„Buxte“ ballert, Elazig erschreckt: „Haben die Kontrolle verloren“

BSV schießt Abstiegskandidat mit 6:1 ab

25. Mai 2018, 23:45 Uhr

Morad Sbou und der FC Elazig Spor müssen weiter um den Ligaerhalt zittern. Archivfoto: noveski.com

Irgendwie passte die Szene. Hüseyin Aydin räumte auf – und man hätte die Parallele ziehen können, dass er gerade die letzten Stücke des FC Elazig Spor in der Landesliga Hansa beseitigte. Doch es waren nur zwei Wasserflaschen, die Aydin, lange Jahre Coach des Teams und beim Auswärtsspiel gegen den Buxtehuder SV wieder zur Unterstützung von Trainer Metin Dogan an der Seitenlinie, ergriff und beiseite schaffte. In diesem Moment – wenige Minuten vor dem Abpfiff – war Aydin der letzte Mohikaner an der Linie. Coach Dogan hatte sich ebenso auf die Bank zurückgezogen wie Co-Trainer Yilmaz Dilgin. Dorthin, unters Plastikdach, war auch Burhan Celik geeilt. Doch während bei allen anderen Bestürzung herrschte, war Elazigs Vorstand arg in Rage. 

Celik gestikulierte. Er redete auf die vor ihm Sitzenden ein. Lautstark. Dann folgten wieder ein paar Gesten. Irgendwann hatte auch Celik genug, machte kehrt, nahm wieder auf der steinernen Tribüne des Jahnstadions Platz und zündete sich eine Zigarette an. Doch es reichte noch nicht. Minuten später war er wieder Gast auf der Bank, redete und ruderte mit den Armen. Schon zuvor hatte Celik von der Tribüne aus alles gegeben: Den eingewechselten Samuel Acheampong herrschte er an, auf den Flügel zu gehen. Abwehrspieler Ferat Akdemirci forderte er inbrünstig auf, sich weiter nach vorne zu bewegen. Onur Akdogan erklärte er, wie er seine Position zu interpretieren hatte. Kurzum: Celik war aktiv, fast immer in Bewegung – mehr als mancher Spieler auf dem Platz. Denn da präsentierte sich Elazig Spor für eine Mannschaft, die im Abstiegskampf unbedingt noch Punkte benötigt, erschreckend schwach.

Dogan: „Wir sind bestraft worden, Buxtehude hat verdient gewonnen“

Buxtehudes Elias Saad erzielte insgesamt gleich drei Treffer. Foto: BSV

Keine zehn Zeigerumdrehungen waren vergangen, da lag der Gast mit 0:1 im Hintertreffen: Salim Aichaoui setzte sich auf der rechten Außenbahn durch, flanket scharf vors Tor, Elias Saad war da – 1:0 (8.). Die Gäste schienen durch diesen Treffer immerhin geweckt und schlugen nur drei Minuten später ihrerseits zurück, als Youssef Sbou die Kugel zu Akdogan spielte, der links im Strafraum abzog und ins obere linke Eck traf, weil BSV-Keeper Dushan Pavlov die Arme nicht mehr schnell genug nach oben bekam (11.). Mehr allerdings als ein kleines, kurzes Zwischenhoch des Abstiegskandidaten sollte der Ausgleichstreffer nicht sein, denn auch danach war weiterhin der Gastgeber der absolute Herr im Haus. Beispiele gefällig? Nach einem Zuspiel von Ahmed Mhamdi traf Luqmann Krugmeier nach 25 Minuten die Latte, nur neun Minuten später sorgte Benjamin Murray per Kopf am zweiten Pfosten nach einer Aichaoui-Ecke dafür, dass der BSV mit einer 2:1-Führung zur Pause in die Kabine ging.

Noch war für Elazig alles drin. „Wir können nicht nur auf einen Punkt spielen. Wir wollen – so wie in den Spielen zuvor – das Bestmögliche abrufen“, hatte Hüseyin Aydin noch vor dem Match erklärt – doch das sollte nach dem Seitenwechsel völlig misslingen. Weil auf Buxtehuder Seite vor allem Eilas Saad in Fahrt kam. Zwei Mal (49., 53.) konnte die Elazig-Defensive gegen den BSV-Youngster klären, in der dritten Szene der zweiten Hälfte wurde Saad in der Box gefoult und es gab Elfmeter. Der zur Pause in die Partie gekommene Fadi Hamze trat an – und scheiterte an Elazig Spor-Schlussmann Adnan Aslan (55.). Pech für die Gäste: Nur drei Minuten später traf Saad aus dem Spiel heraus zum 3:1, nachdem Aichaoui von rechts in die Mitte abgelegt hatte. Zwei Mal bemühte sich der Gast noch, doch nach Tarik Sobous Versuch (64.) und Tolga Cosguns Schuss genau auf „Goalie“ Pavlov (65.) war es mit Gefahr durch Elazig Spor nach vorne vorbei.

Klawon: „Das sind Instinktfußballer, die können, wenn sie wollen – also muss man sie auch lassen“

BSV-Trainer René Klawon durfte sich in seinem letzten Spiel über einen Sieg freuen. Foto: KBS-Picture.de

Ganz anders der BSV. Nach 67 Minuten entstand aus einem Freistoß für Elazig (!) ein Gegenangriff der Equipe von Übungsleiter René Klawon: Aichaoui zog rauf der rechten Außenbahn das Tempo an und bediente in der Box den freistehenden Saad. Aslan kam zwar noch an den Ball, dass selbiger aber im Netz landete, konnte auch der Torwart nicht mehr abwenden – 4:1 (67.). Nachdem Aichaoui den fünften Treffer noch verpasst hatte (73.), war es nach 78 Minuten so weit: Wieder Aichaoui über rechts. Es folgte ein Pass in die Mitte auf Hamze, der zu weit abgedrängt wurde, um selbst zu schießen, aber erfolgreich für Saad auflegen konnte – 5:1. Und der BSV sollte tatsächlich noch das halbe Dutzend an Toren vollmachen, als Aichaoui zehn Minuten vor dem Ende die Kugel versenkte. Metin Dogan war danach völlig bedient: „Wir haben die Kontrolle verloren, standen nicht richtig und wurden ausgekontert. Jetzt müssen wir hoffen, dass Dersimspor gegen Juventude punktet“, konstatierte der Elazig-Coach, der plant, das sonntägliche Spiel von Abstiegs-Kontrahent Juve selbst zu besuchen. Mit einem Sieg wäre Juventude an Elazig Spor vorbei und der Abstieg der Kicker von der Wendenstraße eingeläutet... 

„Ich werde vor Ort sein. Wir werden Dersim unterstützen und hoffen, dass wir Hilfe bekommen“, sagte der Trainer der Gäste, der unumwunden zugab: „Wir hatten es heute in der Hand, uns zu retten. Aber wir haben diese Chance nicht ausgenutzt. Wir sind bestraft worden. Buxtehude hat verdient gewonnen.“ Und René Klawon? Buxtehudes zum Saisonende scheidender Coach wurde während seiner Analyse des Spiels vor der Presse erstmal von seinem Team überrumpelt, zu Boden gerissen und gefeiert und erklärte dann: „Ich bin einfach nur froh, dass wir das Spiel gewonnen haben. Das hatte ich gefordert, weil ich mir einen vernünftigen Abschluss in meinem letzten Spiel als Trainer gewünscht hatte. Es ist ein bisschen schwierig, die Mannschaft zu motivieren, nochmal alles rauszuhauen, wenn man im Niemandsland steht. Wir haben vor der Saison einen ziemlich großen Umbruch erlebt. Es war klar, dass wir diese Serie nicht konstant durchspielen können. In den Partien, die wir souverän gewonnen haben, haben wir tollen Fußball gespielt. Manchmal ist das noch vogelwild, aber ich bin einer, der lieber 4:3 als 1:0 gewinnt. Man darf die jungen Spieler nicht in taktische Zwänge pressen. Das sind Instinktfußballer, die können, wenn sie wollen. Also muss man sie auch lassen...“

Jan Knötzsch 

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