Abpfiff – Die FussiFreunde-Kolumne

Altonas „Angie“ Merkel, eine interessante Idee und zwei aus dem Hut gezauberte Coaches

06. April 2020, 13:20 Uhr

Ein Schachzug, der Sinn macht und ein Zeichen der Zeit

Der künftige Buchholz-Trainer Nabil Toumi. Archivfoto: noveski.com

Mit Optionen mussten sich in den letzten Tagen und Wochen auch der TSV Buchholz 08 und der FC Süderelbe beschäftigen. Dann nämlich, als es bei beiden Vereinen darum ging, Nachfolger für die derzeit noch amtierenden Cheftrainer zu finden. Beide haben in der zu Ende gegangenen Woche nun jeweils ihre Lösung präsentiert. Dass Buchholz suchen musste, war klar. Rüdiger Meyer war von Anfang an nur als Übergangslösung eingeplant. Dass man sich bei den Nordheidern nun nach dem misslungenen Experiment mit Marinus Bester zu Saisonbeginn bei der Meyer-Nachfolge mit Nabil Toumi eine nicht ganz so große Lösung ins Hause holen würde, war zu erwarten. Bester und Buchholz – das hatte von Anfang an nicht gepasst. Meyer und Buchholz – das war eine aus der Not der Tugend geborene Entscheidung. Nun also Toumi und Buchholz – ein Schachzug, der Sinn macht, aber gleichzeitig auch eine Gefahr birgt. Toumi ist keiner, der große Töne spuckt. Eher ein Arbeiter. Ein Stiller. Unaufgeregt – und genau das passt zu „08“. Erfahrung freilich hat er bislang nur aus einer Cheftrainer-Stelle – der beim HTB. Dort schaffte er zwei Mal den Aufstieg. Aus der Bezirks- in die Landesliga. Das ist ohne Zweifel ein anderes Kaliber als die Oberliga, sollte „08“ die Klasse halten. Aber: Ein Trainer, den der FC St. Pauli bereits in seinen Nachwuchs holte, kann kein so schlechter sein. 


Dass der FC Süderelbe sich auch auf die Suche nach einem neuen Coach begeben musste – das war zumindest für die, die das interne Bild des FCS kennen, kein Wunder mehr. Nach den Abgängen von Leistungsträgern wie Martin Sobczyk und Marcel Rodrigues hat in der vergangenen Woche jüngst auch Timucin Gürsan seinen Abschied zum Saisonende angekündigt – mit dem Verweis auf Streitigkeiten im Verein und ein Loch im Etat für die kommende Spielzeit. Beides hatte der Erste Vorsitzende Matthias Nehls jüngst noch bestritten. Der Verein, so hört man, sei entzweit. Andere sagen sogar noch deutlicher: Das Klima ist vergiftet, weil die „Falschen“ im Vorstand sitzen. Mit Stefan Arlt macht der Verein nun den Coach der „Zweiten“ ab der neuen Saison zum Chef. Ein Zeichen dafür, dass wieder einmal ein riesiger Umbruch ins Haus steht und das Geld wirklich knapp ist? Oder ein Zeichen, dass Arlt auf Seiten derer im Vorstand, mit denen andere nicht klarkommen, mehr als nur gut gelitten ist? Auf jeden Fall ein Zeichen dafür, dass am Kiesbarg längst nicht mehr ein so eitler Sonnenschein herrscht, wie man es nach außen gerne verkaufen würde...

Mehr Ruhe und Gelassenheit in Sachen Krisenmanagement wäre gut

Altonas Präsident Dirk Barthel. Foto: KBS-Picture.de

Und dann wäre da ja noch Altona 93. Tabellarisch in der Regionalliga Nord eh schon ein Sorgenkind, hat der Verein von der Griegstraße nun offenbar in der durch Corona spielfreien Zeit nichts besseres mehr zu tun, als sich von innen selbst Probleme zu verschaffen. Wie töricht! Erschrocken und verletzt sei der von der letzten Jahreshauptversammlung gewesen, teilte uns Berkan Algan mit. Respektlos sei die Mannschaft auf jener Veranstaltung behandelt worde, so der Coach. Als ebenso respektlos prangert der scheidende Manager Andreas Klobedanz den Umgang auf der „JHV“ mit der bisherigen Schatzmeisterin Jessica Weinert an und fügte im Gespräch mit uns hinzu, dass „die Liga vor sämtlichen Mitgliedern von Teilen des eigenen Vorstands vorgeführt“ wurde. Auslöser des ganzen Theaters, das dem AFC überhaupt nicht gut zu Gesicht steht, ist ein Streit zwischen den Bereichen Herren und Jugend und die Frage um die Ausrichtung für die Zukunft. Klar, macht es Sinn und ist erstrebenswert, die „Erste“ aus dem Verein heraus zu pushen, zu supporten und „eigene Spieler“ zu rekrutieren – aber das klappt eben nicht von heute auf morgen, sondern nur mit einem langfristigen Konzept. Gerade dann, wenn beispielsweise die „Zweite“ in der Bezirksliga Süd spielt. Gut Ding will bekanntlich Weile haben. 


Dass man sich mit solchen Scharmützeln selbst des inneren Friedens beraubt, den der Verein nötig hat – überflüssig und unverständlich. Dass man medial nun ein wenig erstrebenswertes Bild abgibt, hätte man sich an der Griegstraße auch vorher schon ausmalen können. Dass man „das Ganze nicht so dramatisch“ sieht, wie Präsident Dirk Barthel sagt, zeugt von wenig Weitsicht. Manager weg, Sponsor weg, die Schatzmeisterin, die nach Auskunft aller enorm wichtig für die Ligamannschaft war, ebenso weg – was daran nicht dramatisch ist, leuchtet wenig ein. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Barthel, der sich – was Interviewanfragen angeht – derzeit nach eigenem Bekunden wie Angela Merkel fühlt, Sponsor Christian Perlwitz öffentlich „abwatscht“. Die Leitragenden sind „Berkans Bengel“ und der Coach selbst, der ein enges Verhältnis zu „Klobe“ und Perlwitz pflegt. Barthel, die „Angie“ von Altona, täte gut daran, die Krise mit mehr Gelassenheit und Ruhe zu managen – so wie die Bundeskanzlerin in Sachen Corona. Nicht, dass dem AFC bald ein Shut- oder  Lockdown blüht...