Der Fuß ist drin – und nun? Berne ohne Luftschlösser, aber mit Messlatte
Neben-Elf triumphiert auch im Aufsteigerduell und bleibt Hans-Primus
Die Spieler des TuS Berne kommen aus dem Jubeln gar nicht mehr raus. Gegen Bergstedt gelingt der vierte Sieg im fünften Spiel. Foto: Oliver Utesch/TuS Berne
Kilian Oelrich (li.) erzielte die frühe Berner Führung per Seitfallzieher. Foto: Oliver Utesch/TuS Berne
„Ich muss die Kirche im Dorf lassen und den Respekt vor dem Gegner wahren“, entgegnete TuS-Trainer Frank Neben auf die Frage, wie viele Tore seine Mannschaft in den ersten 45 Minuten hätte erzielen können – fügte dann aber zumindest leicht zurückhaltend an: „Es hätte deutlich höher stehen können, vielleicht sogar müssen.“ Dass die Hausherren im gut besuchten „Bernerbeu“ „nur“ mit 2:0 führten, lag einerseits an Bergstedt-Torhüter Pascal Eisenhardt, andererseits aber auch an der mangelnden Chancenverwertung. Dabei war der Start äußerst vielversprechend. Marco Theis mit einem perfekt getimten Pass über die Kette hinweg genau in den Lauf des durchstartenden Kilian Oelrich. Dieser legte sich quer in die Luft und vollstreckte artistisch zum 1:0 (4.)! Die Gäste liefen nur hinterher und konnten staunend zugucken, wie Berne mit ihnen Katz und Maus spielte. Steve Theis pflückte einen Diagonalball gekonnt aus der Luft und bediente Oelrich, der von halbrechts wiederum Matteo Evers in Szene setzte. Dessen Schuss konnte Eisenhardt zwar noch entschärfen, gegen den Nachschuss von Marco Theis war er allerdings machtlos – 2:0 (14.)!
"Die Einstellung ist für ein Landesligaspiel ungeeignet"
Marco Theis lieferte die nächste Glanzvorstellung ab und war vor allem in Halbzeit eins nicht zu stoppen. Foto: Oliver Utesch/TuS Berne
In der Folge verflachte das Tempo ein wenig – bis zur Schluss-Viertelstunde der ersten Halbzeit, in der Berne nahezu im Minutentakt auf das Bergstedter Tor feuerte. Steve Theis – nach Flanke von Cousin Marco – erst per Kopf (32.), dann per Schuss (36.), Matteo Evers (34., 40., 43.) und auch Kilian Oelrich (37.) verpassten das dritte oder gar vierte Tor. „Wenn ich das wüsste, woran es gelegen hat, dann hätten wir das relativ zügig abgestellt“, fand auch Christian Dittmar direkt nach Spielschluss keine Erklärung für das Auftreten seiner Equipe im ersten Abschnitt. Aber: „Die Einstellung, die wir in der ersten Halbzeit an den Tag gelegt haben, ist natürlich für ein Landesligaspiel eher ungeeignet.“ Nichtsdestotrotz lag sein Team „nur“ mit 0:2 im Hintertreffen. Auch deshalb rief er seinen Spielern Mitte der ersten Halbzeit lautstark zu: „Ein Tor und wir sind wieder da!“ Allerdings vermochte man aufgrund des Spielverlaufs kaum dran glauben. Noch nicht.
Nach Wiederanpfiff änderte sich zunächst einmal nicht viel. Marco Theis konnte Eisenhardt – nach Zuspiel von Lars Richter – erneut nicht überwinden (54.). Der „Mini-Robben“ von Berne, wie ihn Liga-Obmann Michael Kraft taufte, war aber erneut kaum zu stoppen. Und wenn, dann nur durch Fouls. „Natürlich haben sie in der Offensive und auf den Außenpositionen richtige Granaten und eine mega Qualität. Aber wir haben es einfach schon verpasst, diese Bälle nach dorthin zu unterbinden. Das war die Aufgabe. Denn dass die da draußen schwer zu kriegen sind, ist bekannt“, so Dittmar, dessen Truppe sich von Minute zu Minute besser fing. Auch, weil Berne inzwischen nur noch das Nötigste tat. „Wir hätten den Sack früher zumachen müssen“, wusste auch Neben, der sich dann die Frage stellte: „Ich habe die Befürchtung, dass wir einen Schritt weniger gemacht haben, weil der Gegner uns das angeboten hat. Ich bin mir noch nicht sicher, ob das auch wirklich der Gedankengang war. Aber wenn dem so ist, dann müssen wir am Dienstag nochmal drüber reden.“ Vielleicht lag es aber auch schlichtweg daran, dass seine Jungs in den ersten 45 Minuten „mordsmäßig reingehauen haben und das eventuell doch zu intensiv war“.
"Wir zahlen momentan Lehrgeld"
Fakt ist, dass die Gäste aus dem absoluten Nichts zurückkamen: Ein Schuss von Gregor Ramöller wurde so abgefälscht, dass der Ball urplötzlich Nils Burmann vor die Füße fiel. Dieser sah sich gleich einem Trio gegenüber und ging zu Boden. Elfmeter! Kapitän John Limberg übernahm die Verantwortung und verwandelte überaus sicher – nur noch 1:2 aus Bergstedter Sicht (69.)! „Wenn man zwei Toren hinterherläuft, ist das natürlich sehr ärgerlich. Und in der Phase, wo wir den Anschluss erzielen und dran sind, vielleicht den Ausgleich zu machen, kommt dann dieser individuelle Patzer“, nahm Dittmar das vorweg, was dann geschah. Völlig unbedrängt und mit dem Rücken zum eigenen Tor stehend spielte Daniel Beyrau einen komplett missglückten Rückpass, den Matteo Evers dankend annahm. Zwar scheiterte der ehemalige „Palomat“ zunächst noch an Eisenhardt, aber den zweiten Ball schob er zur Vorentscheidung ein (81.)! „Das ist im Moment bezeichnend für den ganzen Verlauf. Wir haben glücklicherweise schon ein paar Punkte geholt – aber die Gegentore, die wir kassiert haben, resultieren alle aus individuellen Fehlern. Da zahlen wir momentan noch ein bisschen Lehrgeld. Ich hoffe, dass wir das in der Zukunft etwas besser hinkriegen. Aber dafür sind wir ein Neuling und müssen daran arbeiten“, konstatierte Dittmar.
Berne baut keine Luftschlösser, aber realistische Messlatten
Währenddessen verteidigte Berne in diesem Spitzenspiel – Bergstedt rangierte vor diesem Spieltag auf dem dritten Platz – die Tabellenführung. Eine schöne Momentaufnahme – oder doch mehr? „Wir sind jetzt Erster und wollen so weit wie möglich nach oben!“ Das ist doch schon mal eine kleine Ansage, wenngleich Neben sofort anschließt: „Wenn man Fussi ist, dann will man das Bestmögliche erreichen. Nur man darf sich eben keine Luftschlösser bauen. In dem Moment, wo man das macht, werden die Beine bei den Spielern automatisch schwerer. Die Messlatten müssen auf der richtigen Höhe liegen. Und wenn man eine Messlatte hat, an der man sich orientieren kann, dann kann man auch schneller danach greifen. Genau so ergeht es uns. Jeder Punkt hilft uns erstmal, von unten wegzukommen. Alles andere sieht man dann mit der Zeit. Ich kann mich ja nicht dagegen wehren, wenn man sagt: Ihr seid Erster. Aber da kommen eben auch noch richtige Brocken und da werden wir bestimmt auch nochmal Lehrgeld zahlen. Wichtig war mir, dass wir den Fuß in die Tür bekommen – und den haben wir definitiv drin.“