ARPgezockt und AR(P)tistisch: „Der Junge ist verrückt genug!“

Profi-Leihgabe Fiete Arp glänzt mit Doppelpack

12. August 2018, 17:57 Uhr

Abgerutschte Flanke oder kunstvoller Heber? Fiete Arp (mi.) beim Torjubel nach seinem zweiten Treffer zum 2:0-Endstand. Foto: KBS-Picture.de

Viertes Spiel, zweiter Sieg, drei erzielte Tore – und alle gehen aufs Konto von Jann-Fiete Arp! Auch beim zweiten Heimerfolg der HSV-U21 war es der Jung-Stürmer, der gerade erst seinen Kontrakt bei den „Rothosen“ – trotz des intensiven Werbens der Bayern – verlängert hat, der für den Dreier sorgte. „Er entscheidet mit so einem Ball wie gegen Rehden das Spiel – das muss man so sagen“, wusste auch Trainer Steffen Weiß genau, bei wem er sich zu bedanken hatte. Fiete Arp – die Lebensversicherung der Regionalliga-Truppe? „Er ist sicherlich ein wichtiger Teil“, beschwichtigte Weiß etwas.

Fiete Arp (li.) erzielte bislang alle drei Saisontore der Rothosen-U21 - hier zelebriert er das 1:0. Foto: KBS-Picture.de

Der Übungsleiter der „Rothöschen“ sei „in den ersten 30 Minuten fast wahnsinnig auf der Bank geworden, weil wir so viele Torchancen hatten“, wie er anschließend zu Protokoll gab. Die Partie vor lediglich 140 Zuschauern auf dem Wolfgang-Meyer-Sportplatz gegen den Aufsteiger VfL Oldenburg war nämlich zu Beginn an Einseitigkeit kaum zu überbieten. Der Zweitliga-Nachwuchs des HSV erspielte sich Chance um Chance, während sich der VfL in der eigenen Hälfte regelrecht einigelte. Verdenken kann man es dem Liga-Neuling allerdings nicht – denn beim Kontrahenten mischten sage und schreibe sieben Mann mit, die inzwischen mit einem Profi-Vertrag ausgestattet sind. Dennoch dauerte es bis zur 28. Spielminute, als einer dieser Leihgaben von oben, nämlich Moritz-Broni Kwarteng, nach einem Fehlpass von Jonas Siegert, vom rechten Strafraumeck ein richtiges Pfund losließ. Der Ball klatschte an die Unterkante der Latte und fiel dem aus dem Hinterhalt heranrauschenden Jann-Fiete Arp auf Höhe des Sechzehners vor den Schlappen. Dessen gekonnter Dropkick schlug halbhoch im rechten Eck ein – 1:0!

„Vielleicht dachten wir auch, uns kann nichts passieren“

Der starke VfL-Keeper Zohrabian kann nur zuschauen, wie Arps Kunstschuss vom Innenpfosten den Weg über die Linie findet. Foto: KBS-Picture.de

Zu diesem Zeitpunkt hätte die Weiß-Equipe längst höher führen können, wenn nicht gar müssen. Doch plötzlich „ist der Faden gerissen, weil die taktisch ein bisschen umgestellt und wir nicht sofort darauf reagiert haben“, so Weiß, der dann präzisierte: „Sie haben die Stürmer ein bisschen breiter gestellt, sodass unsere Innenverteidiger nicht mehr den Raum hatten. Der zweite Grund: Unsere Sechser haben sich immer ein bisschen zu nah an unseren Torwart fallen lassen. Dadurch hatten wir extrem viele Ballverluste. Da hätte es auch klingeln können, wenn man mal ehrlich ist“, so Weiß, der damit auf die Einladungen von Patric Pfeiffer und Torsteher Morten Behrens ansprach. Völlig ohne Bedrängnis verteilten sie mit ihren Fehlpässen im Aufbau – Keeper Behrens schaltete sich die ganze Zeit mit ein, da sein Team so drückend überlegen war – Gastgeschenke an Siegert (40.) und Ali Sandoghdar (44.). Das Duo wusste damit jedoch nichts anzufangen und gab fast von Höhe der Mittellinie klägliche Abschlüsse ab. „Vielleicht haben wir auch ein bisschen nachgelassen, weil wir das Gefühl hatten: Wir haben so viele Chancen, wir führen 1:0 – und eigentlich kann hier nichts passieren. Und dann kehrt bei so einer jungen Truppe mal der Schlendrian ein“, so Weiß.

Sein Team ließ sich vom Gegner ein Stück weit einschläfern – und nachdem Pfeiffers Kopfball nur das Quergebälk küsste (62.) und der gerade eingewechselte Marco Drawz nach einem tollen Doppelpass mit Leon Mundhenk den bärenstarken Jannik Zohranian freistehend nicht überwinden konnte (66.), war sie plötzlich da, die große Ausgleichschance: Nach einer Ecke von Daniel Isailovic nickte der ehemalige Victorianer Conrad Azong, der zuvor schon einmal gefährlich vor dem Kasten von Behrens auftauchte (59.), die Kugel an die Latte (70.). Da fehlten nur Zentimeter! „Wenn man nur 1:0 führt, das Spiel aber nicht vorzeitig entscheidet, ist es immer offen. Und dann kommt diese Ecke. Gott sei Dank ging der Ball gegen die Latte“, musste auch Weiß erst einmal durchatmen.

Weiß über Arp-Kunstschuss: „Bei dem ‚Bubi‘ ist das durchaus möglich, dass das Absicht war“

Justin Tjardes (re.) wirft sich einem Schuss des vom FC Bayern umworbenen Sturm-Talents in den Weg. Foto: KBS-Picture.de

Es schien der Moment gekommen, indem sich Fiete Arp dachte: Ich muss mal wieder einen auspacken – und das tat er dann auch! Rechts im Strafraum wurde der Angreifer von Kusi Kwame in Szene gesetzt. Aus 14 Metern lupfte er den Ball auf den zweiten Pfosten, wo Mundhenk einrückte. Doch der brauchte gar nicht einzugreifen, weil das Leder vom Innenpfosten den Weg ins Tor fand. Der nächste Kunstschuss des Jann-Fiete Arp, der aber sofort den Zeigefinger in Richtung Mundhenk schüttelte, als wollte er sagen: Eigentlich sollte es eine Flanke werden. Hinterher gestand er jedoch: „Der Ball war so gewollt. Ich würde sagen, wenn es nicht so wäre. Ich habe vor zwei Wochen ja schon ein ähnliches Tor gemacht“, womit er seinen „Zaubertreffer“ zum Sieg gegen Rehden meinte. „Ich achte immer darauf, wo der Torwart steht und in diesem Moment war das die einzige Option für mich. Dass der dann so klappt, ist aber nicht selbstverständlich.“ Viel mehr durfte der Matchwinner allerdings nicht sagen, da ihm der Verein einen Maulkorb verpasste. Doch wie hat sein Trainer die Aktion gesehen – gewollt oder ungewollt? „Der Junge ist verrückt genug. Es kann Absicht gewesen sein. Bei dem ‚Bubi‘ ist das durchaus möglich“, erklärte er mit einem Augenzwinkern.


Sein Fazit zum Spiel: „Wir müssen schnell lernen, das Spiel früher zu entscheiden und unsere Chancen zu nutzen, damit wir uns nicht selbst so unter Druck setzen.“ Nun seien auch die anderen Spieler mal gefordert, „nachzulegen und sich zu belohnen“, so Weiß. Damit die derzeitige Abhängigkeit von Jann-Fiete Arp nicht in der Art bestehen bleibt. „Wir haben im Training wieder mehr Spieler, die Verletzten kommen langsam zurück – und auch oben lichtet sich das Ganze langsam, wie man heute auch gesehen hat. Es waren ja extrem viele Spieler aus der Ersten dabei.“ Vor allem einer dieser Spieler wusste zu überzeugen…

Autor: Dennis Kormanjos

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