Kolumne

Donnerwetter, Dersim! – Chaos-Cordi?

09. Dezember 2019, 08:00 Uhr

Selcuk vermittelt dem neuen Dersim nicht nur Fußball, sondern auch Werte

Dersims Dirigent und Baumeister: Trainer Sammy Selcuk hat beim Hansa-Landesligisten eine positive Entwicklung eingeleitet. Foto: Reß

Fraglos besser ist die Stimmung da schon bei Dersimspor eine Liga tiefer. Auch wenn das Heimspiel in der Hansa-Staffel gegen den FC Türkiye am zurückliegenden Wochenende den Witterungsbedingungen zum Opfer fiel. Zuvor aber gab es unter der Woche einen 6:2-Sieg beim SV Altengamme, nach dem Trainer Sammy Secuk schwärmte, seine Mannschaft habe nach Monaten endlich so Fußball gespielt, wie er sich das vor der Saison vorgestellt habe. Das Beispiel Altengamme ist übrigens eines, an dem sich die Entwicklung bei Dersim vortrefflich auffächern und analysieren lässt. Erinnern wir uns an die vergangene Saison. Da gab es am 18. Mai 2019 die Partie Altengamme gegen Dersim am Gammer Weg. Endstand: 15:0 für den SVA. In der Hinrunde der laufenden Saison siegte Dersim mit 2:1 beim SVA und nun folgte das 6:1 im Rückspiel – aufgrund des getauschten Heimrechts wieder in Altengamme. Die Unterschiede sind klar ersichtlich. Nun, in der Endphase der vergangenen Serie trat Dersim mit einer Truppe an, bei der klar war, dass sie am Ende jener Spielzeit auseinander fallen und sich – bis auf wenige Ausnahmen – in alle Himmelsrichtungen zerstreuen würde. Aber: Die Resultate aus dieser Saison zeigen eindeutig auch, dass man gar nicht genügend Hüte haben kann, die man vor der Leistung ziehen muss, die bei Dersim in den zurückliegenden Monaten gezeigt wurde. Auf und neben dem Platz, versteht sich. Denn schließlich wurde der Kader der Harburger im Sommer 2019 noch mehr „zerpflückt“ und dann wieder neu zusammengepuzzelt, als dies eine Etage höher bei Concordia der Fall war. Der Satz von Obmann Mahmut Capan, dass gerade mal „zweieinhalb Alte“ geblieben sein, ist noch gegenwärtig.

Gemeint waren Beytullah Atug, Onur Capan und „Standby-Spieler“ Umut Yildiz – das komplette restliche Material wurde neu geholt. Wochenlang führte Sammy Selcuk Gespräche, testete Kandidaten auf Herz und Nieren, bastelte, hatte Ideen, verwarf sie und ging neuen nach. Am Ende stand ein Kader, von dem so richtig vor dem Start in die Spielzeit keiner wusste, was man denn nun genau erwarten könne – zumindest kaum ein externer Betrachter. Der Klassenerhalt wurde schnell als oberstes Ziel ausgerufen – verständlich. Bloß kein unnötiger Druck nach einer vorherigen Saison, in denen sich die Probleme bei Dersim Tag für Tag die Hand gaben: Ärger mit dem Bezirksamt, keine Heimspielstätte mehr, keine oder nur ganz schlechte Trainingsmöglichkeiten, unzufriedene Spieler und und und... Doch all das ist Vergangenheit. Mit Selcuk, den nicht wenige im positiven Sinne als Menschenfänger bezeichnen, hat Dersim einen enorm guten Fang gemacht. Es macht Spaß, das neue Dersimspor und seinen Baumsieter zu beobachten. Ein junges, lernwilliges Team. Fußballerisch stark, auch wenn Rückschläge nicht ausbleiben. Überaus fair. Respektvoll im Umgang mit dem Gegner. Dinge, die viel mit dem zu tun haben, was Selcuk vorgibt. Denn Dersims Dirgigent ist nicht nur einer, der seinen Kickern fußballerisches Können, Taktik oder körperliche Tugenden einimpft. Nein, der Coach vermittelt seinen Schützlingen noch etwas ganz anderes: Werte. Und darum ist er für Dersim so wertvoll. Man kann den Verantwortlichen um Obmann Capan und Präsident Benjamin Thiel, die auch ihre Anteil am neuen Dersim-Bild haben, nur sagen: Donnerwetter, das war eine gute Wahl!

Jan Knötzsch