Oberliga

Bramfeld mit Herz für Herzberg – „Dasse“ versprüht nur „ungenügende“ Klasse

03. Oktober 2020, 19:44 Uhr

Das wäre der Luckypunch kurz vor Schluss gewesen - doch Niko Christodoulos (re.) konnte das Runde nicht im Eckigen unterbringen. Foto: Kruber

Auch am Tag danach saß der Frust noch immer tief. „Mein Vater hat den beim Schach abbekommen“, verriet Jean-Pierre Richter – und führte aus: „Da musste ich mich etwas abreagieren.“ Und wenigstens da hatte der Coach der TuS Dassendorf sein Erfolgserlebnis. „Aber das Wochenende ist trotzdem im Eimer!“ Denn das 1:1 der „Wendelwegler“ beim Bramfelder SV dürfte aus Sicht des amtierenden Meisters getrost als Niederlage verbucht werden. Und viel fehlte am Ende tatsächlich nicht, um den Platz an der Ellernreihe tatsächlich mit gänzlich leeren Händen zu verlassen…

Schon vor dem 0:1 hatte Bramfelds Kilian Oelrich die große Chance zur Führung des krassen Außenseiters. Foto: Kruber

Nikolas Christodoulos wusste wohl selbst nicht, wie ihm geschah. In der vergangenen Saison hatte der Offensivakteur der Bramfelder noch Gegner wie den TuS Berne, SVNA oder Düneberger SV vor der Brust – nun hatte der vom SV Bergstedt nach Bramfeld gewechselte „Flügelflitzer“ in der buchstäblich letzten Minute die große Gelegenheit, den Hamburger Meister in die Knie zu zwingen. Doch Christodoulos fand in Julian Barkmann seinen Meister. So blieb es – trotz einer Roten Karte gegen Simon Marklin in der Nachspielzeit – beim 1:1 zwischen Bramfeld und Dassendorf. Ein gefühlter Sieg für die Hausherren, eine gefühlte Niederlage für die Gäste. Dabei „wussten wir, was kommt – und waren auch darauf eingestellt“, so Richter, der dann deutlich wurde: „Es ist ganz schwer, gegen so einen ‚Anti-Fußball‘ erfolgreich zu sein. Da müssen wir viel engagierter, viel zielstrebiger und auch mit viel größerer Bereitschaft die Eins-gegen-Eins-Duelle auf dem Feld lösen. Da waren wir sehr schlampig. Auch von der Körpersprache her waren wir nicht richtig gewillt, die Duelle für uns zu entscheiden.“ Man habe „unsauber“ agiert, befand Richter, der den gesamten Auftritt, das Resultat und die Art und Weise als „ungenügend“ einstufte.

"Da darfst du dir den Ball nicht selber reinboxen"

Doch dann kam erneut Mattia Maggio (2. v. re.) und brachte "Dasse" in Front. Foto: Kruber

Dabei war zunächst alles so, wie auch in den ersten beiden Spielen. Zwar gelang der TuS der erste Torerfolg in den ersten 45 Minuten – doch wie bei den drei Treffern in den Partien zuvor war es auch diesmal Len Aike Strömer, der Mattia Maggio bediente. Letztgenannter traf aus 20 Metern und verbuchte damit auch die vierte Dassendorfer Bude in dieser Saison (41.). Zuvor hatte jedoch Kilian Oelrich nach einem dicken Fehler in der Dassendorfer Defensive die große Führungschance, konnte Barkmann aber im Eins-gegen-Eins nicht bezwingen (26.). „Es ist schwer, einen Gegner zu simulieren, der so tief und kompakt hinten drin steht. Die musst du knacken können – und wir haben sie geknackt. Dann darfst du dir natürlich nicht durch so eine Freistoß-Flanke kurz vor Schluss den Ball selber reinboxen“, haderte „JPR“ mit jener Szene, die sich in Minute 82 abspielte, als Kerim Carolus den ruhenden Ball schließlich unglücklich per Kopfball-Bogenlampe in die eigenen Maschen bugsierte. Und plötzlich hieß es 1:1! „Ich glaube, das war die einzige Möglichkeit, wie wir ein Gegentor bekommen konnten – und so haben wir es bekommen. Daran werden wir arbeiten müssen“, bemängelte Richter.

"Ich bin echt bedient!"

Während Kerim Carolus (re.) unglücklich ins eigene Tor traf, flog Simon Marklin (Mi.) in der Nachspielzeit vom Platz. Foto: Kruber

„Wir verpassen es, den großen Ballbesitzanteil konsequent zu Ende zu spielen oder verstolpern die Bälle. Das war jetzt das dritte Spiel, in dem es sehr schwer war gegen einen so geordneten und tiefen Gegner. Da müssen wir besser werden und brauchen auch die Bereitschaft bei den Spielern“, forderte Richter einfach mehr von seinen Mannen ein. Denn: „Das darf nicht unser Anspruch sein, dass du – selbst wenn du ein Gegentor gegen Bramfeld kassierst – nur eins schießt. Dafür hatten wir zu viele Möglichkeiten.“ Letzten Endes sei „die erwartet unbequeme und zähe Partie“ gewesen. „Und wir haben selbst unseren Teil dazu beigetragen, dass es aufgrund einiger unnötiger Fehler nur zu einem 1:1 gereicht hat. Ich bin echt bedient!“ Gegen solch tief stehende Gegner habe man sich schon in der letzten Spielzeit schwer getan. „Da müssen wir viel mehr machen, uns nicht nur physisch, sondern auch vom Kopf her steigern und besser darauf einstellen“, will Richter eine „Antwort“ von seinen Schützlingen sehen.

"Da verliert der BSV einen Mann, der viel für den Verein gemacht hat"

Ganz anders war die Stimmungs- und Gefühlslage bei den Hausherren, die eine „ganz schwierige Woche“ hinter sich haben. „Einerseits, weil wir das Paloma-Spiel verarbeiten und einige Dinge aufarbeiten mussten“, so Carsten Henning. Und andererseits, weil den Verein die traurige Nachricht ereilte, dass Uwe Herzberg am 28. September mit 78 Jahren verstorben ist. Ein Schock für den ganzen BSV. „Da verliert der BSV einen Mann, der viel für den Verein und für den Fußball generell – auch in und über Hamburg hinaus – gemacht hat. Das war für viele von uns extrem schwierig und emotional vorm Anpfiff“, hatte auch der Bramfeld-Coach mit seinen Gefühlen zu kämpfen. Die Mannschaft zeigte im Anschluss jedoch das, was auch einen Uwe Herzberg stolz gemacht hätte: Vollen Einsatz und pure Leidenschaft. „Wir hatten vor, dass Kurzpassspiel von Dassendorf – gerade durchs Zentrum – zu unterbrechen. Das ist uns defensiv sehr gut gelungen. Über Umschaltmomente wollten wir den einen oder anderen Konter setzen. Auch das haben wir sehr gut hinbekommen“, lobte Henning seinen Mannen – und konstatierte, dass das 0:1 zu einem „unerwarteten“ Zeitpunkt für sein Team fiel. „Aber das ist die Qualität von Dassendorf.“

"... dann können wir auch Mannschaften wie Dassendorf das Leben schwer machen"

Ein Punkt gegen den Meister, der sich für den Bramfelder SV wie ein Sieg anfühlte. Foto: Kruber

Trotzdem war und blieb man „gewillt, das irgendwie umzubiegen.“ Mit Erfolg. „Wir waren dran, haben Dassendorf genervt und hatten Chancen. Wir haben es erzwungen“, sah Henning den verdienten Lohn – und meinte: „Mit etwas mehr Kaltschnäuzigkeit schießen wir sogar noch das 2:1.“ Aber auch so könne man mit dem Spiel und dem Auftritt „hochzufrieden sein. Wir haben gezeigt, dass wir als Mannschaft auftreten können, wenn alle ihre Aufgaben erfüllen – und dann auch Mannschaften wie Dassendorf das Leben schwer machen können.“

Autor: Dennis Kormanjos