Alles andere als top, aber: Nägele bricht den „Vicky-Fluch“
Dassendorf siegt erstmals in der Oberliga an der Hoheluft
Wenigstens die Minuten nach dem Spiel also machten Spaß. Von der Partie vor den 284 Zuschauern konnte man das nicht unbedingt behaupten. In der ersten Hälfte erwärmte das Match das Fußball-Herz kaum – und das, obwohl die Gäste den berühmten Auftakt nach Maß erwischten. Gerade einmal zwei Minuten waren absolviert, als Rinik Carolus das Leder in den Vicky-Strafraum flankte. Zunächst sah es so aus, als ob die Hereingabe zu lang geraten sei und an Freund und Feind vorbeifliegen würde, doch am zweiten Pfosten lauerte Pascal Nägele, der das Leder unter Kontrolle bringen und unbedrängt zur Führung für die Equipe vom Wendelweg einschieben konnte.
Martens: „Ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Mannschaft fußballerisch mal so schlecht war“
Die Hausherren kamen ihrerseits nach acht Minuten zur ersten Chance: André Monteiro Branco flankte auf den langen Pfosten, wo Felix Schuhmann zum Kopfball kam. Marcel Lenz konnte zwar abwehren, allerdings vor die Füße von Yannick Siemsen, dessen Nachschuss abgefälscht wurde und vorbei ging. Dassendorf vergab anschließend durch Sven Möller, dessen Direktabnahme Vicky-Keeper Dennis Lohmann zunichte machte (16.). Auf der anderen Seite gab es einen Schuss Monteiro Brancos Schuss nach 37 Minuten zu notieren, den Stanislaw Lenz unterschätzte. Glück für den TuS-Torwart, dass das Spielgerät am linken Pfosten vorbei segelte (27.). Somit blieb ein englischer Fußball-Fan, der im HSV-Kurzam-Trikot, mit Frau-Holle-Perücke auf dem Kopf und doch schon ein paar Promille intus den Minusgraden trotzte und für Stimmung auf der Haupttribüne sorgte, neben dem Treffer das einzige Highlight vor dem Seitenwechsel.
Die zweite Hälfte erlebte dann nach 47 Minuten einen Vicky-Torschuss von Tom Wohlers, der aber geblockt wurde und anschließend einen neuerlichen Schuss, den Wohlers abfeuerte, nachdem sich Carolus nach einer Hereingabe von Nil von Appen verschätzt hatte (55.). Allein: auch dieser Versuch brachte nichts ein. Was folgte, waren Monteiro Brancos Eckball, der auf dem Tornetz landete (72.), der Schlusspfiff und die Erkenntnis, dass Vickys fehlender Mirco Bergmann, der diesmal die Rolle des Stadionsprechers übernahm, den Abend beenden musste, ohne einen Treffer seiner Teamkollegen durchsagen zu dürfen.
Richter: „Ich sehe es als großes Kompliment, dass Dassendorf nicht zufrieden ist“
Ungewohnte Rolle: Vickys Spieler Mirco Bergmann (am Mikrofon) schlüpfte in die Rolle des Stadionsprechers. Foto: Kormanjos
„Wir haben ein ganz schweres Spiel für uns mit 1:0 gewonnen, das ist das Hocherfreuliche. Ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Mannschaft fußballerisch mal so schlecht war“, bilanzierte Dassendorf-Coach Martens im Anschluss an die Partie und bekannte: „Wir haben es kaum geschafft, den Ball über vier oder fünf Stationen laufen zu lassen. Das lag nicht zwingend am Druck des Gegners, wir haben es einfach nicht hingekriegt.“ Kämpferisch hingegen, so Martens, sei er zufrieden: „Die Defensive stand hervorragend, aus dem Spiel heraus haben wir nur eine Halbchance zugelassen. Der Rest, der an Gefahr drohte, resultierte maximal aus Standards und die haben wir gut verteidigt.“ Der „dreckige 1:0-Sieg tut uns nach so einer Leistung sicher gut. Es sind für beide Mannschaften untypisch viele lange Bälle geschlagen worden. Das ist nicht gerade die Kernkompetenz beider Teams“, konstatierte Martens und freute sich. „dass wir einen direkten Konkurrenten noch einmal distanziert haben.“
Sein Gegenüber war trotz der Niederlage nicht konsterniert. „Ich sehe es als großes Kompliment an, dass ein Team mit der Stärke und Qualität wie Dassendorf nicht mit dem Spiel zufrieden ist. Ich bin wahnsinnig stolz auf meine Mannschaft, dass sie 88 Minuten Power-Fußball gegen einen richtig starken Gegner gespielt hat. Wir haben versucht, viele lange Bälle hinter die Kette zu bekommen. Wenn man die zweite Minute ausblendet, muss man sagen, dass wir alles reingeworfen haben“, ließ SCV-Coach Jean-Pierre Richter die Partie Revue passieren und erklärte: „Das ist ein Aspekt, der mir sehr wichtig ist. Wenn man hier gewinnen will, muss man uns am Limit schlagen. Das hat Dassendorf gemacht. Deswegen: Hut ab! Ich glaube, dass wir die Option auf mehr als null Punkte hatten, aber wir haben uns nicht viele zwingende Chancen herausgespielt und sind an einem starken Gegner gescheitert. Wir ärgern uns, aber wir wissen, wo wir ansetzen können.“
Jan Knötzsch