Testspiel

Atamimi appelliert an „Moral und Ehre“: ETV-Aufholjagd nach 0:5-Rückstand bei Curslack fast gekrönt

08. Januar 2022, 21:36 Uhr

Sebastiao Mankumbani (re.) und Yanneck Schlufter kommen sich gegenseitig ins Gehege. Foto: Bode

„Ich habe den Jungs in der Halbzeit gesagt, dass mir ganz egal ist, was da bisher passiert ist. Wir müssen jetzt einfach so tun, als wären wir im Käfig, liegen aussichtslos zurück – und jetzt geht es um Moral und Ehre. Zeigt das jetzt“, forderte Khalid Atamimi von seiner „Rasselbande“ endlich den Spaß und Mut am Fußball. „Da kann ich noch so viele taktische Dinge ansprechen – das bringt in solch einer Situation nichts“, weiß der Trainer des Eimsbütteler TV genau, wie er seine Jungs anzupacken hat.

Henok Tewolde (li.) im Kampf um den Ball gegen Yanneck Schlufter. Foto: Bode

Dabei war der ETV zum Test-Aufgalopp am Gramkowweg bei Oberligist SV Curslack-Neuengamme arg gebeutelt (alle Highlights im LIVE-Ticker). Der unangefochtene und nach wie vor verlustpunktfreie Landesliga-Primus musste Corona- und verletzungsbedingt auf ganze 15 (!) Akteure verzichten – darunter Top-Torjäger Theo Schröder und Regisseur Fabian Hürzeler, der mit den Profis des FC St. Pauli als Co-Trainer im Trainingslager weilt. Aber: „Ich habe das vollste Vertrauen in all meine Spieler. Deswegen sind wir auch angetreten. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte ich das Spiel abgesagt und lieber trainiert“, erklärte Atamimi.

Trainingsauftakt unter erschwerten Bedingungen

Auch der SVCN konnte alles andere als aus dem Vollen schöpfen. Keeper Gianluca Babuschkin fehlte den „Deichkickern“ ebenso wie Oliver Doege, Witalij Wilhelm, Henrik Giese, Corvin Behrens, Florian Rogge oder auch Christian Peters. Nach zwei Einheiten wollte man dennoch erstmals den Ernstfall proben, wie auch der ETV, der allerdings erst drei Wochen später das erste Pflichtspiel vor der Brust hat. „Wir haben seit dem 24. November gar nichts mehr gemacht“, verriet Atamimi hinterher. Am Dienstag habe man das Training wieder aufgenommen – mit allerdings minder großem Erfolg. „Bei der ersten Einheit waren zwölf Spieler dabei, bei der zweiten hatten wir zehn Spieler und bei der letzten nur neun Spieler“, musste Atamimi viel improvisieren.

"Man hat den Unterschied zwischen einer Herren- und einer Jugendmannschaft gesehen"

Marco Schubring (re.) schirmt den Ball gegen Bjarne Fedkenhauer ab. Foto: Bode

Und im ersten Abschnitt merkte man seinen Akteuren die fehlende Spielpraxis sowie die Unerfahrenheit deutlich an. Der ETV spielte mit, lief aber ein ums andere Mal ins offene Messer. „Man hat schon den Unterschied gesehen zwischen gestandenen Herren- und unseren Jugendspielern“, brachte es der Coach der Eimsbütteler treffend auf den Punkt. Arnold Lechler eröffnete den SVCN-Torreigen nach einer herrlichen Flanke des stärksten Mannes auf dem Platz, Moritz Kühn (8.). Marco Schubring nutzte nach einer halben Stunde einen unglücklichen Ausflug von ETV-Keeper Jurek Stoeck und schob ins verwaiste Gehäuse ein (31.), ehe Hamed Mokhlis per Doppelschlag auf 4:0 stellte (40., 44.).

Nach der Pause erhöhte Jannik Mohr mit einem Distanzschuss sogar auf 5:0 (58.). Den Gästen drohte eine ganz schöne Abreibung. Etwas, was der ETV gar nicht mehr kennt. In der Liga wurden bis dato sämtliche zehn Spiele gewonnen. Allerdings verfiel der Gastgeber nun mehr und mehr in Schönspielerei. Ein ums andere Mal sollte die Hacke das probate Mittel sein, anstatt eines einfachen Balles. Man ließ die Gier vermissen und kam „in eine gewisse Wohlfühlatmosphäre“, wie Chefcoach Christian Woike anschließend befand. Ein Manko, mit dem sich Curslack auch während des bisherigen Saisonverlaufs oft herumplagte.

ETV kommt nach 0:5 auf 4:5 heran

Nach ihrer feinen Co-Produktion bejubeln Hamed Mokhlis (li.) und Marco Schubring den Treffer zum 3:0. Foto: Bode

Und als der ETV das vermeintliche Ehrentor erzielte, nachdem Sebastiao Mankumbani das Leder im eigenen „Fünfer“ leichtfertig herschenkte und Emmanuel Yeboah den bis zu diesem Zeitpunkt starken Leon Giese – parierte gleich zu Beginn gegen den freistehenden Jeffrey Ekue Mensah (2.) und direkt nach Wiederanpfiff gegen Luke Sendzik (55.) – überwand (68.), kam die Atamimi-Equipe so richtig ins Rollen. „Das ist die Philosophie vom ETV. Wir wollen immer Gas geben – ganz egal, welche Spieler auf dem Platz stehen. Wenn Lust, Motivation und Vertrauen da sind, dann können wir immer Tore schießen - unabhängig davon, ob da ein A-Jugendlicher oder ein Spieler, der bereits fünf Jahre im Herrenbereich spielt, auf dem Platz steht“, so der Übungsleiter.

Emmanuel Yeboah (Mi.) erzielte drei der vier ETV-Tore und leitete die Aufholjagd mit ein. Foto: Bode

Die Folge: drei weitere Tore binnen 240 Sekunden! Erst veredelte der glänzend aufgelegte Muhamed Ajruli eine Vorarbeit von Farukhan Bulut (76.). Dann forderte Atamimi von seinen Mannen „maximale Höhe“, ging volles Risiko – und sah, wie Ajruli uneigennützig für Yeboah querlegte. Nur noch 3:5 (78.). Und schließlich sorgte der „Flügelflitzer“ mit seinem dritten Streich nach tollem Zuspiel von Jan-Ole Eggers sogar für eine spannende Schlussphase (80.)! Nach einem missglückten Rückpass hatte Ajruli sogar noch den Ausgleich auf dem Fuß (86.), verpasste diesen aber.


„Curslack hat das gut gemacht und die Chancen konsequent genutzt. Da sieht man halt den Unterschied zwischen einer Oberliga- und einer Jugend-Mannschaft“, konstatierte Atamimi – und erklärte abschließend: „Bis auf die Gegentore war es eigentlich eine recht gute Einheit und in Ordnung für den ersten Test.“

Autor: Dennis Kormanjos