, geh weg“ von der BU-Tribüne vernommen habe und dies so empfunden habe, dass es auf seine Hautfarbe bezogen sei. Daraufhin sei er in den Fanblock der Barmbeker und habe Grandt „zur Rede gestellt und gefragt, wieso er sowas sagt. Er hat mir keine Antwort gegeben. Ein Zeichen, dass er das aufs Trikot bezogen habe, habe ich nicht gesehen.“ Als seine Mitspieler mit ihm auf der Tribüne gewesen sein, so Heitbrock „ist es natürlich lauter geworden. Aber ich bin alt genug, in so einer Situation Ruhe zu bewahren und nur klar zu sagen, was ich denke.“ MSV-Spieler Ephrahim Asante sagte, er habe die Worte „Geh weg, scheiß Schwarzer“ vernommen, sei aufgebracht gewesen, wollte aber „weiter Fußball spielen.“

Saglam: „Die 150 Euro Strafe nehmen wir gerne in Kauf“

Meiendorfs Coach Baris Saglam erklärte, der Verein könne mit der Geldstrafe von 150 Euro leben. Foto: Stefanie Balle

Haci Gündogan, der bereits ausgewechselt war und auf der Bank saß, erklärte, er habe das gehört, was auf den Videoaufnahmen zu hören sei: „Mir ist Herr Grandt bekannt, weil ich Ex-BU-Spieler bin, ich bin auch über die Barriere und habe ihn aufgefordert, so etwas zu lassen. Jeder hat es so wahrgenommen, dass es auf die Hautfarbe bezogen war. Es ist ein sensibler Bereich, man muss sich in dem Alter Gedanken machen, ob es richtig ist, so etwas zu sagen.“ Max Rosseburg gab zu Protokoll, ebenfalls „Du Scheiß Schwarzer“ aus dem Fanblock gehört zu haben. BU-Vereinsvertreter Sascha Hansmann erklärte: „Wir hatten zwei externe Ordner von einem Sicherheitsdienst und drei vereinsinterne Ordner“ und teilte mit, dass Grandt zum Zeitpunkt des Spiels passives Mitglied gewesen sei, nun aber vom Vorstand ein Ausschluss wegen vereinsschädigendem Verhalten beantragt sei. Die Äußerungen Grandts stufte er aus „äußerst unpassend ein, da gibt es keine zwei Meinungen.“

Schon wenige Tage nach dem Spiel hatte MSV-Trainer Saglam im FussiFreunde-Gespräch (Hier geht’s zum Artikel) erklärt, dass der MSV „keine Punkte am grünen Tisch“ wolle: „Wir haben sportlich mit 0:3 verloren. Es gibt wichtigeres als einen Sieg, eine Niederlage oder ein Unentschieden. Und zwar Gesundheit und die Würde des Menschen. Ob wir ein Spiel mehr gewinnen oder verlieren – das interessiert doch keinen. Es muss nur im Rahmen der Regeln ablaufen.“ Grandt selbst hatte in der Woche nach der Partie im Video-Interview mit uns (Hier gibts's das Gespräch in voller Länge) beteuert, seine Aussage sei nicht rassistisch gemeint gewesen. MSV-Coach Saglam erklärte nach dem Urteil: „Die 150 Euro Strafe nehmen wir gerne in Kauf, weil wir ein Zeichen gegen Rassismus setzen wollten.“

Jan Knötzsch/Dennis Kormanjos