4:4-Wahnsinn – aber Entscheidung am grünen Tisch?!
Nikola Tesla und TBS Pinneberg brennen ein Feuerwerk ab – mit Nachspiel?
Dusan Aksentijevic (re.) bejubelt seinen Freistoßtreffer zum 4:3 und seine überragende Leistung. Foto: DK
Der Grund: Bei Nikola Tesla soll ein nicht spielberechtigter Akteur unter falschem Namen mitgewirkt haben. Auf dem Spielberichtsbogen, der unmittelbar nach Schlusspfiff von Spielern und Offiziellen der Gäste studiert wurde, stand ein gewisser Nebojsa Laban in der Aufstellung Teslas. Bei jenem Laban soll es sich aber um Boris Muzgonja gehandelt haben – zumindest, wenn es nach TBS-Coach Dragan Graonic geht: „Ich kenne den ja. Deshalb ist es einfach dumm. Ich komme genau aus der Region, wo er gespielt hat – unter anderem auch gegen meine Mannschaft in Bosnien. Nebojsa ist ein ganz junger Bengel und der war es definitiv nicht.“ Tesla-Trainer Eugen Helmel entgegnete dem: „Boris hätte eigentlich spielen sollen, hat sich aber am Donnerstag im Training verletzt. Wir haben vorher extra alles noch zehnmal geprüft, dass auch alle spielberechtigt sind. Wir haben einen Riesenkader und hätten gar keinen Grund dazu gehabt, so etwas zu machen.“
Eigentlich schade, dass dieses Duell nun vermutlich eine Fortsetzung vor dem Sportgericht finden wird. Denn das, was beide Mannschaften über 90 Minuten darboten, hatte alle Eigenschaften und Attribute, die ein Amateurfußballspiel ausmachen können! Der Tabellenführer startete furios, presste den Gegner schon in dessen Hälfte und legte ein Tempo vor, das sich gewaschen hatte. Der anfangs kaum zu bremsende Burak Tuncer servierte seinem Kapitän Jerome Naefken einen Eckball so maßgenau, dass dieser per Kopfball-Torpedo aus fünf Metern das Tornetz vor eine echte Herausforderung stellte – 0:1 (2.)! Dann profitierten die Graonic-Schützlinge von einem Dinkovic-Fehlpass im Aufbau und schalteten blitzschnell um. Wieder war es Tuncer, der per Traumpass Neuzugang Rogerio Almeida Ferreira in Szene setzte. Dieser vollendete per Falchschuss aus 16 Metern ins linke Eck – 0:2 (21.)!
„Es war klar, dass sie dieses Tempo niemals durchhalten werden“
Die Partie schien zu diesem frühen Zeitpunkt bereits entschieden – zumal Tesla anfangs überhaupt nicht reinkam. „Ich hab zu meinen Spielern auf der Bank nach dem 0:2 direkt gesagt, dass die dieses Tempo niemals durchhalten werden. Und das hat man dann auch nach 30 Minuten gesehen, als sie komplett eingebrochen sind“, glaubte Helmel trotz dessen weiter an sein Team. Mit recht, wie sich schnell herausstellte! Ein Angriff wie aus dem Bilderbuch – und noch hübscher – brachte die Hausherren zurück: Erst setzte sich Timur Ölcüm auf links durch, dann kam der Ball im „One-Touch-Stil“ über Serdo Murina und den überragenden Dusan Aksentijevic zu Ali Arslan, der die Hereingabe am zweiten Pfosten in die Maschen beförderte (32.)! Nun kam der ärgste Verfolger so richtig ins Rollen. Wieder flankte Aksentijevic – die verunglückte Kopfballabwehr landete bei Arslan, der nicht lange fackelte und aus 17 Metern ins rechte untere Toreck einschweißte – 2:2 (39.)! Den Schlusspunkt unter einen famosen ersten Abschnitt setzte Alexander Davidoff, der Murinas Freistoß-Flanke aus allerkürzester Distanz einköpfen dürfte und aus einem 0:2 eine 3:2-Führung machte (45. +2)!
„Wir haben stark begonnen, hatten dann aber in der Zentrale drei Totalausfälle. Die haben die Abstände nicht mehr gehalten und wir kamen nicht mehr in die Zweikämpfe. Das war auch der Grund für die drei Gegentore“, fand Graonic überaus deutliche Worte und fügte an: „Solange wir die Abstände gehalten haben, hatten die ja überhaupt keine Chance.“ Wer nun glaubte, dass beide Teams nach der Pause eine ruhigere Gangart an den Tag legen würden, der wurde schnell eines Besseren belehrt. Der vom HEBC verpflichtete Almeida Ferreira mit einem ruhenden Ball auf den ersten Pfosten, wo der eingewechselte Nils Mahncke nur noch den Schlappen hinhalten musste – 3:3 (56.)! „Die Standards haben uns heute das Genick gebrochen“, ärgerte sich Helmel – während seine Mannen auf dem Platz einmal mehr zurückschlugen. Der ehemalige Teslaner Aleksandar Milos Pavlovic foulte Milos Dinkovic am eigenen Sechzehner. Den fälligen Freistoß aus 18 Metern zirkelte Aksentijevic über die Mauer hinweg ins rechte Eck – 4:3 (64.)! „So, wie unser Torwart dort stand, konnte der Ball nur reingehen. Das war ein klarer Torwartfehler“, bemängelte Graonic das Stellungsspiel von Djordje Milanovic, der ebenfalls von Nikola Tesla an die Müßentwiete wechselte.
„Heute haben die Torhüter das Spiel entschieden“
„Nach dem 4:3 dachte ich mir, dass wir sie auskontern werden, wenn wir das Ergebnis fünf Minuten länger durchgehalten hätten“, so Helmel. „Und wir hatten ja die Chance auf das 5:3.“ Doch diesmal war das Zusammenspiel der bärenstark aufspielenden Aksentijevic und Arslan nicht von Erfolg gekrönt, weil der Kopfball, des langjährigen Osdorfers knapp am Pfosten vorbei segelte (72.). Stattdessen passierte das: Pinnebergs Tuncer mit einer präzisen Flanke vom rechten Strafraumeck, in die der aufgerückte Ivan Zoric reinstürzte – während Nico Jeschke auf der Linie kleben blieb –, um den Ball unter die Latte zu schädeln (77.) – 4:4! In der Folge versuchten die beiden Kontrahenten, jeweils den entscheidenden Luckypunch zu setzen – aber es blieb bei der Punkteteilung. „Ich habe eine zweite Halbzeit gesehen, in der meine Mannschaft besser war. Tesla hat eigentlich nur noch reagiert. Während wir versucht haben, das Spiel zu bestimmen. Aber wenn wir so weitergemacht hätten, wie in der ersten halben Stunde, dann passiert hier gar nichts. Dann kriegen die vier Stück“, befand Graonic. Sein Gegenüber sah dies komplett anders: „Für uns ist das Ergebnis am Ende eher enttäuschend“, gab Helmel zu Protokoll und meinte: „Heute haben die Torhüter das Spiel entschieden. Das muss ich ganz klar sagen. Auch wenn unser Torwart uns in dieser Saison schon einige Punkte gerettet hat.“
„Ich denke schon, dass wir das Spiel gewinnen werden“
Für die neutralen Zuschauer war es ein reines Spektakel, in dem auch der Schiedsrichter Finn Hendrik Haase überaus lobend erwähnt werden muss – für Helmel eher ein „Fehler-Festival“. Oder wie er es formulierte: „Man hat lieber auf etwas reagiert, anstatt selbst die Initiative zu ergreifen. Aber wir haben viele neue Spieler, die noch nicht so drin sind. Und vielleicht war dem einen oder anderen auch ein bisschen Bange, das Spiel zu verlieren. Allerdings ist TBS auch ein starker Gegner. Deshalb ist der Punkt für uns gar nicht so verkehrt. Wichtig war, hier nicht zu verlieren.“ Pinnebergs Übungsleiter Graonic sah „zwei gute Mannschaften, wahrscheinlich die beiden besten dieser Staffel. Wobei bei uns auch noch drei, vier ganz wichtige Spieler gefehlt haben. Wenn die dabei sind, sollte eigentlich nichts mehr schiefgehen.“ Kevin Heitbrock soll in der kommenden Woche erstmals mitmischen dürfen, Marko Sumic ist noch bis Ende des Monats gesperrt. Und Milad Ahadi hat sich einen Knorpelschaden vierten Grades zugezogen, will diesen aber mit Spritzen behandeln lassen, um der Mannschaften helfen zu können.
Sollte das Resultat auch in einigen Wochen noch Bestand haben, beträgt der Rückstand von Nikola Tesla auf den Primus weiter drei Punkte. Aber: „Ich denke schon, dass wir das Spiel gewinnen werden“, sagt Graonic, fügt aber gleichzeitig und abschließend an: „Ich bin eigentlich ein Sportsmann und würde am liebsten gar nichts dagegen machen, sondern auf sportlichem Wege meine Spiele gewinnen. Aber wenn man so offensichtlich einen Fehler macht…“