Landesliga Hammonia

13:0! Vicky II mit Kantersieg gegen Uetersen

11. Oktober 2022, 14:33 Uhr

Otis Meierdiercks (li.) nimmt Maß - und erzielt das zwischenzeitliche 5:0 für die Vicky-U23. Foto: Klaas Dierks

Wie schreibt man einen kurzen Bericht über ein Spiel, dass 13:0 ausgeht und der unterlegenen Mannschaft die dritte zweistellige Niederlage in Folge beschert, ohne offensichtliche Plattitüden zu bemühen und nicht nur die Leistung des Siegers zu würdigen, sondern auch dem so deutlich unterlegenen Gegner den verdienten Respekt zu zollen? Verdient deswegen, weil die Mannschaft trotz aller Widrigkeiten, trotz einer Bilanz (vor dem Spiel) von null Punkten und 4:55 Toren, jeden Spieltag erneut aufläuft, um sich dem Gegner und den eigenen, von niemand bestrittenen fußballerischen Unzulänglichkeiten, zu stellen. Das vor Saisonbeginn kurzfristig eingesprungene Trainerteam Jens Schmanke und Andree Otto spricht von 15 Mann aus dem Kader, die aus unterschiedlichen Gründen für das Spiel gegen Vicky II nicht zur Verfügung stehen.

Robert Schulenburg (re.) markiert den Treffer zum 3:0-Zwischenstand. Foto: Klaas Dierks

Dass so eine „Tour de Force“ nicht nur positive Auswirkungen auf Team und Trainer hat, dürfte klar sein. Ein reinigendes, teaminternes Gewitter im August ließ den Kader schrumpfen. Ersatz, wegen verlockenderer Konkurrenz aus dem Umland, war schon vor dem Saisonstart schwer zu bekommen. Manch ein Liga-Konkurrent fragt sich, was ein Sieg gegen Uetersen Wert ist. Ob der Tabellenletzte die Sache angesichts der aktuellen Situation, die sich wahrscheinlich nicht entscheidend ändern wird, bis zum Ende der Saison durchzieht, oder doch vorzeitig abmeldet. Dabei ist die Situation ja nicht ohne Vorbild. Mögen auch die Gründe für ihr Zustandekommen unterschiedlicher Natur sein, wer erinnert sich nicht an die epischen Talfahrt von Lurup begonnen in der Saison 2015/16 von der Oberliga bis zur Bezirksliga?

Raspo-Keeper Alexander Huckfeldt ist dran, kann den EInschlag aber nicht verhindern. Foto: Klaas Dierks

Da trat eine Kreisligamannschaft in der Oberliga an, weil nach Weggang von Sponsor, Trainer und großen Teilen der Aufstiegsmannschaft, die zweite Mannschaft der Luruper einsprang und manch Hohn und Spott für ihre Leistung erntete. Aus meiner Sicht zu unrecht. Denn sie zogen das Ding durch, nicht nur den Abstieg aus der Oberliga, sondern auch den in der Landesliga im darauffolgenden Jahr. Viele der Spieler blieben beim Verein in der Bezirksliga und konnten sich unter dem dann verantwortlichen Trainer Selcuk Turan für einige Zeit als Spitzenteam in der damaligen Bezirksliga-West etablieren. Profitieren konnte ein Teil des Kaders dabei von den schmerzlich gewonnenen Erfahrungen gegen deutlich überlegende Gegner in der Ober- und Landesliga.

Das Raspo-Trainerteam hat immer noch gut lachen: Andree Otto (li.) und Jens Schmanke. Foto: Klaas Dierks

Diesen Lerneffekt erhofft sich auch das Trainer-Duo aus Uetersen für seine Mannschaft, die neben wenigen gestandenen Recken vorwiegend aus für Landesliga-Verhältnisse noch relativ unerfahrenen Spielern besteht. Dass Raspo Uetersen trotz aller Widrigkeiten eine Reise Wert sein muss, zeigt ein Blick auf die Wohnorte der Spieler, von denen einige von weit her zum Training fahren: aus Wandsbek, Bramstedt und sogar Billstedt, wie mir das Trainerteam verrät. „Wir sehen diese Saison als Ausbildungssaison für das nächste Jahr“, fügen sie noch hinzu. Vielleicht genau die Strategie, die es braucht, um sich nicht jede der Niederlagen zu stark zu Herzen zu nehmen.

Aufgrund der genannten Personalengpässe stehen bei Uetersen fünf gelernte Stürmer auf dem Platz, allerdings nicht auf den angestammten Positionen, sondern vorwiegend im Mittelfeld. In der ersten Halbzeit funktioniert es phasenweise sogar ganz gut bei den Gästen. So fühlt sich der engagierte Vicky-Coach Joshua Krause nach einem schnellen 2:0 seines Teams in der darauffolgenden relativen Konsolidierungsphase der Gäste ob des Spieles seiner Mannschaft gezwungen auszurufen: „Alter Schwede, ist das schlecht!“

Andre Kevin da Silva Goncalves (li.) im Duell mit Jean Jules Ebanda. Foto: Klaas Dierks

Immerhin dauert es bis zur 26. Minute bis zum nächsten Treffer. Kapitän Robert Schulenburg lässt sich auch von einem zupackendem Verteidiger nicht davon abbringen, den Ball nach einer scharfen, flachen Hereingabe aus kurzer Distanz über die Linie zu drücken. Sein zweiter Treffer nach seinem ersten Erfolgserlebnis in der 5. Minute aus dem Gewimmel heraus nach einer Ecke. Nur eine Minute davor hatte Nuri Beverungen mit einem sehenswerten Treffer aus sechzehn Metern eingenetzt. Drei Minuten nach dem 3:0 pfeift der Schiedsrichter einen „Kann-Elfmeter“. Der gefoulte Spieler verwandelte selbst und hat Glück, dass Uetersens Keeper Alexander Huckfeldt zwar an Luis Lodigkeits Schuss dran war, dieser aber letztlich zu hart getreten war und so den Weg über die Linie nimmt. Otto-James Meyerdiercks erhöht noch vor der Pause mit wuchtigem Huf zum 5:0 innerhalb des gegnerischen Strafraums.

Lewis Duffuor Herrmann Trentepohl (re.) trifft trocken zum 7:0. Foto: Klaas Dierks

Nach der Pause erhöht Isak Fieberg in der 52. Minute auf 6:0. In der 61. Minute bringt Joshua Krause drei frische Spieler, von denen einer, Bela Bertram, nach guter Vorarbeit über rechts Lewis Duffuor bedient, der auf 7:0 erhöht. Personell haben die Uetersener nicht viel dagegen zu halten, haben ihre einzigen beiden Auswechselspieler schon kurz nach der Halbzeitpause aufs Feld gebracht. Die Kräfte schwinden, und wohl auch etwas die Motivation wirklich nochmal alles zu geben. Zudem sind die vielen gelernten Stürmer sicher nicht von Haus aus daran gewöhnt, dass man im Mittelfeld eingesetzt, auch viel zurück arbeiten muss. Eine der Lehrstunden für die Schleswig-Holsteiner an diesem Tag. Die nächsten Tore für die Heimelf fallen nun im Minutentakt. Das 8:0 aus stark abseitsverdächtiger Position mit einem schönen Treffer über rechts von Jason Döhler in der 67. Minute.

Das 8:0: Jason Döhler (re.) lässt Huckfeldt abermals keine Abwehrchance. Foto: Klaas Dierks

So ein Tor gibt Selbstvertrauen. Als „Wiederholungstäter“ zieht er aus gut 28 Metern einfach mal flach ab. Der starke Regen, der teilweise über dem Stadion niedergeht, macht den Platz schnell und lässt den Ball ins untere linke Eck zischen. Die Versuche der Uetersener, den Ball in den eigenen Reihen zu halten, eventuell selbst nach vorne aktiv zu werden, gelingt nur selten. Aber es gibt sie, die ansehnlichen Ballstafetten, über drei, vier Stationen. Letztlich fehlt die Genauigkeit und die Durchsetzungskraft im Sturm jedoch. Zweistellig wird es durch das Tor von Andre Kevin da Silva Goncalves in der 74. Minute. Das 11:0 fällt drei Minuten danach durch ein Kopfball-Eigentor von Thomas Koziol, der als einer der gestandenen, kräftigen Männer im Team hinten oft Schlimmeres verhindert. In diesem Fall ist sein Versuch, den Ball noch zu klären, nicht erfolgreich. Auch der Mannschaftskapitän Kirill Shmakov und Jean Jule Ebanda versuchen immer mal wieder ansatzweise Impulse nach vorne zu geben, aber trotz allem Einsatz ohne Erfolg. So kommt es, wie es scheinbar kommen muss. Lewis Duffuor markiert seinen zweiten Treffer aus kurzer Distanz, und Braima Jamanca erzielt mit dem Schlusspfiff das 13:0.

Von links: Kirill Shmakov, Andree Otto und Thomas Koziol. Foto: Klaas Dierks

Für die Zukunft bleibt für Uetersen zu hoffen, dass sie so charakterstark sind, diese Saison trotz aller Schwierigkeiten als Chance zu sehen, sich individuell und als Team positiv weiterzuentwickeln. Vielleicht können sich die gestandenen Kräfte als charakterliches und spielerisches Vorbild zeigen an denen sich der Rest des Teams orientieren kann und sollte. Das wäre jenseits aller zählbaren Punkte ein ernstzunehmender Erfolg für die Arbeit der Mannschaft in dieser Saison. Und wer weiß? Vielleicht machen sie es am Ende dann sogar besser als Lurup in der Oberliga. Der SV holte damals zumindest einen Punkt!

Für Viktoria wird es nach diesem Sieg darum gehen, sich dem oberen Tabellendrittel zu widmen. Beste Gelegenheit dazu gibt es im nächsten Spiel in Poppenbüttel gegen den SC, der in der Tabelle genau über ihnen an fünfter Stelle steht.

Klaas Dierks

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