Landesliga Hansa

Dersim-Demontage: Schraub schraubt sein Torkonto hoch und Buck ballert

Gäste gehen beim SV Altengamme mit 0:15 unter, ernten aber warme Worte

18. Mai 2019, 19:54 Uhr

Glückwunsch-Arie: Sandro< schraub (re.) jubelt nach einem seiner sechs Treffer mit Teamkollege Jannis Reinhardt. Foto: Bode

Wenigstens der Humor war Gunnar Mahncke noch nicht vergangen. Im Auswärtsspiel von Dersimspor gegen den SV Altengamme (Hier gibt's die Begegnung im Live-Ticker zum Nachlesen) stand der Coach der „Zweiten“ als Ersatz für Trainer Sven Siebert an der Seitenlinie, weil der auf dem 18. Geburtstag seines Sohnes weilte. Vier Minuten vor Schluss schaute Mahncke rüber zur SVA-Bank. „Kannst du mir nicht einen abgeben?“, fragte er in Richtung von Altengammes Coach Jan Krey, hinter dem sich die Spieler wieder auf die Bank setzten, die nicht mehr ins Match kommen sollten, weil die Hausherren ihr Wechselkontingent schon erschöpft hatten. „Vier kannst du haben“; grinste Krey in Richtung Mahncke – und dieser lachte. Und das, obwohl der Dersim-Auftritt am Gammer Weg alles andere als Anlass zur Freude brachte.

Wenige Minute vorher hatte Mahncke in der Coaching-Zone orakelt: „Vielleicht werden es ja 18 Tore. Weil Sven Sieberts Sohn heute 18 wird.“ Nun, ganz richtig lag Dersims „Aushilfscoach“ mit seiner Vermutung nicht. Aber zweistellig wurde es am Ende vor den rund 120 Zuschauern in Altengamme dennoch: Das Spiel lief nur in eine Richtung. Dersim wurde völlig demontiert. Allen voran in der zweiten Hälfte war es mit der Gegenwehr gänzlich vorbei. Nachdem die Harburger schon zu Beginn mit nur zehn Mann begonnen hatte, weil Josiah-Frimpong Basoah schlichtweg fehlte, erst zur 24. Minute da war und ins Spiel eingreifen konnte, zog sich Bedran Atug nach 56 Minuten eine Zerrung zu und musste raus. Für Dersim der Genickbruch: Die Gäste hatten nur elf einsatzfähige Akteure, konnten nicht wechseln. Manager Baris Dogan, der als Ersatzspieler auf dem Spielbericht stand, war nur in Zivil anwesend – und verschwand irgendwann während des zweiten Durchgangs auch wieder. Er erlebte den Abpfiff von Schiri Christian Okun (BSV 19), der letztlich die 0:15-Niederlage von Dersim finalisierte, nicht mehr vor Ort mit.

Dersim beginnt zu zehnt, vervollständigt sich und muss doch zu zehnt zu Ende spielen

Bedran Atug musste nach 56 Minuten mit einer Zerrung runter – danach spielte Dersim wie schon zu Beginn mit zehn Mann. Foto: Bode

Und so richtig etwas zur Zukunft des Clubs sagen, der im Laufe der Saison im Kampf mit dem Bezirksamt Harburg seine Berechtigung verlor, auf dem Kunstrasen an der Baererstraße zu spielen, konnte Dogan auch nicht. „Das muss der Vorstand tun“, erklärte der Manager, dessen Bruder Ulas Dogan den Verein nach dem Ende der Saison gemeinsam mit Abdulah Beckmann in Richtung TSV Sasel verlässt. Auch diverse andere Spieler aus dem Kader werden sich angesichts dessen, dass Dersim zwar auf dem Platz von Viktoria Harburg an der Winsener Straße seine Heimspiele spielen kann, aber keine Trainingsmöglichkeiten hat, im Sommer nach dem Ende der laufenden Spielzeit wohl in alle Himmelsrichtungen verabschieden. Nach einem Akteur wie Lamin Jawla zum Beispiel, der bereits in der Oberliga erprobt ist, dürften andere Vereine ebenso ihre Fühler ausgestreckt haben wie nach Spielern vom Schlage eines Roberto D' Urso, Rafat Waseq, Dejan Sekac, Beytullah Atug oder aber Samed Topuzovic. Abgesehen von Jawla und D'Urso stand in Altengamme übrigens keiner dieser Kicker im Kader.

Aber: Wie man hört, soll die nächste Saison gesichert sein – oder zumindest die Teilnahme daran. Wie am Rande des Spiels in Altengamme sowohl aus dem Team als auch aus dem Umfeld zu hören war, soll am gestrigen Freitagabend ein Probetraining stattgefunden haben, bei dem diverse Testspieler sich präsentierten. Dersim-Manager Baris Dogan bestätigte uns gegenüber diese Entwicklung, ohne allerdings Namen zu nennen. Die Rede ist von 16 Mann. Gerüchten zufolge soll Dersimspor Interesse an dem einen oder anderen Akteur angemeldet haben, der beim Buxtehuder SV im Zuge der neuerlichen Eskalation der Streitigkeiten um den Fortbestand der Fußballabteilung und der Liga-Mannschaft (wir berichteten exklusiv) seine Zelte im Jahnstadion nach dem Ende der laufenden Serie abbrechen wird. Genaueres über die Zukunft und das Gesicht der künftigen Mannschaft wird der Verein demnächst bekanntgeben, jedenfalls kündigte Obmann Mahmut Capan, an, zeitnah Stellung zu beziehen.

Krey: „Ganz großen Respekt an Dersim, dass sie das fair bis zum Ende durchgezogen haben“

Jonas Buck (re., hier gegen Roberto D'Urso) steuerte vier Treffer zum SVA-Sieg bei. Foto: Bode

Doch es war nicht alles schlecht an diesem Samstag aus Dersim-Sicht. Zumindest gab es nach dem Match jede Menge warme Worte von den Hausherren in Richtung der Gäste. Und ein Wort fiel dabei – egal, mit wem man sprach – immer wieder: Respekt. „Dersim hatte vor zwei Wochen angefragt, ob wir das Spiel vielleicht verlegen könnten. Das ging nicht, weil wir alles für unsere Saisonabschlussfeier nach dem Match schon organisiert hatten. Sie haben sich sehr fair und korrekt verhalten und haben trotzdem gespielt“, sagte beispielsweise Altengammes Liga-Obmann Philipp Mohr, während der nicht eingesetzte Sebastian Peters Dersim eben jenen Respekt zollte, „dass sie hier angetreten sind.“ Und auch Jan Krey äußerte sich positiv: „Hut ab und ganz großen Respekt an Dersim, dass sie hergekommen sind und das fair bis zum Ende durchgezogen haben. Das hat man ja bei anderen Mannschaften in dieser Liga nicht, wie wir seit dieser Woche wissen“, sagte Altengammes Trainer mit Blick auf den Buxtehuder SV, der am gestrigen Freitag zu seinem Auswärtsspiel beim SV Nettelnburg-Allermöhe nicht antrat.

„Wir wollten den Ball und den Gegner gut ins Laufen kriegen. Es ist ja doch immer eine kleine Unbekannte dabei: Du weißt nicht, mit wem, wie und in welchem Zustand Dersim ankommt“, konstatierte Krey nach Spielschluss und blickte voraus auf das kommende Wochenende, wenn der SVA auf Inter 2000 trifft, die in dieser Saison das Spiel gegen den Klub Kosova wegen zu weniger Akteure schon abbrechen mussten. „Wir fahren da nicht mit dem Gedanken hin, dass das Ergebnis wieder so ausfällt. Es könnte ähnlich laufen, aber nicht ganz so hoch enden“, so Krey, der ergänzte: „Der Sieg heute freut mich für die Mannschaft und die, die die Mannschaft verlassen. Das wird jetzt noch ein bunter Abend. Die Jungs werden sich die dritte Halbzeit nicht nehmen lassen.“ Und vielleicht sogar ja auch einen kleinen Titel nicht: Sandro Schraub, neben Jonas Buck, der den Ball vier Mal ins Netz ballerte, erfolgreichster Torschütze des Tages, schraubte sein Konto um sechs Treffer nach oben und kann noch Torschützenkönig werden. Sowohl Buck als auch Schraub hatten übrigens genau mitgezählt und wussten nach dem Match, wie oft sie eingenetzt hatten. Jan Krey hingegen musste nach dem Match kurz überlegen: „Waren das jetzt 14 oder 15 Tore...“, eröffnete der SVA-Übungsleiter nach der Partie das Gespräch mit der Presse.

Jan Knötzsch