Bezirksliga West

„Der Verein ist ein schlafender Riese!“

26. Februar 2021, 11:05 Uhr

Mit seinem Wechsel zum SV Lurup kehrt Cem Müller an die ehemalige Wirkungsstätte zurück. Foto: Bode

Er ist 34 Jahre jung – und noch kein bisschen müde. Die Rede ist von Cem Müller. Nach Stationen in Hamburgs höchster Spielklasse beim HEBC und der SV Halstenbek-Rellingen sowie in der Landesliga beim SV Lurup, FC Teutonia 05, FK Nikola Tesla und FC Türkiye sucht der Defensivakteur im Sommer noch einmal nach einer neuen Herausforderung. Denn: Müller kehrt zum SVL zurück. Zu dem Verein, mit dem er in der Saison 2014/15 unter der Regie von Chefcoach Berkan Algan die Landesliga-Meisterschaft feierte, ehe in Lurup alles auseinanderbrach. Algan verließ den Verein, Großsponsor Perlwitz brach weg – und auch sämtliche Leistungsträger kehrten den jetzigen „Vorhornweglern“ den Rücken. Wir haben mit Cem Müller über seinen Wechsel, seine Laufbahn, das Image als „Bad Boy“, seine Ziele und seinen Ehrgeiz sowie die Zeit nach der aktiven Karriere gesprochen…

FussiFreunde: Mit 34 Jahren gehst du sportlich nochmal einer neuen Herausforderung nach. Warum verlässt du Türkiye?

Immer ehrgeizig, robust und mit vollem Einsatz bei der Sache: Cem Müller (li.) will seine Erfahrung beim SVL einbringen. Foto: Bode

Cem Müller: „Die Entscheidung ist mir wirklich nicht leicht gefallen. Ich habe mich bei Türkiye sehr wohlgefühlt. Und der Verein wollte auch gerne mit mir verlängern. Wir hatten eine tolle Mannschaft zusammen, mit der ich sehr gerne den Aufstieg realisiert hätte. Doch die Corona-Pause hat mich ein bisschen ins Nachdenken gebracht und der Zeitaufwand, viermal die Woche nach Wilhelmsburg rauszufahren, ist leider zu groß geworden. Der Verein gehört von der Qualität her in die Oberliga und ich wünsche allen im Verein, dass sie das Ziel in der nächsten Saison erreichen werden.“

Wieso hast du dich für einen Wechsel zum SV Lurup entschieden?

Müller: „Für mich kam nur der SV Lurup in Frage. Mit Patrick Lopes, der als Manager sehr engagiert und durchgehend am Steine heben ist, um den Verein weiterzuentwickeln, bin ich groß geworden. Daniel Domingo war mein Jugendtrainer – und der Verein hat eine tolle Infrastruktur mit zwei Kunstrasenplätzen, Physiotherapeutin und auch die Klamotten werden komplett gewaschen. Ich denke, das sind Bedingungen, die selbst bei Landesligisten kaum vorhanden sind.“

Was bedeutet Lurup für dich? Immerhin hast du dort ja schon einmal gespielt...

Das Image als "Bad Boy" haftet Müller (re.) nun schon seit einiger Zeit an. Für seine Mannschaft geht er durchs Feuer. Foto: Bode

Müller: „Das ist richtig. Wir hatten damals eine überragende Landesliga-Mannschaft unter Berkan Algan – mit der Meisterschaft als Krönung. Was danach passierte, ist bekannt... Es liegt jetzt an uns, den Verein wieder ins richtige Licht zu rücken. Der Verein ist ein schlafender Riese.“

Du hast einige Stationen hinter dir. Wo hattest du die schönste Zeit – und warum?

Müller: „Sehr schwere Frage. Ich hatte echt überall tolle Momente, wofür ich sehr dankbar bin. HEBC war wie eine Familie. Aus der Zeit habe ich Freunde gefunden, mit denen ich heute noch sehr eng verbunden bin. Bei Lurup und Teutonia habe ich mit super starken Fußballern zusammengespielt und wurde jeweils Meister. Bei Tesla war es immer sehr familiär. Und bei Türkiye waren es zwar leider nur zwei abgebrochene Saisons aufgrund von Corona – aber die Zeit war dennoch eine sehr schöne.“

In all den Jahren ist auch das Image des „Bad Boys“ an dir haften geblieben. Wie stehst du dazu – und inwieweit kannst du damit etwas anfangen?

Die vergangenen beiden Spielzeiten kickte Müller für den FC Türkiye. Zu vielen Spielen kam es aufgrund der Corona-Abbrüche aber nicht. Foto: Bode

Müller: „Wenn ich auf dem Platz stehe, will ich immer gewinnen. Leider ist dieser Ehrgeiz oft in Wut übergangen, wenn es nicht so lief und ich habe dann oft überreagiert. Glücklicherweise habe ich mich in dem Punkt weiterentwickelt (lacht).“

Das Image bedeutet aber ja auch, wie du schon erwähnt hast, dass du jemand bist, der immer alles für die eigene Mannschaft gibt. Wie groß ist der Ehrgeiz auch mit 34 Jahren noch bei dir?

Müller: „Sobald ich merke, dass der Ehrgeiz nachlässt oder weniger wird, würde ich direkt aufhören. Denn dann würde es in meinen Augen keinen Sinn machen, weiterzuspielen.“

Apropos Ehrgeiz: Wie sehen deine Ziele mit Lurup aus?

Müller: „Das Ziel kann nur die Meisterschaft sein. Daran müssen wir uns messen lassen. Dass es kein Selbstläufer wird und andere Mannschaften auch Qualitäten haben, ist klar. Aber alles andere wäre für mich persönlich eine Enttäuschung.“

Wie lange willst du noch aktiv spielen – und bleibst du dem Amateurfußball auch danach erhalten?

Mit dem SV Lurup peilt Müller (2. v. li.) die Meisterschaft an. Foto: Bode

Müller: „Ich will das nicht am Alter festmachen. Man sieht momentan im Profifußball an Messi, Ronaldo, Ibrahimovic oder Benzema, um nur einige zu nennen, dass es immer an einem selbst liegt, was man aus sich noch herausholen kann und will. Dass es ein ganz anderes Niveau ist, ist natürlich klar. Aber meiner Meinung nach ist der Ansatz gleich. Und ich mache im privaten Bereich viel für mich selbst, fühle mich topfit – und solange das der Fall ist, werde ich weiterspielen. Aber nebenbei werde ich definitiv meine Trainerscheine in Angriff nehmen. Denn meine Zukunft sehe ich mittelfristig absolut im Trainerbereich.“

Autor: Dennis Kormanjos